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Eins


Es ist die richtige Entscheidung.«

Es war die einzige Möglichkeit, mein altes Leben hinter mir zu lassen. Es war richtig. Trotzdem wollte mein Körper nicht aufhören zu zittern. Ich hatte Angst. Angst davor, dass es am College genauso ablaufen würde wie an der High School. Deshalb hatte ich mich entschieden, an der Küste South Carolinas zu studieren. Ich wollte so viele Meilen wie möglich zwischen die Vergangenheit und mein neues Leben bringen. Davonzulaufen würde meine Probleme nicht lösen, das wusste ich. Aber was sollte ich tun? Ich war nicht stark genug. Jedenfalls nicht im Moment.

Mit geschlossenen Augen lehnte ich mich gegen die Motorhaube meines gelben VW Beetle und versuchte, mich zu beruhigen. Langsam atmete ich ein und aus, um meinen viel zu schnellen Puls unter Kontrolle zu bringen. Es gelang mir tatsächlich, ruhiger zu werden, auch wenn ich immer noch leicht zitterte. Langsam öffnete ich meine Augen und betrachtete das Wohnheim, das groß und schön vor mir lag. Mit den roten Ziegelsteinen, den gigantischen Säulen, die das Dach des Eingangs stützten, wirkte es auf den ersten Blick etwas befremdlich. Ebenso befremdlich wie das Gefühl, das sich seit dem Morgen in mir ausgebreitet hatte.

Ausgerechnet an meinem ersten Tag am College hatte ich von der Dunkelheit träumen müssen. Schweißgebadet war ich aufgewacht. Mein erster Gedanke war es, alles hinzuschmeißen. Mir ein weiteres Jahr Zeit zu nehmen, bis ich bereit war, diesen Weg zu gehen. Letztendlich war ich dennoch zur Küste aufgebrochen. Nun stand ich hier und würde morgen das Studium zur Meeresbiologin beginnen. Es war ein harter Kampf gewesen. Insbesondere meine Eltern davon zu überzeugen, mich gehen zu lassen. Sicher, ich konnte ihre Sorgen um meine Gesundheit nachvollziehen. Immerhin waren sie an der Küste nicht in der Lage, auf mich aufzupassen. Auf ihr kleines Mädchen, das hier niemanden kannte.

Drei Jahre waren seither vergangen. Mittlerweile war ich 21 und wollte mein Leben selbst in die Hand nehmen. Alles, was ich nach dem Unfall wollte, war ein Neuanfang. Im Leben wurde einem nichts geschenkt. Dass ausgerechnet ich eine zweite Chance erhalten hatte, war ein kleines Wunder gewesen. Ich war immer noch der Meinung, sie nicht verdient zu haben.

In den vergangenen Jahren passierte zu viel, das ich bereute. All die Jahre hatte ich mich hinter einer Maske versteckt und war nicht ich selbst gewesen. Mir wurde irgendwann bewusst, dass es so nicht weitergehen konnte. Für mich stand fest: Ich wollte nicht in mein altes Leben zurück, angefangen bei der High School. Das war Vergangenheit.

Daran zu denken, machte es nicht ungeschehen. Warum sollte ich also darüber nachdenken? Die Zeit, die ich hier verbringen durfte, würde ich in vollen Zügen genießen. Vor allem wollte ich mich nicht mehr verstellen. Dafür war das Leben zu kurz. Ich hatte am eigenen Leib erfahren müssen, was es hieß, im Dunkeln zu tappen. Diese Zeit war schrecklich gewesen und endlich konnte ich sie hinter mir lassen. Nun war der Moment gekommen, zu leben. Auch wenn ich Angst hatte, wieder allein zu sein. Doch das war immer noch besser, als nicht ich sein zu können.

Fest entschlossen griff ich in die Tasche meiner weißen Jeansjacke, die schon bessere Tage erlebt hatte, und zog die ID-Karte fürs Wohnheim heraus. Westflügel, Zimmer 101. Während ich auf die Karte starrte, fragte ich mich erneut, wie meine Mitbewohnerin wohl sein würde. Mir wurde ein wenig flau im Magen, wenn ich daran dachte, dass es jemand sein könnte, der oberflächlich war. Natürlich hätte ich der Ungewissheit entgehen können, indem ich mir eine Wohnung in der Nähe des Campus‘ genommen hätte. Der Gedanke, in ein Wohnheim zu ziehen, erschien mir jedoch angebrachter, um meine Tage nicht in Einsamkeit zu fristen.

