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Psyche

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Herpes und seine Auswirkungen auf die Psyche

Die Krankheit annehmen und sich darauf einstellen.

Herpes ist in weiten Teilen der Gesellschaft traurigerweise

mit einem Stigma behaftet. Und aus unbekannten

Gründen ist es innerhalb der Popkultur „die“ sexuell

übertragbare Krankheit, mit der man jemanden

am besten lächerlich machen und blamieren kann.

Witze über Herpes oder über jene Personen, die

offensichtlich unter diesem Virus leiden, tauchen

immer wieder in Filmen, dem Fernsehen, im Radio

oder im Internet auf.

Da ist es nur verständlich, dass sich viele Menschen

mit Herpes schämen und dass es ihnen peinlich ist,

anderen davon zu erzählen, besonders kurz nach der

Erstdiagnose.

Andere machen sich Vorwürfe und glauben, sie selbst

hätten die Schuld daran, sich „das eingefangen zu haben“.

Manche denken sogar, es sei eine Strafe Gottes aufgrund

ihrer sexuellen Aktivitäten.

Wieder andere beginnen an Depressionen und geringem

Selbstwertgefühl zu leiden und quälen sich mit der Frage,

ob sich je wieder jemand mit ihnen treffen möchte oder Sex

mit ihnen haben wird.

Dies sind sehr intensive Gefühle, die enormen Stress für

einen Menschen bedeuten. Doch warum ruft eine

Virenerkrankung einen solch emotionalen Aufruhr hervor?

Vielleicht hilft es zunächst einmal, die verbreiteten Mythen

zu entlarven, die mit Herpes verwoben sind.

Mythos No.1:

Herpes Genitalis ist ein sehr ansteckender Virus.

„Alle, die ich kenne und treffe, werden sich bei mir infizieren!“

Dies ist falsch. Die Übertragung bzw. die Infektion mit

Genitalherpes kann nicht über die Luft, die man atmet,

stattfinden. Auch nicht durch den beiläufigen Kontakt mit einem

WC-Sitz, Stühlen oder den verschiedenen Kontakten am

Arbeitsplatz oder zu Hause.

Man kann sich nur über Haut-zu-Haut-Kontakt mit einem

infizierten Bereich mit Herpes Genitalis anstecken.

Eine gewöhnliche Erkältung fängt man sich

schneller und leichter ein als Herpes Genitalis.

Mythos No.2:

Herpes ist selten.

„Warum bin ich der/die Einzige, der/die das hat?“

Dies ist falsch. 70-80 % der Menschen haben eine

Infektion mit dem HSV-1 Virus erfahren, bevor sie

10 Jahre alt waren. Die meisten nehmen das Virus

im Baby- oder Kleinkindalter auf ganz profane Weise

auf, etwa wenn sie von einem Erwachsenen geküsst

werden, der das Lippenherpes-Virus in sich

trägt. Genitalherpes betrifft 25 % aller Deutschen.

Dies bedeutet, dass jede vierte Person infiziert ist,

was aber nicht heißt, dass alle regelmäßig am Genitalherpes

erkranken.

Mythos No.3:

Herpes ist das direkte Ergebnis ständig wechselnder

Sexualkontakte.

„Vermutlich schlafe ich mit zu vielen verschiedenen

Personen.“

Dies ist falsch. Häufiger Partnerwechsel birgt natürlich

die Gefahr, sich jedwede sexuell übertragbare

bzw. Geschlechtskrankheit zu holen. Mit

Herpes jedoch kann man sich bei seinem festen Partner

oder in einer monogamen Beziehung ebenso leicht

wie bei einem einmaligen Sexualkontakt (One-Night-

Stand) anstecken. Noch einmal: Jeder Vierte in Deutschland

hat Herpes und den meisten ist dies gar nicht bewusst.

Ebenso wenig wissen sie, dass sie das Virus

auch dann weitergeben können, wenn sie selbst keinen

Bläschenausschlag haben. Das Virus kann jahrelang

ruhen oder inaktiv bleiben. Daher wissen viele

Leute nicht, dass sie es in sich haben, bis sie das

Virus an jemanden weitertragen.

Da, wie bereits erwähnt, 70-80 % der Menschen das HSV-1

Virus haben, das durch Oralsex auf die Genitalien

übertragen werden kann, ist es möglich, dass man sich

unwissentlich auch in einer langjährigen Beziehung im

Genitalbereich mit dem Lippenherpes-Virus ansteckt.

Man muss also nicht unbedingt „leichtfertig“ sein,

um sich zu infizieren.

Mythos No.4:

Herpes ist so gefährlich ansteckend, dass es zu riskant

wäre, ein Kind zu bekommen.

„Ich werde nie ein Baby haben können.“

Dies ist falsch. Bei Frauen, die vor der Schwangerschaft

Genitalherpes hatten, besteht ein nur geringes

Risiko, das Virus an ihr Baby zu übertragen. Weniger

als 0,1 % der jährlich in Deutschland geborenen

Babys bekommen Neugeborenen-Herpes. Ein Fötus

ist dem höchsten Risiko ausgesetzt, wenn die Mutter

zum ersten Mal Genitalherpes bekommt und dieser

in einer späten Phase der Schwangerschaft ausbricht.

