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Bauernweisheit

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Hat das heute herrlich geschneit…..! Ich habe mich in die Wärme unter der schweren Schafwollbettdecke gekuschelt und zugesehen, wie hinter den Fensterscheiben unablässig Schneelappen herunter segelten. Zwei Stunden lang schaute ich in das Schneetreiben. Heute muß ich wohl wieder die Winterpullover aus dem Schrank holen. Gestern noch hatte die April-Sonne warm ins Dorf geschienen. Auf allen Wegen quirlte unter azurblauem Himmel das Leben. Frauen in kunterbunten Pluderhosen schmückten gleich Blumen die erdigen Gassen und Hänge. Junge Mädchen schrubbten mit Geklapper große Kupferkessel und Töpfe unter dem Wasserstrahl am Quellstein blank. Die Perlenborte ihrer Kopftücher funkelte und glitzerte in der Sonne. Gänse wackelten schnatternd über den Platz vor der Moschee. Über die Mauern von manchem Gehöft hingen frisch gewaschene Kelims zum Trocknen, ließen ihre bunten Streifen farbenfroh in den Tag leuchten. Hier und da wurde mit einem Reisigbesen der Hof gekehrt und anschließend aus einem Henkelkrug mit Wasser besprengt. Der schwerhörige Schafhirt saß auf seiner Bank vor dem Stall, ließ sich von der Sonne bescheinen und palaberte weithin hörbar mit seiner fast blinden Frau. Hier karrte ein Junge seine kleine Schwester in einer Schubkarre den Hang hinauf. Dort flitzten ein paar Halbwüchsige auf dem Haupttrampelpfad des Dorfes einem Hund hinterher und bewarfen ihn mit Steinen. Das Leben war aus den Berghütten hinaus ins Freie gequollen, hinaus in Licht, Luft und Sonne.


Doch heute ist das Dorf still geworden. Scheinbar reglos liegt es unter einem weißen Glitzerteppich. Der Frühling ist in hüfthohem Schnee verschwunden. Oberhalb des Dorfes ist der Gebirgspaß nicht mehr passierbar. Schneewehen haben das kleine Bergdorf von der übrigen Welt abgeschnitten. Da kommt kein Bus mehr ins Dorf herein, da fährt auch kein Bus mehr hinaus. Es ist bitter kalt geworden. Deshalb wurde der Kanonenofen mit seinem langen Ofenrohr wieder aus dem Schuppen geholt und auf einem Holzpodest in der Mitte der Stube aufgebaut. Heute wird Holz von einer Pappel verheizt, die im vergangenen Jahr gefällt worden war. Ihren Stamm konnten damals gerade Mal vier Männerhände umfassen. Zwei dicke Holzscheite brennen im Ofen etwa 20 Minuten lang, dann muß wieder Holz auf die Glut nachgelegt werden. Eine anatolische Bauernweisheit sagt:


„Kannst du im März vor die Tür dich trauen, dann verheizt du bald Stumpf und Stiel von Hacke und Spaten.“


Aber noch haben wir im Schuppen einen ansehnlichen Stapel mit Holzscheiten von der zersägten und zerhackten Pappel. Das war übrigens eine unserer Pappeln, die wir selbst oben auf dem Berg gesetzt und jahrein jahraus bewässert haben. Ich fülle einen zehn Liter fassenden Blechkrug mit Wasser und stelle ihn auf die Herdplatte des inzwischen bullernden Kanonenofens.





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