Mit einem Kopfschütteln vertrieb ich die negativen Gedanken aus meinem Kopf und holte die Koffer aus dem Wagen. Mein Blick fiel auf die gestapelten Kartons und entlockte mir ein leichtes Lächeln. Es erinnerte mich daran, wie ich gestern Abend versucht hatte, Tetris zu spielen, damit alles in den kleinen Wagen passte?

»Brauchst du Hilfe?«

Erschrocken fuhr ich hoch und stieß mir dabei den Kopf an der Heckklappe. Ein stechender Schmerz zog von meinem Hinterkopf bis in die Schläfen. Welcher Idiot musste mich so erschrecken.

»Merde!«

Fluchend rieb ich mir die schmerzende Stelle und sah den Übeltäter mit zusammengekniffenen Augen an. Jener war einen Kopf größer als ich und sah mich schuldbewusst an.

»Tut mir leid. Ich wollte dich nicht erschrecken. Dachte, du könntest Hilfe gebrauchen.«

»Das könnte ich tatsächlich«, sagte ich und warf einen Blick auf die Kartons, die unter anderem vollgepackt waren mit Büchern für die Uni.

»Und wo soll das ganze Zeug hin?«

»Ich schätze, ich muss unterwegs mal nach dem Weg fragen.«

Er fing an zu lachen.

»Erstsemester, richtig?«

»Ist wohl nicht zu übersehen«, meinte ich lächelnd. »Ich bin übrigens Calla.«

»Colin. Freut mich.«

Lässig, als wären in den Kartons nur Federn, holte er zwei der Pappkisten aus dem Kofferraum. Dabei konnte ich einen kurzen Blick auf seinen knackigen Hintern erhaschen, der in verdammt engen Jeans steckte. Wenn ich ihn mir genauer ansah, war Colin ziemlich attraktiv. Mit seinen wasserstoffblonden Haaren, der eigenwilligen Frisur und dem Nasenring, der durch die Nasenscheidewand gestochen war, fiel er definitiv auf. Ein bisschen erinnerte er mich an den Sänger einer Rockband, wie ich sie von den Postern meines Bruders kannte. Ich konnte mir vorstellen, dass die meisten Mädels hier auf solche Typen standen. Welche Frau würde auch nicht von einem gut aussehenden Bad Boy träumen, der in einer Rockband spielte?

»Calla?«

Verträumt sah ich ihn an.

»Wie bitte?«

»Da steht sie neben mir und träumt mit offenen Augen, statt mir zur Hand zu gehen.«

Ein angedeutetes Lächeln umspielte dabei seine Mundwinkel und brachte mich ebenfalls zum Schmunzeln. Dafür, dass er mich gerade dabei erwischt hatte, wie ich ihn begutachtete, blieb er ziemlich gelassen. Anscheinend war er es schon von anderen Frauen gewohnt.

»Du bist eben ein gut aussehender Kerl, da darf man doch ruhig ein wenig träumen, oder etwa nicht?«

Überrascht zog er die Augenbrauen in die Höhe.

»Du gehst ja ziemlich ran, dafür, dass du mich gerade ein paar Minuten kennst.«

»Das Leben ist zu kurz, um schüchtern zu sein.«

Grinsend schloss ich den Kofferraum ab und zog mein Gepäck über den gepflasterten Platz zum Wohnheim. Ich hatte mir schon gedacht, dass Colin nicht mit so einem Spruch rechnete. Die meisten Leute hegten mir gegenüber Vorurteile, wenn sie mich sahen. Aber, dass hinter den teuren Klamotten und dem Make-up keine verwöhnte Göre steckte, vermuteten nur die wenigsten. Wahrscheinlich gehörte auch Colin zu der Sorte Mensch, die dachten, ich wäre die verzogene Prinzessin von nebenan. Aber das war ich nicht. Nie wirklich.

»Du hast 'ne ziemliche Klappe, das weißt du.«

Mit zwei Kartons auf seinen Armen hatte Colin mich eingeholt und ging neben mir her. Ich lachte.

»Du bist da nicht der Erste, der mir das sagt.«

»Sprichst du eigentlich fließend Französisch oder fluchst du nur?«

»Ich spreche es fließend, allerdings nur dann, wenn ich meine Verwandten in Frankreich besuche. Die Flüche kommen durch, wenn ich etwas gereizt bin.«

Grinsend beäugte mich Colin.

»Was ist? Was gibt es da zu grinsen?«

»Ich habe dich völlig falsch eingeschätzt.«

Abrupt blieb ich stehen und sah ihn empört an.

