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Müller, Wilhelm
ОглавлениеGeb. am 7. Okt. 1794 in Dessau, gest. daselbst am 30. Sept. 1827.
Er machte als freiwilliger Jäger die Feldzüge mit, durchreisete einige Jahre später Italien, wurde im Jahre 1819 Gymnasiallehrer in seiner Vaterstadt, wo er sich mit einer schönen, klugen, liebenswerthen Frau (geb. Basedow) vermählte, und als herzoglicher Bibliothekar, in der Blüthe seines blüthenreichen Lebens und Wirkens starb.
Hat jemals ein Dichter den Namen „deutscher Sänger“ verdient, so war’s Wilhelm Müller. Wander-Lieder – Waldhornisten-Lieder – Wein-Lieder – Griechen-Lieder – Müller-Lieder! Ach, die Müllerlieder! Und da sandte der Himmel seinen Franz Schubert, daß er diese Dichtungen in Tönen verkläre… Wer die Müller-Lieder von Schubert und Müller in ihrer ganzen Schönheit vernahm; wer sie von Stockhausen singen hörte… nun, der mag sich freuen, ein Deutscher zu sein; der mag dankbar erkennen, was Schubert Großes gethan, was Stockhausen (wenn man so sprechen darf), als dritter Dichter daran thut; – aber vor Allem soll er nicht vergessen, ihres ersten Dichters und Schöpfers mit voller Liebe zu gedenken; unseres lieben, treuen, deutschen Wilhelm Müller!
I
Dessau, 17ten Oktober 1826.
Bei dem neuen Abdruck meiner ersten Gedichtsammlung erinnerte ich mich lebhaft des schönen Nachmittags in Kalckreuths Sommerwohnung an der Elbe, wo ich Ihnen, kurz nach unsrer Bekanntschaft, meine Müllerlieder vorlas und, von Ihrem Urtheil aufgemuntert, den Entschluß faßte, damit in die Welt zu treten. Von diesem Tage an, wie viel verdanke ich Ihnen, mein verehrter Freund! Darum nehmen Sie meine Dedikation, die einfach ist, wie ich selbst, nicht für eine formelle Redensart, sondern für den wahren Ausdruck meiner Dankbarkeit.
Ich habe von Raumer aus mündlicher Mittheilung erfahren, wie es Ihnen geht und was Sie treiben. Das muß mich denn dieses Jahr schadlos halten für den aufgegebenen Besuch in Dresden. Ich habe dafür das alte schöne Nürnberg kennen gelernt und Göthe gesehn, und noch dazu ihm Glück gewünscht zu seinem 77ten Geburtstage. Das ist auch etwas, das quondam meminisse juvabit. Der alte Herr war wohl auf, gut gelaunt, mit mir sehr höflich und freundlich, aber das ist auch Alles, und was ich aus seinem Munde gehört, das kann mir jeder gebildete Minister sagen. Doch auch gut so, und viel besser, als wenn er mir z. B. über Shakspeare’s Romeo und Julie das gesagt hätte, was im neuesten Hefte seiner Zeitschrift steht. Das ist auf Sie gemünzt.
Ich bin in diesen Tagen in meine neue große und ich darf sagen schöne Dienstwohnung eingezogen. Möchte mir doch das Glück werden, Sie einmal darin zu beherbergen! Und nun kann ich die Frage nicht mehr zurückhalten: Bleiben Sie in Dresden? Ich fühle meinen Egoismus in dem ängstlichen Eifer, mit dem ich diese Frage thue, und doch kann ich nicht anders.
