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Clément Marot

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1495-1539

Lied

Willst du dein Herz erquicken,

Mußt einen einzigen Blick

Du meiner Liebsten schicken,

Gott schenk ihr Gunst und Glück!

So hold wirst du sie finden,

Daß dir zur selben Stund

Wohl tausend Schmerzen schwinden,

Ihr Gruß macht dich gesund.


Die Gaben meiner Schönen

Erfreuen Herz und Sinn,

Die Sehnsucht läßt mich stöhnen,

Wenn ich nicht bei ihr bin.

Ihr Liebreiz macht mich beben,

Bleich werd ich, wie der Tod,

Doch ihre Huld schenkt Leben,

Verscheucht, was mich bedroht.


An den König, als ich bestohlen wurde

Ein Unglück, Sire, alleine, das kommt selten!

Euch, Herr, wird dieses Wort als Wahrheit gelten;

Es kommt zu zweit, zu dritt, in ganzen Scharen,

Ihr habt es leider selber ja erfahren.

Und ich, ich bin kein Fürst, bin überhaupt

Vor Euch ein Nichts. Doch wenn Ihr es erlaubt,

Erzähle ich die schönste der Geschichten.


Von meinem Diener will ich Euch berichten

Aus der Gascogne, ein Lügner und ein Dieb,

Er soff und fraß und wußte, wo er blieb,

Ein Lümmel, wie vom Galgen abgeschnitten,

Im übrigen bei allen wohl gelitten,

Ein Bursch, in den die Dirnen sich vernarrten,

Ein flotter Kerl bei Kegeln und bei Karten.


Der ehrenwerte Herr bekam nun Wind

Von jener Summe, die Ihr mild gesinnt

Mir jüngst gemacht zur gnädigen Verehrung,

Von meines Beutels plötzlicher Beschwerung.

Des Nachts – er pflegte länger sonst zu liegen —

Ist er in meine Kammer eingestiegen

Und nahm das schöne Geld noch vor dem Morgen.

Ich glaube kaum, er wollte es nur borgen,

Denn keinem hat er was davon gesagt.

Um wenig hat er sich grad nicht geplagt,

Mein Hut, mein Wams, mein Gurt fiel ihm zum Raube,

Die Stiefel und der Mantel und die Schaube;

Das beste, was ich nur bei Hofe trug,

War diesem Kenner grade gut genug.

Ihr hättet ihn, es fehlte wohl nur wenig,

Für mich genommen, hoher Herr und König.


Zum Schluß begab sich dann mein Seneschall

Des graden Wegs in seines Herren Stall.

Das schlechte Pferd mißfiel dem guten Jungen,

Flugs hat er auf das bessere sich geschwungen,

Den Sattel nahm er und das Terzerol

Und nichts vergaß er als das Lebewohl.

Er spürte um den Hals vielleicht ein Würgen,

Doch war der Held beritten wie Sankt Jürgen.

Den Herrn hat er nicht aus dem Schlaf geweckt,

Der war nicht gut gelaunt, als er’s entdeckt.

Der Herr war ich. Ihr werdet es verstehen,

Der Morgen hat mich nicht vergnügt gesehen,

Fort waren alle meine schönen Kleider

Und auch das beste meiner Rosse leider.


Daß auch das liebe Geld so schnell verschwand,

Begriff schon etwas eher mein Verstand,

Denn Euer Geld, vermeld ich untertänig,

Wird niemals bei mir warm, mein Herr und König.


Doch damit ist das wenigste erzählt.

Es ist noch etwas, was mich härter quält,

Was mich bei Tag und Nacht nicht mehr verläßt

Und mir in Kürze sicher gibt den Rest,

Was in die Erde bringt mich armen Mann,

Wo ich dann lustig weiter reimen kann.

Mein armer Körper windet sich und leidet,

Mein Leib ist manchmal schier wie ausgeweidet,

Drei Monat ist der Kopf schon eingezwängt,

Die Brust ist stets beklommen und beengt,

Die Beine können kaum den Rumpf noch tragen,

Ganz ausgemergelt ist mein armer Magen.

