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2.

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Mit den ersten Schneeflocken traf auch endlich Charlotte ein. Nass und frierend betrat sie das dumpf-warme überfüllte Lokal.

Sie schimpfte auf die Bahn, die sie, des Wetters wegen, im Stich gelassen hatte.

Sie hasste es, zu spät zu kommen. Und schließlich war sie fast zu spät dran.

Bereits vor der Tür hatte sie erbitterte Kämpfe austragen müssen. Ihre Vorstellung gelassen und geordnet ankommen zu können war gänzlich dahin. Alles, was jetzt noch zählte, war Sania zu finden und sich des Sternchens zu bemächtigen. Sie hatte schon immer mal Reporterin spielen wollen und nun bot sich ihr eine solche Gelegenheit!

Charlotte sah Sania an der Theke stehen, wo sie auf eine Getränkelieferung wartete, welche sie in den abgetrennten Raum bringen sollte, aus dem bereits die heitere feucht-fröhliche Stimmung schwappte, die typisch für die winterliche Jahreszeit war.

Als sie mit dem vollen Tablett an ihr vorbeikam, schüttelte sie kurz den Lockenkopf.

ChlarCharlotte überlegte. Was hieß das jetzt? Dass das Ziel noch nicht da war? Das Sania gerade nicht konnte oder das es schlicht unmöglich war, an ihn heranzukommen? Charlotte beschloss, vorerst zu warten.

Als ihre Freundin mit dem leeren Tablett von der Feier kam, griff sie nach ihr und zog sie die Treppe zu den Angestelltenräumen hoch.

„Ich dachte schon du kommst gar nicht mehr“, zischte Sania.

„Die Bahn wollte nicht kommen. Sorry. Ich musste ewig warten“, erwiderte Charlotte darauf.

Sania machte einen entnervten Eindruck. Dann meinte sie: „Zum Glück ist er noch da. Pass auf, ich gebe dir meinen Ausweis für den Fall das. Und er sitzt im „Kleinen Raum“.“

Charlotte wusste aus Sanias Beschreibungen, dass dies der Raum mit den Schiebetüren auf der rechten Seite war. Diese Türen waren, soweit es ihr aufgefallen war, fest geschlossen.

„Wie bitte soll ich da unauffällig reinkommen? Wo er sich doch mit seinen Leuten da drin verbarrikadiert? Ich kann da ja nicht so einfach reingehen. Schließlich vermute ich mal, dass du nicht offiziell mit ihm verabredet bist und einen Termin vereinbaren konntest. Sondern das du vorhattest auf ‚schön Wetter‘ zu machen?“

Die Möglichkeit aus purem Zufall an ein Interview zu kommen schien ihr gleich null.

Sania winkte ab: „Ich dachte entweder du mischst dich unters Volk, während wir bedienen. Es sind noch nicht alle Plätze belegt. Einer mehr fällt bei dem Treck nicht auf. Oder du siehst zu, dass du ihn allein abfängst.“

„Wo das denn? Auf dem Klo?“, fragte Charlotte.

Sania nickte begeistert.

Charlotte aber schnaubte nur verächtlich. „Sania, auf dem Klo will keiner gestört werden! Wenn ich ihn da abfange, ob davor oder danach, ist er sauer. Und dann musst du echt aus Scheiße Gold machen können, weil er entweder nix sagen wird oder aber weil er unfreundlich sein wird.“

Sania lachte auf und drückte ihr den Ausweis in die Hand.

„Na schön“, murrte Charlotte, „Ich versuche mich einzuschleichen.“

Sie sah Sania ergeben an. Als sie den fragenden Gesichtsausdruck bemerkte, meinte sie: „Ja, ich weiß. Ich soll aufpassen, dass ich nicht auffalle. Aber trotzdem Augen, Ohren und Nase offen halten, damit du am Ende was zum Basteln bekommst.“ Charlotte sah, wie Sanias Miene sich aufhellte. Sie runzelte die Stirn. „Dir ist aber schon klar, dass ich improvisieren muss?“

Sania legte den Kopf schief.

„Normale Standardfloskeln fallen unter den Tisch, wenn ich nicht auffallen soll“, erklärte Charlotte. „Aber keine Sorge, ich lass mir was einfallen. Und bis dahin“, Charlotte blickte sich im Restaurant um, „bleibt mir erstmal nicht anderes übrig als brav zu warten,bis du mir ein Zeichen gibst. Bis dahin würd ich sagen verzieh ich mich an die Bar. Du weißt ja dann wo du mich findest.“ Sie winkte Sania lässig zu.

Charlotte sah den Abend bereits völlig unproduktiv an sich vorüberziehen, als plötzlich ein Schatten an ihr vorbeihuschte. Sie hob den Kopf von ihrer Cola, nur um festzustellen, dass das Objekt der Begierde gerade in den hinteren Teil des Lokals verschwand. Dies eröffnete nun zwei Möglichkeiten. Entweder er ging den Weg, den jeder Mensch mal gehen musste oder Herr Donoghue war damit beschäftigt, sich hinterrücks in den kleinen Schlossgarten und in die enge Seitengasse abzusetzen! Charlotte ließ ihre Cola stehen. Wenn der Typ nicht aufs Klo gehen würde, sondern sich absetze, war Sanias Job im Eimer.

„Mist!“, fluchte Charlotte als ihr nach einigen Minuten Wartezeit klar wurde, dass er auf und davon war. Sie stürmte kurz entschlossen durch den Hintereingang zum Schlosshof. Doch auch hier herrschte gähnende Leere. Nur das Teeniespektakel vorn auf der Straße war zu hören. Charlotte wusste, dass die kleine Pforte zur Seitengasse im Winter abgeschlossen war, da der Garten im Winter ungenutzt im Dornröschenschlaf lag. Sie überlegte kurz: „Der ist doch nicht etwa über die Mauer geklettert?“

Andererseits, durch die Vordertür zu gehen ohne Personenschutz war bei dem Auflauf ausgeschlossen.

Charlotte fluchte. Was nun?

Entweder sie musste sich vorn durch die Menge seiner Fans kämpfen, aber dann verlöre sie nur kostbare Zeit.

Oder sie musste Sania ausfindig machen und sie um den Schlüssel für die Gartentür bitten. Auch dies war ein Zeitverlust, denn wer wusste schon wie lange Sania dafür bräuchte?

„Letztendlich wirst du rübermachen müssen“, seufzte Charlotte. „Herrjeh, was tu ich nicht alles für dich, Sania.“

Also tat Charlotte, was sie tun musste. Sie holte ihre Tasche, Sanias Ausweis und hinterließ an der Bar eine Nachricht für die Freundin, sie sei auf der Verfolgungsjagd nach ihrem Job. Dann begann sie ihren Aufstieg über die Mauer.

Schattensprung

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