»Natürlich. Die kleine Prinzessin, die keine schmutzigen Wörter in den Mund nehmen darf.« Augenrollend ging ich weiter. »Meine Großeltern sind da der gleichen Meinung. Wenn es nach ihnen ginge, würde man mich ins Kloster stecken.«

Colin schüttelte lachend den Kopf.

»Du scheinst wirklich keine Prinzessin zu sein. Jedenfalls nicht, was deinen Charakter betrifft. Äußerlich aber«, kurz ließ er den Blick über meinen Körper wandern, »kommst du dem Bild einer reichen und verwöhnten Göre ziemlich nahe.«

»Wer weiß, vielleicht bin ich das ja doch.«

»War nicht böse gemeint«, sagte er entschuldigend. »Ist nur so, dass ich mit solchen Leuten oft aneinandergeraten bin.«

Ich nickte verstehend. Ich wusste, wovon er sprach. Wenn ich an die Zeit in der High School zurückdachte, fing ich an, mich zu hassen. Was war nur aus mir geworden, dass ich anderen Menschen so etwas antun konnte? Ich wusste schließlich, wie weh es tat, ausgegrenzt zu werden, wie schmerzlich die Beleidigungen und Gerüchte waren. Warum verhielt ich mich nicht besser als alle anderen? Weil ich einsam und naiv gewesen war! Weil ich dazugehören wollte.

Jeder konnte sagen, was er wollte. Dass die High School dazu da war, Fehler zu machen, erst noch den richtigen Weg zu finden und sich auszuprobieren. Mein Verhalten entschuldigte das nicht. Es würde es nicht ungeschehen machen. Ich hatte es gehasst. Dennoch hatte ich keinen Ausweg gefunden. Ich wollte nicht allein sein. Nie mehr.

»Alles in Ordnung? Ich wollte dich damit nicht verletzen.« Colins besorgte Stimme drang zu mir durch.

Lächelnd sah ich ihn an und schüttelte den Kopf, womit ich ihm stumm zeigte, dass alles in Ordnung war. Dass er sich Gedanken darüber machte, mich verletzt zu haben, ließ ihn in meinen Augen noch sympathischer werden. Er war auf mich zugekommen und hatte mir ohne Hintergedanken seine Hilfe angeboten, was nicht für jeden selbstverständlich war. Außerdem hatte er zugegeben, dass er anfangs Vorurteile gehabt hatte. Colin konnte also kein schlechter Mensch sein. Jedenfalls nicht, wenn ich meinem Gefühl vertrauen konnte.

Zudem hatte es auch etwas Gutes, dass Colin mich überfallen hatte. Mit seiner lockeren und unbeschwerten Art schaffte er es, meine Nervosität verschwinden zu lassen. Aufgeregt war ich noch immer ein wenig, meine Glieder hatten jedoch aufgehört zu zittern. Die Angst, mich falsch entschieden zu haben, war dadurch wie weggeblasen.

Ich war gespannt, welche Leute ich in den nächsten Tagen noch treffen würde. Zunächst wollte ich meine Mitbewohnerin kennenlernen und das bescherte mir immer noch ein flaues Gefühl im Magen. Wenn sie nur ansatzweise so sein würde wie Colin, dann sollten wir sicherlich keinerlei Probleme haben. Dazu brauchte ich nur ein wenig Glück.

Schweigend legten wir die letzten Meter zum Eingang zurück. Ich öffnete die Tür mit meiner ID-Karte und machte den ersten Schritt ins Foyer. Ein Schwall aufgeregter Stimmen strömte mir entgegen, von denen ich die Wortfetzen Party, Jungs und Verbindungshaus auffing. Anscheinend war das Topthema eine Party, von der ich noch nichts wusste. So sollte mein erster Tag am College also anfangen? Mit einer fürs College typischen Verbindungsparty? Ich war mir nicht sicher, ob es das Richtige war, gleich am ersten Tag dem Alkohol zu verfallen. Colin musste es meinem Gesicht angesehen haben, dass ich Bedenken hatte.

»Keine Sorge, die Veranstaltung ist nicht heute. Die Verbindungshäuser schmeißen am Wochenende eine Einführungsparty, bei der sie um Mitglieder werben.«

»Schade, dabei hatte ich mich gefreut, mich heute ordentlich betrinken zu können.«

Der Hauch von Ironie war deutlich herauszuhören, was Colin zum Lachen brachte.

