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Kapitel 7

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Winter 2005—2006

Deutschland, ein altes kleines Haus nahe Ludwigsburg


Zurückgekehrt in das alte Häuschen in der Nähe von Ludwigsburg, in dem wir ein Jahr vor der Geburt unserer Tochter eine Wohnung gemietet haben, schalten wir als Allererstes mal sofort überall die Heizung an.

Dies alte Haus – wie im Bilderbuch sieht’s aus, pastellfarben angestrichen, mit Blumen auf dem Fenstersims und einem Vorgärtlein – ist schön bloß im Bilderbuch. In Wirklichkeit ist das eine Behausung, die man nie richtig durchgeheizt bekommt.

Das Badezimmer ist riesig, mit Heizkörper. Es hat Duschkabine und Badewanne. Doch selbst bei eingeschalteter Heizung ist es dort kalt, als ob die Wärme sofort nach draußen entwiche. Ich muss all meinen Mut zusammennehmen, um mich ganz rasch auszuziehen, worauf ich dann in die Duschkabine hüpfe und eilends das warme Wasser aufdrehe. Etwa drei Minuten lang strömt eiskaltes Wasser auf meine Füße, dann wird’s ganz allmählich warm.

In der Küche gibt es überhaupt keinen eingebauten Heizkörper. Deshalb schalte ich einen Ölradiator ein. Wenn wir Pech haben und im selben Augenblick der Kühlschrank anspringt, fliegen in der ganzen Wohnung die Sicherungen raus.

Dann müssen wir über die knarrende Holztreppe, bei der jeder Schritt das ganze Haus laut erkrachen lässt, hochstapfen zu unserem Vermieter. Er wohnt zwei Stockwerke höher, unterm Dach, und ist sozusagen der Herr über sämtliche Sicherungen im Haus.

Dieser arbeitslose Deutsche ist sehr sparsam und lebt von dem Geld, das er von uns und von den Leuten in der Nachbarwohnung als Miete bekommt.

Dass er am warmen Wasser spart, lässt sich aus der Geruchswolke vermuten, die er im Vorbeigehen auf der Treppe und im Hausflur um sich verbreitet.

Wenn ich die Wohnung misslicherweise gerade dann verlasse, nachdem Jörg soeben durchs Treppenhaus gegangen ist, halte ich so lange den Atem an, bis ich draußen auf der Straße die rettende frische Luft erreicht habe.

Das Übrige weiß ich von seiner Frau (sie kommt aus Bosnien), die sich oft beklagt, dass ihr Mann ihr als Haushaltsgeld nur einen Euro pro Tag gibt. Wie so viele Ausländerinnen verdient sie sich dazu, indem sie als Putzfrau schwarzarbeitet.

Unwillkürlich frage ich mich, wie viele solcher Ehefrauen, die putzen gehen müssen – unglückliche, abhängige, gedemütigte Ausländerinnen —, in diesem Land leben mögen?

Oftmals dringt durch zwei Stockwerke hindurch hysterisches Geschrei durchs Haus, Aufstampfen, Weinen; es hört sich an, als ginge Mobiliar zu Bruch: Unsere Nachbarn beschimpfen und prügeln sich.

Wir aber, nachdem wir für unsere praktisch nur an den Wochenenden benutzte Wohnung eine Heizkostenrechnung erhalten haben, die fast die Höhe unserer monatlichen Miete übersteigt, machen uns auf die Suche nach einer anderen Wohnung.

Schließlich übersiedeln wir nach Marbach, weltbekannt als der Geburtsort Friedrich Schillers.

Meine Stadt auf Яussisch

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