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GEMISCHTE TEAMS VON FRAUEN UND MÄNNERN SIND ERFOLGREICHER ALS HOMOGENE TEAMS. DAS IST MESSBAR
ОглавлениеDas ist die wirtschaftliche Seite des Gender-Gap: Das Weltwirtschaftsforum untersucht seit 2006 den globalen Gender-Gap unter 144 Ländern auf der Welt. Es trifft eine klare Aussage:
“The World Economic Forum has found a clear correlation between a country’s gender gap and their competitiveness.”8
Das Weltwirtschaftsforum hat vorgerechnet, dass Länder, die in den Bereichen Gesundheit, Ausbildung, Wirtschaft und Politik Parität zwischen Frauen und Männern herstellen, Steigerungen ihres Bruttoinlandsprodukts erzielen. Für Österreich wären das umgerechnet bis zu 27 Milliarden Euro.
Eines der bekanntesten Beispiele in Österreich für ein erfolgreiches gemischtes Team sind Brigitte Ederer und Alois Mock, die 1994 die EU-Beitrittsverhandlungen für Österreich führten. Ederer war damals Staatssekretärin im Bundeskanzleramt, Mock Außenminister (1987–1995). Ederer erinnert sich und beschreibt, wie es aufgenommen wurde, dass ihr diese schwierige Aufgabe anvertraut wurde, und was die Kombination mit Mock ausmachte:
„Zu Beginn meiner Staatsekretariatszeit hatte ich oft eine sehr kritische Beurteilung und viele waren der Meinung: ‚Die wird das nie schaffen!‘ Es herrschte auch ein gewisses Unverständnis, warum der damalige Bundeskanzler Vranitzky eine so wichtige Position in die Hände einer in der Außenpolitik unerfahrenen Person legte. Diese negative Beurteilung schlug sich auch in einer schlechten Presse nieder und meine Mutter rief mich einmal weinend an, als sie las, dass ich ja nicht einmal wüsste, welches Besteck man bei Empfängen wann und wie verwendet. Letztlich war es aber, glaube ich, eine gute Entscheidung. Auf der einen Seite war da der erfahrene Außenpolitiker Alois Mock und auf der anderen Seite ich, die die Ängste und Sorgen der Bevölkerung rasch gut kannte. Die Kombination jüngere ‚rote‘ Frau und älterer ‚schwarzer‘ Mann, der Diplomat war, waren sicher eine gute Voraussetzung für den Erfolg.“
Eine erste unmittelbare Folge von gemischten Teams, das haben mir praktisch alle meine Interviewpartner*innen erklärt, ist das bessere Arbeitsklima.
Es geht aber nicht nur um den Erfolg in der Wirtschaft, der schnell vorbei sein kann, wenn die globalen Herausforderungen des Klimawandels und der Ungleichheit nicht ernst genommen werden: Dem Planeten Erde ist es egal, ob Menschen auf ihm leben oder nicht, schon jetzt bräuchte es drei Planeten Erde, um unseren Bedarf an Ressourcen zu decken. Angesichts der Umweltgefährdungen stellen sich der Menschheit existenzielle Fragen. Wollen wir noch länger hier leben, müssen wir schleunigst umdenken und Lösungen für die neuen Herausforderungen finden.
Das geht am besten, wenn gemischte Teams zusammenarbeiten, Frauen und Männer, Erfahrene und Junge und Menschen aus verschiedenen Kulturkreisen. Die analytische Herangehensweise und Zielorientiertheit von vielen Männern, kombiniert mit der emotionalen und sozialen Intelligenz und dem Panoramablick vieler Frauen ist die beste Kombination, um diese Aufgaben zu bewältigen.
Und auch das ist schon bewiesen: Eine Studie zeigt, dass in der Wirtschaft die Erreichung der Sustainable Development Goals (SDGs), der 17 Ziele für nachhaltige Entwicklung, die sich die Vereinten Nationen (UN) bis 2030 vorgenommen hat, schneller vonstattengeht, wenn Frauen in den Führungsgremien der Unternehmen sind.9
Die Unternehmensberatung McKinsey untersucht seit 2007, wie Frauen führen und wie sich das auf den unternehmerischen Erfolg auswirkt. Die Ergebnisse sind eindeutig: Diese und viele andere Studien zeigen: Je mehr Frauen in den Führungsetagen vertreten sind, desto erfolgreicher sind die Unternehmen.
Es wurden neun Hauptkriterien untersucht: Führung, Richtung, Umfeld und Werte, Verantwortlichkeit, Fähigkeiten, Koordination und Kontrolle, Motivation, Innovation sowie Außenorientierung. In allen Bereichen waren die Unternehmen mit den meisten Frauen in der Führungsriege erfolgreicher als die Mitbewerber im jeweiligen Sektor.