»Ich mag deinen Humor.«

Ein aufrichtiges Lächeln umspielte seine Mundwinkel und wärmte mein Herz. Wie konnte ich solches Glück verdienen? Dass ich an meinem ersten Tag jemanden wie Colin kennenlernen durfte. Ein Mensch, der aufrichtiger und freundlicher nicht sein konnte. Ich schwor mir, Colin niemals zu verletzen. Dass ich ihm die gleiche Aufrichtigkeit entgegenbringen würde, die er auch mir zuteilwerden ließ.

»Sagst du mir jetzt auch, wohin wir müssen? Die Kartons werden langsam schwer«, meinte er und rückte die Kisten auf seinen Armen zurecht.

»Oh und ich dachte, du bist nicht so ein Schwächling, der nach zwei Kartons schon schlappmacht.«

Colin hörte das Lächeln aus meiner Stimme heraus, weshalb er nicht böse über den Spruch war. Stattdessen ging er darauf ein.

»Mit 30 Kilo hält das kein Mann lange aus, auch keiner, der regelmäßig pumpen geht.«

»31 Kilo«, meinte ich belustigt und sah mich nach jemandem um, den ich fragen konnte. »Du weißt nicht zufällig, wo sich das Zimmer 101 befindet, oder?«

Colin zog erstaunt die Brauen nach oben.

»101? Ernsthaft?«

Ich nickte nur. Das flaue Gefühl, das die Unsicherheit mit sich brachte, wurde durch Colins Reaktion stärker.

»Was ist mit dem Zimmer?«, krächzte ich mit schwitzigen Händen, die ich an meinen Jeans abwischte.

»Ach weißt du, man sagt, dass in dem Zimmer ein Geist sein Unwesen treibt. Deshalb haben sie es bisher nie vergeben. Unerklärliche Dinge sind dort passiert«, erzählte er mit dunkler Stimme, die seinen ernsten Gesichtsausdruck unterstrich.

Ein unangenehmer Schauer lief mir über den Rücken, während ich an Geister dachte. Unbeirrt schüttelte ich den Kopf. So ein Schwachsinn! Geister gab es weder hier noch irgendwo anders.

»Kleine Kinder glauben an Geister. Das ist doch nur eine Geschichte, um den Neuen Angst einzujagen.«

»Wenn du meinst.«

Colin machte einen Schritt auf mich zu und sah mir eindringlich in die Augen. Es war schwer zu sagen, ob er die Wahrheit sprach oder mich auf den Arm nahm. Ich konnte ihn nicht durchschauen.

»Na los, ich bringe dich hin, dann kannst du dich selbst überzeugen.«

»Du verarschst mich doch gerade, oder?«

Da ich nicht einschätzen konnte, was Colin vorhatte, folgte ich ihm nur langsam. Er führte mich einen schmalen Korridor entlang, dessen Wände cremefarben gestrichen waren. Hin und wieder blieb er stehen, um sich mit den Bewohnern zu unterhalten. Viele fragten, wie es ihm ginge, wie er die Semesterferien verbracht und wann er mal wieder einen Auftritt hatte. So wie es den Anschein machte, war Colin kein Unbekannter am College. Ich fragte mich insgeheim, ob ich mit meiner Vermutung, er würde in einer Band spielen, vielleicht sogar Recht hatte. Es würde zumindest erklären, warum ihn im Wohnheim so viele kannten.

Gerade als ich ihn danach fragen wollte, blieb er vor einer Tür stehen, die mit einem schwarzen Totenkopfposter versehen war. Mit seinem rechten Fuß stieß er gegen die Tür, welche sich daraufhin wie von Geisterhand einen Spalt öffnete. Ohne zu zögern, lehnte er sich dagegen und trat in ein geräumiges Wohnheimzimmer.

»Darf ich vorstellen, der Geist von Zimmer 101.«

»Ich gebe dir gleich Geist! Was hast du überhaupt hier zu suchen?«

Noch bevor Colin ein Kissen im Gesicht treffen konnte, wich er einen Schritt zur Seite, sodass es an der Wand im Flur landete. Vorsichtig lugte ich um die Ecke, um einen Blick ins Zimmer und auf meine Mitbewohnerin zu erhaschen. Diese bedachte mich mit einem neugierigen Gesichtsausdruck.

»Nanu, bist du meine neue Sklavin?«

»Sklavin? Wohl eher Opfer«, mischte sich Colin ein, während er die Kartons auf dem freien Bett abstellte und sicherheitshalber in Deckung ging.

