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3.

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Charlotte lag richtig mit ihrer Vermutung. Tom Donoghue war über die Mauer geklettert. Kaum schob sie sich ächzend über den Steinwall, sah sie ihn noch, wie er am Ende der Gasse in die Innenstadt verschwand. Charlotte wettete noch immer darauf, dass sie es schaffen würde ihn zu einem Interview zu überreden, solange sie mit ihm allein sein würde.

„Für Sania!“, ächzte sie. Sie musste nur an ihn herankommen.

Am Marktplatz holte sie Tom wieder ein, der gerade dabei war die neu gewonnene Freiheit zu feiern.

Bisher hatte er noch keine Aufmerksamkeit erregt. Noch ahnte niemand, wer er war.

Charlotte erkannte, sie würde schnell handeln müssen, wollte sie ihr Interview bekommen, bevor jemand auf Mr. Donoghue zustürmen könnte.

Sie raffte all ihren Mut zusammen und tippte ihn von hinten auf die Schulter.

Charlotte biss sich auf die Zunge, weil sie es nicht fassen konnte, dass sie sich tatsächlich traute einen Superstar anzusprechen.

Ja sie konnte noch nicht mal fassen, dass es überhaupt alles real war. Mitten auf dem Marktplatz des Dorfes K. existierte Tom Donoghue!

Ruckartig fuhr er herum und starrte sie an. Sorgfältig von oben bis unten.

Charlotte glaubte fast spüren zu können, wie seine Augen bei ihrem Haar, ihrem Gesicht und ihren Augen verweilten.

„Rot wie Blut, weiß wie Schnee“, stieß er verblüfft hervor.

„Schwarz wie Ebenholz“, beendete Charlotte den Satz.

Sie sah, wie er sie fasziniert anstarrte. Um das peinliche Schweigen zu brechen, das sich nach seinem Ausrutscher eingestellt hatte, tat sie das Erste, das ihr in den Sinn kam. Sie hielt ihm die Hand hin, zur Begrüßung.

„Nein Mr. Donoghue, ich bin nicht Schneewittchen!“, lachte sie, verwundert darüber, wie natürlich ihr Lachen klang.

Immer noch verwundert starrend ergriff er ihre Hand und schüttelte sie.

„Gut,“, sagte er, offenbar hatte er sich langsam von der Überraschung erholt, „wenn du nicht Schneewittchen bist, mit wem habe ich dann die Ehre?“

„Typischer Engländer“, dachte Charlotte sich. „Diese eigenartigen blonden Löckchen! Dafür morden also die Frauen?“

Sie verzog kurz den Mund.

Dann erhaschte sie im Licht einer Straßenlaterne einen kurzen Blick auf seine Augen und diese stimmten sie versöhnlich. Ebenso wie die langen schlanken Hände, die ihre immer noch festhielten.

„So eine könnte mein Herz schon zum Schmelzen bringen“, musste Charlotte sich eingestehen. „Vorausgesetzt ich hätte Zeit mich zu verlieben.“

„Ich weiß nicht, Alice? Alice im Wunderland vielleicht?“, sagte sie spöttisch.

„Alice?“, gab er in fragendem Ton zurück.

„Ja klar, denn wenn nicht wo als im Wunderland könnten solche Sachen passieren? Dass ich einen bekannten und begehrten Engländer einfach so auf der Straße treffe? Demnach müsste ich wohl fest daran glauben, entweder zu träumen oder aber im Wunderland zu sein.“

„Hmm … verständlich“, meinte er, jetzt etwas nervös. „Ade du schöne Freiheit“, hörte Charlotte ihn leise seufzen. An sie selbst gewandt sagte er hingegen: „Nun Alice, da du weißt wer, ich bin, was hast du vor? Willst du jetzt den roten Ritter rufen und meinen Kopf meistbietend verkaufen?“

Charlotte begann Gefallen an diesem eigenartigen Lulatsch zu finden, der so einfach auf ihr Spiel einging. Gleichzeitig wurde ihr klar, dass sie ihn in der Hand hatte. Ein einfaches „Donoghue“ laut genug gerufen würde reichen, um im Nu tausender kreischender Teenies, gleich der Sintflut, auf den Platz zu locken.