Die Krankheit scheint mich langsam aufzuzehren,

Sie peinigt mich – ich sag’s in allen Ehren —

Sie peinigt mich, mein König, ganz genau,

Wie den Pariser seine liebe Frau.


Was sag ich noch! geschwunden ist der Leib

Fast ganz, und nur zu Eurem Zeitvertreib

Blieb etwas noch von meinem Geist am Leben,

Viel kann er freilich nicht zum Besten geben.

Um diesen kargen Rest, der vor Euch steht,

Bemüht sich, Herr, die halbe Fakultät,

Betastet meinen Puls, hält weisen Rat

Und kündet als gewisses Resultat,

Der Frühling heilt bestimmt mein bitteres Weh.

Sehr gut gesagt! Was ich davon versteh,

Ist dies: soll ich den Frühling nicht mehr sehn,

Werd ich im Winter schon zu Grunde gehn;

Bin ich dagegen schon im Winter tot,

Dann hab ich um den Frühling keine Not.


So quäl ich mich neun lange Monat schon.

Verkauft ist alles, was mir der Cujon

Nicht stahl. Ich hab mich kümmerlich gepflegt,

Das ganze in Latwergen angelegt.

Doch, gnädiger Herr, deshalb dürft Ihr nicht meinen,

Daß ich mit Bitten will vor Euch erscheinen;

Verwechselt mich nicht etwa mit dem Pack,

Das ewig nur die Taschen füllen mag.

So manchen gab es, der nur immer nahm,

Dazu, mein Fürst, besitz ich zuviel Scham,

Auf Ehre, Sire, ich nehme nichts geschenkt!

Doch wenn Ihr etwas mir zu leihen denkt,

Sag ich nicht nein. Denn wie es geht, so geht’s,

Ein Gläubiger macht einen Schuldner stets.


Und wißt Ihr, Herr, wie ich die Schuld will zahlen?

Das weiß noch keiner, Sire! ich will nicht prahlen,

Ihr ahnt ja nicht, wie glücklich Ihr es trefft,

Ihr macht dabei ein glänzendes Geschäft,

Es ist wahrhaftig keine Übertreibung!


Ich geb Euch eine sichere Verschreibung

– Verlangt Ihr Zinsen, Herr? –  auf jene Frist,

Wo einmal alle Welt zufrieden ist,

Und wenn Ihr lieber wollt, mein Fürst, vielleicht

Auf jenen Tag, da Euer Ruhm verbleicht.

Traut Ihr Euch nicht, die Forderung so zu buchen,

Will ich mir ein paar gute Bürgen suchen,

Wenn Euch die Fürsten von Lothringen passen,

Könnt Ihr ja die im Notfall für mich fassen.

Doch weiß ich wohl, Euch kommt’s nicht in den Sinn,

Daß ich nicht sicher und nicht ehrlich bin.

Indessen hat man gerne was in Händen,

Deshalb will ich den Schuldbrief daran wenden,

Der ist im Todesfall, bei meiner Ehr,

So gut, wie wenn ich, Sire, unsterblich wär.


Falls etwas mir zu leihen Ihr geruht,

Laßt mich’s in Gnaden wissen, seid so gut;

Auf meinen Gütern – kennt Ihr sie nicht, Sire? —

Erbaut ich jüngst ein neues Luftschloß mir,

Das muß ich jetzt bezahlen. Nur ein Tor

Sorgt nicht bei Zeiten für die Zukunft vor.


Das wäre alles so in großen Zügen,

Ich habe weiter nichts hinzuzufügen.

Wollt ich noch eine Zeile niederschreiben,

Ich fürchte, Sire, ich könnte übertreiben.

Dann schrieb’ ich: Herr und König der neun Musen,

Der alle ihre Weisheit trägt im Busen,

Du König, mehr als Mars an Ehren reich,

Du König, dem kein anderer jemals gleich,

Gott gebe Dir und Deinem stolzen Thron

Des Erdballs ganzen Umkreis noch zum Lohn,

Sowohl zum Heil der rollenden Maschine,

Wie auch, daß Dir zum Ruhme solches diene.


Französische Lyrik alter und neuer Zeit in deutschen Versen

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