Meine neue Mitbewohnerin bedachte ihn mit einem Blick aus zusammengekniffenen Augen.

»Wenn du nicht gleich still bist, endest du auf dem Opfertisch.«

»Habt Erbarmen«, flehend fiel Colin auf die Knie. »Ich tu alles, nur lasst mich leben.«

Noch immer stand ich in der Tür und betrachtete das Schauspiel mit einem Lächeln. Man sah den beiden an, dass sie Spaß machten und sich eigentlich gut verstanden.

»Du kannst Colin nicht opfern. Er hat sich mir schon verpflichtet«, scherzte ich.

Überrascht sah mich die Schwarzhaarige mit dem geraden Pony an.

»So? Hat er das?« Prüfend warf sie einen Blick auf Colin, der tatkräftig nickte, um meine Aussage zu bestätigen.

»Da kann man wohl nichts machen«, seufzend wandte sie sich mir zu. »Ich bin Dana, und auch wenn Colin der Auffassung ist, ich würde Opfer darbringen, glaube dem bloß nichts.«

»Schade«, meinte ich. »Ich war noch nie bei einem Opferritual dabei.«

Dana sah erst Colin an, dann mich. Ihr stand die Verwunderung deutlich ins Gesicht geschrieben, als sie ihn leise fragte, ob ich das ernst meinte.

»Nur ein Scherz«, erwiderte ich belustigt. »Freut mich, dich kennenzulernen. Ich bin Calla.«

»Mann, ich dachte schon, du meinst das ernst.« Sichtlich froh darüber, dass ich nur Spaß gemacht hatte, musste auch Dana darüber lachen. »Ich denke, wir werden sicher gut miteinander auskommen.«

»Na Klasse! Jetzt muss ich mit zwei von der Sorte auskommen«, kam es von Colin, der dafür einen strengen Blick erntete. »Was denn? Immerhin kannst du froh sein, dass sie nicht so 'ne Tussi ist.«

»Da hat er Recht«, stimmte Dana zu. »Aber ich muss ehrlich zugeben, dass ich es im ersten Moment gedacht habe. Sorry, Calla.«

Ich tat es mit einem Kopfschütteln ab. Ich war es ja schon gewohnt, dass man mich in die falsche Schublade steckte.

»Jeder Mensch hat Vorurteile. Der Unterschied liegt darin, ob man ihnen Glauben schenkt, oder die Person kennenlernt.«

»Wahre Worte«, meinte Colin und erhob sich vom Fußboden. »Sag mal, Calla, brauchst du mich noch oder bin ich entlassen?«

»Geh nur. Du hast mir schon genug geholfen. Und danke«, antwortete ich lächelnd.

»Ach, komm schon. Du kannst Calla ihre Kartons nicht alle allein schleppen lassen«, mischte sich Dana ein.

Colin, der schon in der Tür stand, drehte sich zu ihr um.

»Dafür hat sie doch dich. Außerdem habe ich einen wichtigen Termin.«

Augenrollend sah sie Colin an.

»Du und einen wichtigen Termin? Dass ich nicht lache. Du willst doch nur zu Gabe und mit ihm rumschieben.«

In dem Moment fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Anfangs hatte ich gedacht, ich wäre einfach nicht Colins Typ und er deshalb nicht auf meinen Spruch eingegangen war.

»Moment mal, du stehst auf Männer?«

Entschuldigend, als wäre das nicht offensichtlich gewesen, sah er mich an.

»Sorry, Kleines, aber ich muss dich enttäuschen. Aus uns wird nichts. Auch wenn du wirklich 'n hübsches Ding bist.«

»Du hast ihn nicht wirklich angebaggert, oder?« An Danas zuckenden Mundwinkeln erkannte ich, dass sie sich das Lachen verkneifen musste.

»Oh mein Gott. Nein! Natürlich nicht. Das vorhin war nur so dahergesagt«, rechtfertigte ich mich und hob abwehrend die Hände.

Beide fingen an zu lachen.

»Bleib locker. Wir machen doch nur Spaß«, platzte es lachend aus meiner Mitbewohnerin heraus. »Und du«, sie warf Colin einen strengen Blick zu, »komm ja nicht zu spät zur Probe.«

Die Fingerspitzen seiner rechten Hand an die Stirn gelehnt, stand Colin übertrieben aufrecht in der Tür.

»Aye, aye, Ma'am!«

»So ein Spinner!«

Nachdem Colin verschwunden war, wandte sich Dana mir zu.

»Na los, holen wir deine restlichen Sachen.«

Heartbeat

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