Charlotte lachte hell auf: „Ich werde sie nicht versteigern Mr. Don…“.

Hier wurde sie unterbrochen. „Lieber nicht den ganzen Namen“, fiepte er leicht panisch.

„Gütiger Himmel, was sind wir Diva“, dachte Charlotte, ging dann aber darauf ein. „Gut Mr. X. Ich werde sie nicht ausliefern und versteigern. Vorerst nicht, denn sie sind zu interessant für mich. Deswegen, und weil ich noch etwas von ihnen möchte, würde ich vorschlagen wir schauen beim Hutmacher vorbei, um dort gesittet eine Tasse Tee zu trinken. Was halten sie davon FanThomas?“.

„Oder sollte ich dich wegen des leichten Rotschimmers deiner Haare lieber Rotkäppchen taufen?“, spottete sie insgeheim.

Tom blickte sich auf dem dämmrigen, fast leeren Platz um. Er kam nicht umhin es leicht dämlich zu finden sich von einer jungen Frau abschleppen und befehlen lassen zu müssen. Es war einfach lächerlich. Hier stand er, mindestens gute 10 bis 20 Zentimeter größer als diese bizarre Dame, er könnte sie im Nu unter den Arm klemmen, um mit ihr davon zu laufen. Und doch musste er mit ihr mitgehen. Sonst würde sie vermutlich gleich anfangen zu schreien.

Ach ja und wie war das? Eine Gegenleistung für ihr Stillschweigen wollte sie ebenfalls.

So lief es doch immer, oder? Ständig wollte jemand etwas von ihm. Autogramme, Fotos, Hilfe für sich oder für andere, weil er es mit seinem Ruhm ja bewirken konnte. Die Fans wollten förmlich ganze Teile von ihm.

„Ruhm sollte sorgenfrei, nicht sorgenvoll machen“, überlegte er sich.

Er hasste diese Seite seines Jobs. Aber er liebte das Schauspiel. Dieses in eine fremde Haut schlüpfen, das fremde Motive und Gedanken oder aber Gefühle zu den eigenen Motiven und Gefühlen werden lassen. Freunde zu gewinnen, auch wenn sie nicht real waren.

Er gab sich einen Ruck. „Den Hutmacher wollen wir besuchen?“

Die junge Frau,die ihn die ganze Zeit nicht aus den Augen gelassen hatte, nickte und sagte: „Sie mögen über Ruhm verfügen. An der Freiheit diesen zu genießen sowie den jetzt wesentlich praktischeren Ortskenntnissen mangelt es ihnen jedoch.“

Sie amüsierte sich sichtlich. Tom fiel auf, dass sie trotzdem nach wie vor kühl, wenn auch höflich ihm gegenüber war. Als fürchte sie sich wehzutun, käme sie ihm zu nah.

„Deswegen“, führte sie weiter aus, „Schlage ich vor sie folgen mir. Es gibt hier um die Ecke einen sehr gutes Tee- und Caféhaus. Die haben noch geöffnet und sollten zur Zeit nur von älterem Publikum frequentiert werden. Wir dürften dort nicht weiter auffallen.“

„Na dann. Eine Wahl bleibt mir wohl kaum“, äußerte er. „Zudem kann ich interessanten Frauen ohnehin keinen Wunsch abschlagen.“

Er lächelte sie an und sah, wie ihr die Gesichtszüge entglitten. Erschrocken glaubte er für einen Moment so etwas wie Verachtung oder Ekel in ihren Augen flackern zu sehen und er hörte sie undeutlich etwas murmeln. Etwas, das ganz sicher nicht für seine Ohren bestimmt war.

Er dachte schon, er wäre sie nun los, als sie den Arm, den er ihr gerade anbot doch annahm und ihn bestimmt in Richtung Teehaus bugsierte.

Schattensprung

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