Mich beschäftigt jetzt die Encyklopädie – und diese ist gleich wieder ein Stichwort zu der Frage: Liefern Sie mir aus besonderer Freundschaft für den Gegenstand und auch für mich den Artikel Hardenberg? Er ist jetzt bald an der Reihe. Sonst habe ich ein Paar Hundert Epigramme oder Reimsprüche gemacht, wovon 100 in der Eleganten Zeitung abgedruckt zu lesen sind, worüber ich wohl Ihr Urtheil hören möchte. Sie stehn in den Nr. gegen 100 – 98 bis etwa 102 – . Auch in Eger habe ich Verse gemacht, die Loebelln sehr gefielen und in demselben Blatte zu lesen sind. Diesen Winter will ich wieder Shakspeare vorlesen, nicht für Geld, sondern für gute Freunde. In dem Zimmer, wo ich lese, steht Ihre Büste1 mir gegenüber, die soll mich vor gar zu argen Mißgriffen bewahren. Denn durch Sie ist mir der Sinn für Shakspeare zuerst aufgegangen, und wenn ich Ihnen auch weiter nichts schuldig wäre, welche Unendlichkeit der Schuld! Meine Wünsche arbeiten mit Ihnen an der Vollendung des Heinrich VIII., des Macbeth, des Wintermährchens und des mir fast unvollendbar erscheinenden Loves Labours Lost, das ich neulich wieder einmal, und ich darf wohl sagen, mit mehr Genuß, als jemals, gelesen habe.
Meine Häuslichkeit ist in erwünschtem Zustande, Frau und Kinder gesund und fröhlich, wie ich selbst, dem der Egerbrunn fast so wohl gethan hat, als hätte ich ihn sehr nöthig gebraucht. Empfehlen Sie mich dem freundlichen Andenken der Frau Gräfin, Ihrer Gattin und Töchter. Eben darum bittet meine Frau, die mir oft Vorwürfe macht, daß ich, statt nach Eger allein, nicht mit ihr nach Dresden gereist bin. Ich verspreche keinen Besuch wieder, weil ich Ostern habe mein Wort brechen müssen. In jeder Entfernung ist ja doch mein bester Theil viel und oft bei Ihnen.
Mit unveränderlicher Hochachtung und Liebe
Ihr
treu ergebener Freund
W. Müller.
II
Dessau, den 11ten Juli 1827.
Verehrtester Freund!
Ich könnte ein wenig empfindlich gegen Sie sein und sollte vielleicht so thun, aber ich will doch lieber wahr sein und Ihnen sagen, daß Ihr Schweigen auf meine Briefe und Dedikationen mir eine Zeit lang nur das unangenehme Gefühl des Wartens, nachher aber die Ueberzeugung gebracht hat, daß Sie aus keinem andern Grunde nicht an mich geschrieben haben, als weil Sie nun einmal ungern schreiben, zumal, wenn Sie es erst lange aufgeschoben haben. Göthe’n nähm’ ich ein solches Schweigen übel, einem Könige noch mehr.
Diesen Brief überbringt Ihnen der Fürst zu Lynar, welcher sich nach Ihrer Bekanntschaft sehnt und als Mann von Geist und Eifer für das Schöne, dabei selbst mit Talent für die Poesie ausgestattet, seinen Aufenthalt in Töplitz und Dresden benutzen wird, vorzüglich um Ihnen näher zu kommen und sich Ihrer Mittheilung auch zu eigener Belehrung und Ermunterung zu erfreuen. Ich bin überzeugt, daß auch Ihnen die Bekanntschaft dieses liebenswürdigen Fürsten und seiner Gemahlin, deren lyrische Versuche ausgezeichnet sind, genußreiche Stunden verschaffen wird und freue mich daher, die Erinnerung an mich mit diesem Verhältnisse verknüpfen zu dürfen.
Ich leide seit einiger Zeit an dem Uebel, welches mit dem weiten und schwankenden Namen der Hypochondrie bezeichnet wird. Jedoch geht es jetzt wieder so gut, daß ich den 31ten nach dem Rhein abzureisen gedenke, wo ich wohl ein paar Monat zubringen werde.
Wenn Ihr Versprechen, mir den Artikel Hardenberg zu liefern, Sie drückt und vielleicht gar Schuld ist an Ihrem Schweigen gegen mich, so theile ich Ihnen die Nachricht mit, daß ich, ohne Ihre Absage abzuwarten, den Artikel bereits anderwärts untergebracht habe.
Meine Frau, die mich nach dem Rheine begleitet, empfiehlt sich Ihnen und den Ihrigen bestens und so thue ich als
Ihr treu ergebener Freund und Diener
W. Müller.
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Meine Frau will ausdrücklich bemerkt wissen, daß sie mir diese Büste zu meinem 32ten Geburtstage, den 7t. Oktober 1826, geschenkt hat.