In der Studie „Women Matter 1“ aus 2007 wird vorgerechnet: „Im Durchschnitt übertreffen sie [die Unternehmen] ihren jeweiligen Sektorindex in Bezug auf Kapitalrendite (11,4 % vs. 10,3 %), Betriebsergebnis (EBIT: 11,1 % vs. 5,8 %) und Aktienkursanstieg (zwischen 2005 und 2007 64 % vs. 47 %).“10
McKinsey hat seitdem jedes Jahr eine Studie in dieser Reihe herausgegeben. Interessant ist, dass nach der anfänglichen Feststellung der Ungleichheit und der Vorteile, die deren Beseitigung mit sich bringt, nun immer mehr auf den Kern des Problems hingewiesen wird. Denn daran, dass Frauen in Führungspositionen nach wie vor unterrepräsentiert sind, hat sich nicht viel geändert. Die Studie von 2016 befasst sich mit der Problematik, dass Frauen weniger lang arbeiten und immer noch den Hauptteil an (wertvoller) unbezahlter Arbeit im Haushalt leisten. Das heißt, Frauen sind immer noch in der traditionellen Rolle unterwegs. Wann wird sich das endlich ändern? McKinsey empfiehlt: „Ganzheitliche Veränderungsprozesse müssen die klassischen Führungsstile adressieren und Lösungen für flexiblere Arbeitsmodelle entwickeln.“
Auffallend ist, dass das Fehlen von Frauen in den oberen Etagen mittlerweile offensichtlich den meisten Menschen in den Unternehmen eher negativ auffällt: So gaben in der genannten Studie 88 Prozent der Mitarbeiter*innen an, sie fänden, das Unternehmen tue „nicht das Richtige“, um die Ungleichheit in Führungspositionen zu ändern. Das heißt, sie tun zu wenig.
Hier ein Beispiel dafür, wie eine Frau die Performance eines bis dahin reinen Männerteams verbessert: Die junge Betriebswirtin, nennen wir sie Katharina C.11, ist seit drei Jahren bei einer Beratungsfirma in der Investmentbranche verantwortlich für das Dealmanagement, d. h. alle Geschäftsfälle gehen über ihren Tisch und sie organisiert die Abläufe der einzelnen Kauf- und Verkaufsprozesse von ganzen Unternehmen. Sie sagt von sich selbst, dass sie ein analytischer Mensch sei und sich angewöhnt habe, schnell zu agieren, da das in der Branche oberstes Gebot sei. Die Deals bewegen sich in der Höhe von zig Millionen Euro. Deshalb lässt sie wichtige E-Mails für ein paar Stunden, wie sie sagt, „abreifen“, bevor sie sie abschickt. Ihre Kollegen: Männer. Die Kunden: Männer. So wie die gesamte Branche noch eine echte Männerbastion ist. Sie erzählt:
„Die Männer kommen rein und sagen mir: ‚Ich hätte gerne einen Kaffee schwarz, vielen Dank.‘ Und dann schauen sie mich groß an.“
Im Unternehmen wird eine ihrer Fähigkeiten sehr geschätzt und mittlerweile bewusst eingesetzt. Sie erklärt, worum genau es dabei geht:
„Ich glaube, dass andererseits die Männer sehr viel von uns lernen können. Die Analyse der Beziehungen untereinander. Das unterschätzen viele Männer ganz extrem. Deswegen ist einer meiner größten USPs: Ich komme in den Raum und sehe sehr schnell, welche Person in welchem Kontext zu welcher Person wie steht. Das machen viele Männer zu wenig. Deshalb ist ein wichtiger Punkt meiner Arbeit, was ich mache, wenn ich neue Kunden bekomme: Wer steht wie zu wem. Das ist manchmal so komplex. Und wir hatten es schon ein paarmal, dass sich die Anwälte der Vertragspartner nicht verstanden haben. Und das hat die ganze Transaktion unheimlich belastet. Die Fehde zwischen denen hat drei, vier Monate gekostet. Männer sagen ja immer: ‘Who has the bigger balls.’ Nur darum ging es.
Meine Fähigkeit wird so geschätzt, dass bei neuen Kunden die erste Frage meiner Chefs an mich ist: ‚Was ist dein Gefühl? Glaubst du, das funktioniert?‘ Ich sage dann: Ja, weil, oder Nein, weil. Zum Beispiel, der Finanzvorstand kann nicht mit dem CEO, das wird schwierig. Zu 99 Prozent habe ich immer Recht behalten. Das wird sehr wahrgenommen. Das kann man sich nicht antrainieren, das ist so ein typisches Frauenmerkmal, wo wir einfach stärker sind.“ (Katharina C.)
Die Arbeit der Frau führt im Unternehmen und bei ihren Kunden zu effektiveren Prozessen, weil sie die Soft Skills einsetzt, die vor allem den Frauen zugeschrieben werden: soziale und emotionale Kompetenz, Einfühlungsvermögen, Intuition. Mehr dazu in den nächsten Kapiteln.