In allen Fällen, in denen die Mutter entweder schon

Genitalherpes hat oder ihn während der Schwangerschaft

entwickelt, ist es von enormer Wichtigkeit, den

behandelnden Arzt bzw. die Hebamme darüber zu

informieren, sodass alle notwendigen Vorsichtsmaßnahmen

ergriffen werden können. Diese umfassen medikamentöse

Anti-Viren-Behandlungen oder

auch möglicherweise eine Kaiserschnitt-Entbindung.

Diese vier Mythen verursachen oft übertriebenen

Stress und unnötige Sorgen bei Leuten, die sich mit

dem Virus angesteckt haben.

Es mag ebenfalls von Nutzen sein, sich näher mit den

wichtigsten Wahrheiten über Herpes zu befassen, die

zu einer Beunruhigung beitragen könnten.

Wahrheit No.1:

Herpes hat man für immer.

Dies ist richtig und eine ernüchternde Tatsache, die

nur schwer zu akzeptieren ist. Gegenwärtig gibt es

keine Heilung bei Herpes und das Virus verbleibt lebenslang

in den Nervenzellen des Rückenmarks (Spinalganglien) im

unteren Lendenbereich.

Sich bewusst zu machen, dass man eine Krankheit hat,

die niemals komplett verschwindet und jederzeit wieder

ausbrechen kann, ist belastend und bestürzend.

Wahrheit No.2:

Ich werde mein Sexleben ändern müssen.

Dies ist richtig. Bei einem Krankheitsausbruch bzw.

-schub ist sexuelle Enthaltsamkeit nur zu empfehlen.

Auch wenn keine Bläschen festzustellen sind, könnten

ansteckende Viren weitergegeben werden. Um

also zu verhindern, dass der Partner durch sexuellen

Kontakt infiziert wird, sind zusätzliche Vorsichtsmaßnahmen

notwendig, z. B. tägliche Einnahme von Antiviren-

Medikamenten, Kondome, Kofferdamtücher

(zur Abschirmung des Mundraums) oder sogar

Schutzhandschuhe.

Wahrheit No.3:

Es gibt keine Gewähr dafür, dass ich meinen Partner nicht

mit Herpes anstecke.

Dies ist richtig. Man kann noch so vorsichtig sein, aber

außer der totalen Abstinenz von jeglichem Haut-zu-

Haut-Kontakt kann absolut nichts die mögliche Verbreitung

des Virus verhindern. Diese Tatsache kann

bei infizierten Menschen Schuldgefühle, Ängste und

Sorgen hervorrufen.

Das Risiko der Infektionsübertragung innerhalb einer Beziehung

liegt bei ca. 4% pro Jahr. Es hat sich gezeigt, dass diese

Gefährdung wesentlich reduziert werden kann, wenn die

Kombination aus Medikamenteneinnahme und Verwendung

von Kondomen eingehalten wird.

Wahrheit No.4:

Herpesausbrüche sind schmerzhaft.

Dies ist richtig. Obwohl sich die Schmerzempfindlichkeit

bei jedem individuell unterschiedlich darstellt,

können Herpesausbrüche sehr schmerzhaft sein. Das

kann sich in quälendem Bläschenausschlag, Juckreiz

und stechenden Schmerzen in der Genitalregion wie

auch in brennenden Schmerzen beim Wasserlassen

und druckempfindlichen Knötchen in der Leistengegend

äußern. Die Erstinfektion kann auch mit grippeähnlichen

Symptomen wie Kopfschmerzen und

Fieber einhergehen.

Wahrheit No.5:

Herpesbläschen kommen immer und immer wieder.

Es gibt zwar einige Menschen, die einen Herpesausbruch

nur ein einziges Mal in ihrem Leben haben.

Im Allgemeinen aber ist es richtig, dass die Schübe

von Zeit zu Zeit wieder auftreten. Infektionen mit

Genitalherpes sind gemeinhin durch wiederkehrende

Ausbrüche gekennzeichnet, meist vier- oder fünfmal

im ersten Jahr. Jedoch lassen sowohl die Anzahl

der Schübe als auch die Heftigkeit der Symptome im

Laufe der Zeit oft nach.

Diese Wahrheiten sind bedrückend und verstörend.

Zudem werden Menschen mit Herpes oft verärgert

durch Äußerungen von Freunden, Familie oder Medizinern,

die meinen, man solle froh sein, „nur Herpes

zu haben“ anstatt Aids, Krebs oder andere möglicherweise

tödliche Krankheiten, bei denen man sehr viel schlimmer

dran wäre.

Das ist natürlich richtig, aber dennoch eine wenig hilfreiche

Argumentation für jemanden, der gerade seinen ersten

schmerzhaften Herpes-Ausbruch durchmacht. Anstatt nur

einen „kleinen Virus“ zu haben, sehen sich Menschen mit

Genitalherpes einer chronischen Krankheit gegenüber,

die schmerzhaft verlaufen kann, ein gesellschaftliches Stigma

bedeutet und ihr emotionales und physisches Leben sowie

ihre sexuelle Identität beeinflusst.

Es ist daher kein Wunder, dass auf Herpes mit

solch heftigen Gefühlen reagiert wird.

Für eine tiefer greifende Betrachtung dieser Gefühle

habe ich eine Abfolge von Phasen und die damit

verbundenen Gedankengänge skizziert, die jemand

beim ersten Herpes-Ausbruch oft durchmachen muss.

Diese Phasen ähneln in vielem dem Trauerprozess,

den man bei einem Sterbefall oder einem anderen

Verlust erlebt.

Leben mit Herpes Genitalis

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