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E-Mail von Annie an Hillevi, 26. März, 20:03

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Hillevi, hallo! Was macht ihr denn so? Kein Mensch geht ans Telefon. Ist John Amok gelaufen und hat euch allesamt abgemurkst? Ich selber wurde nach einem Umtrunk im Büro, bei dem die neue Spendrup-Kampagne vorstellt werden sollte, aufs Schärfste ans männliche Grobian-Gen erinnert. Es waren nur Leute aus der Branche da, unter anderem Leo Larsson, der für das wichtige Resumé schreibt. Ich bin ihm um den Bart gegangen, damit er nett über uns schreibt, und er trank sich methodisch auf Bekenntnisniveau hinunter. Er liegt im Scheidungsgraben, wie sich herausstellte. Er sei bei seiner Alten seit drei Jahren nicht mehr zum Schuß gekommen, sagte er, was aber leicht übertrieben ist, da sein jüngstes Kind gerade mal ein Jahr alt ist, aber er triefte nur so vor Selbstmitleid, und ich habe ein bißchen mitgejammert, obwohl ich seine Frau sehr gut verstehen kann. Der Arsch ist doch einfach zu fett für einen Fick. Als ich nach Hause wollte, fingen die Probleme an. Der Kerl kam mit mir auf die Straße, weil er sich davon überzeugen wollte, sagte er, daß ich sicher nach Hause käme. Wie fürsorglich, was? Ohne zu fragen parkte er seine angeschwollene Leibesfülle im Taxi neben mir, und als wir bei mir angekommen waren, stieg auch er aus. Was blieb mir also anderes übrig, als ihn für einen Moment hereinzubitten, aber er sollte leise sein, weil die Kinder schliefen. Ich holte eine Flasche Wein und füllte zwei Schalen mit Chips und Nüssen, und dann setzten wir uns an den Couchtisch. Und dann ging mir auf, daß ich Mr. Bean zu Besuch hatte. Noch dazu einen stockbesoffenen Mr. Bean. Mit einer einzigen Handbewegung hatte dieser Mistkerl die Weinflasche umgeworfen, ein Weinglas zerbrochen, dem anderen den Fuß abgehauen und die Nußschale umgestoßen. Und als er aufstand, folgte der Couchtisch den halben Weg mit, und alles, was noch darauf war, ging zu Boden. Er hob nicht mal den Arsch, um einen Lappen zu holen – o nein – er war aufgestanden, um pinkeln zu gehen, und ich rief »Vorsicht, die Vase« und »Nicht das Bild anfassen, das ist ein Vermögen wert«, aber als er gegen das Bücherregal knallte und dann in den Fernseher zu segeln drohte, wurde ich eiskalt und rational. Ich führte ihn in die Diele, denn jetzt wollte ich diesen Marodeur ganz schnell aus der Bude schaffen, aber da wollte dieses Drecksgerät nun auch noch einen Kuß! Einen Kuß! Ich stieß ihn weg, worauf er sich einen von meinen Igelkleiderbügeln schnappte, die mit Kleidern und Taschen der Kinder vollgeladen sind. Die Garderobe ist an einer Betonwand festgeschraubt und war bisher so sicher wie das Amen in der Kirche, aber nun fiel die ganze Pracht herunter, und Leo Larsson schloß sich an, war danach unter einem Kleiderhaufen begraben und schnaufte wie ein Auto im Schneegestöber. Mir war schon längst egal, was er vielleicht in seiner Zeitschrift schreiben und woran er sich von diesem Katastrophenbesuch noch erinnern würde, ich wollte ihn nur so schnell wie möglich loswerden, und deshalb habe ich dieses Ungeheuer über die Schwelle geschoben und gezerrt, und dann konnte ich endlich die Tür zumachen und zweimal abschließen. Worauf dieser Trottel durch den Briefschlitz brüllte, und ich mußte für die dadurch geweckten Kinder eine Erklärung finden und eine noch bessere für das Überfallkommando, das bestimmt bald anrücken würde. Und Leo torkelte in den Fahrstuhl, und mir gegenüber stand die Nachbarin und glotzte durch den Türspalt.

Am nächsten Tag ruft Leo an und bittet um Entschuldigung. Er stehe draußen im Sveaväg, sagt er. Seine Alte hat ihn auf die Straße gesetzt, und das ist ja wohl kein Wunder; als er nach Hause kam, hat er sicher weiterhin so einen Höllenlärm gemacht, diese verdammte Untergangsmaschine. Ich hatte gute Miene zum ekelhaften Spiel gemacht und ungeheuer viel über die Spendrups-Kampagne erzählt, damit er den Wink begreift. Kerle, dachte ich, wozu sind die schon gut? Aber dann kam mein Nachbar, der Schreiner ist, und hat die Garderobe wieder angebracht, und er war so nett und freundlich und ehrlich und reizend und natürlich höflich.

Du hüllst dich aber wirklich in Schweigen, was? Laß endlich von dir hören!

Annie.

Meine Freundin sieht das anders

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