Читать книгу Tote Models nerven nur - Vera Nentwich - Страница 4
ОглавлениеIch öffnete das Verzeichnis mit den vom Handy synchronisierten Fotos und schaute mir die Ausbeute des Morgens an. Die meisten waren sehr verwackelt, aber ein oder zwei zeigten Judith mit einem herrlich wütenden Gesicht. Die waren ideal für meinen Blogartikel. Ich blieb beim Foto vom Spanier im Hemd hängen. Es malte sich deutlich seine gut konturierte Bauchmuskulatur ab und am Ausschnitt war das dunkle Brusthaar erkennbar. Ich muss jetzt noch nach Luft schnappen, wenn ich an dieses Bild denke. Sabine bist du etwa neidisch? Ich nenne mich immer mit meinem richtigen Namen, wenn ich mich selbst ermahnen will, aber alle nennen mich nur Biene, seit ich denken kann. Was fand dieser gutaussehende, reiche Kerl nur an der Zicke Judith? Okay, sie war ein bekanntes Model. Und wenn ich meinen jahrelang gehegten Hass gegen sie mal außer Acht lasse, muss ich zugeben, dass sie nicht schlecht aussah. Zumindest, als sie noch nicht als Leiche vor mir gelegen hat. Sie wirkte immer etwas künstlich, aber nicht unansehnlich. Ich bin dagegen eher natürlich. Sehr natürlich. Liegt vielleicht daran, dass ich mir aus Make-up und Aufhübschen nicht so viel mache. Zumeist laufe ich in meiner Jeans herum, wechsele gelegentlich das T-Shirt und das ist es.
Natürlich hatte sich die Nachricht meines turbulenten Zusammentreffens mit Judith schnell im Ort verbreitet. Es dauerte nicht lange und mein Handy piepste. Eine neue WhatsApp-Nachricht wurde angekündigt. Es war Betty.
»Was hast du mit Judith gemacht?«, stand da. Auch du, meine beste Freundin? »Gar nichts!«, schrieb ich ihr und ergänzte es mit einem möglichst böse dreinblickenden Smiley, um meinen Missmut über die Unterstellung zu verdeutlichen.
»Es wird erzählt, du hättest sie K.O. geschlagen.«
»Habe ich nicht!«
»Dann ist es ja gut. Komm mal wieder vorbei.«
»Mache ich.«
Anscheinend hatten alle in Grefrath damit gerechnet, dass ich Judith etwas antun würde. Was werden sie erst denken, wenn sie die Leiche finden?
Das Internet war ergiebig und spuckte einige Geschichten zu Judith und ihrem Verlobten aus. Der Blogartikel, den ich daraufhin schrieb, wurde ein Hit. Natürlich, mit dem Titel!