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Kapitel 2

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Zerk­nirscht park­te Owen sein Auto vor dem Haus. Er sah schon Ma­rys Sil­hou­et­te durch das Kü­chen­fens­ter. Frös­telnd blieb er noch im Auto sit­zen. Es war nicht sei­ne Ab­sicht He­len so zu be­lei­di­gen. Wäh­rend der Fahrt nach Hau­se gin­gen ihm an­nä­hernd ein­tausend Ent­schul­di­gun­gen durch den Kopf, die er ihr ger­ne sa­gen wür­de. Sie sag­te, er quä­le sie. Das traf ihn, als hät­te ihm je­mand ei­nen Stein an den Kopf ge­wor­fen. Je­man­den zu quä­len war das Letz­te, was er woll­te. Aber er muss­te Er­geb­nis­se lie­fern. Sein Boss woll­te die­sen Fall end­lich zu den Ak­ten le­gen. Er krall­te sei­ne Fin­ger in das Lenk­rad und warf sei­nen Kopf nach hin­ten ge­gen die Kopf­stüt­ze. Die­ser Fall zerr­te an sei­nen Ner­ven. Owen tipp­te er­neut auf Wahl­wie­der­ho­lung und ging im Geis­te sei­ne Ent­schul­di­gung durch. Als ein wei­te­res Mal nur ih­re Mail­box sei­nen An­ruf ent­ge­gen­nahm, gab er es auf. Er stieg aus sei­nem kal­ten Auto aus und drück­te LOCK auf der Fern­be­die­nung. Ein hel­les und lau­tes PIEP-PIEP beim Ver­schlie­ßen des Wagens war of­fen­sicht­lich das Sig­nal für Ma­ry ihm ent­ge­gen­zu­stür­zen.

»Mein Traum­mann ist zu­hau­se!«, sie schlang ih­re Ar­me um Owens Hals und schmieg­te sich eng an ihn. Er schnapp­te nach Luft.

»Hat­test du ei­nen gu­ten Tag heu­te? Bist du hung­rig? Ich ha­be ei­nen Auf­lauf im Ofen, der nur auf dich war­tet. Steh‘ nicht so lan­ge hier drau­ßen rum, mein Lie­bling. Ich will nicht, dass du dir noch ei­ne Er­käl­tung ein­fängst.« Owen folg­te ihr wort­los in das Haus. Er fürch­te­te sich schon fast da­vor, nach Hau­se zu kom­men. Je­der Tag läuft so wie je­der an­de­re auch. Er kommt nach Hau­se, Ma­ry fällt ihm um den Hals und das Es­sen war­tet be­reits. Wie kann Es­sen auf je­man­den war­ten? Steht es be­lei­digt auf dem Tisch, wenn man zu spät kommt? Das Es­sen kann auf kei­nen Fall auf ihn war­ten, so weit war sich Owen si­cher. Ma­ry ist die­je­ni­ge, die sei­ner An­kunft ent­ge­gen­fie­bert. Hübsch zu­recht­ge­macht in ei­nem spie­ßi­gen Kleid sitzt sie je­den ver­damm­ten Abend mit ihm am Tisch und hängt an sei­nen Lip­pen.

Sie füll­te ihm ei­ne Scha­le mit Salat und ach­te­te pe­ni­bel da­rauf, dass er alles au­faß. Erst nach­dem er auch den letz­ten Fet­zen Grün­zeug ver­speist hat­te, gab es ei­ne Por­tion Auf­lauf. Das Des­sert be­stand an die­sem Abend aus Scho­ko­pud­ding mit Va­nil­le­so­ße. Er kratz­te mit dem Löf­fel die letz­ten Res­te sei­nes Pud­dings aus der Scha­le. Ma­ry be­gann be­reits das Ge­schirr ab­zu­räu­men. Mitt­ler­wei­le stör­te es ihn, dass sie nie zu­sam­men aßen. Sie mein­te, sie hät­te kei­nen Hun­ger und er als Mann bräuch­te die Ka­lo­rien. Wa­rum müs­sen Frau­en stän­dig Di­ät hal­ten?

»Wa­rum be­nutzt du denn nicht den Ge­schirr­spü­ler?«, frag­te er sie, nach­dem er sich müh­sam vom Tisch hoch­schraub­te.

»Ach Dar­ling«, sie gab ihm ei­nen na­he­zu mit­lei­di­gen Blick, »du weißt ge­nau, dass das Por­zel­lan nur von Hand rich­tig sau­ber wird. Wa­rum gehst du nicht schon mal ins Wohn­zim­mer? Ich kom­me nach, wenn ich fer­tig bin, und brin­ge dir dein Bier mit.«

Owen brumm­te zu­stim­mend und trab­te in den Wohn­be­reich. Die gro­ße hell­brau­ne Couch wirk­te ein­fach zu ein­la­dend. Er ließ sich fal­len und ver­spür­te auf An­hieb die ma­gne­ti­sche Wir­kung. Na­he­zu hy­pno­ti­sie­rend wur­den sei­ne Ar­me schwer, dann sei­ne Bei­ne und zu­letzt sein Kopf. Un­fä­hig zur Fern­be­die­nung zu grei­fen starr­te er an die De­cke. Als sei­ne Fa­mi­lie ihn da­mals ver­ließ, war er ein Wrack. Bis heu­te kann er nicht da­rüber spre­chen, was sei­ne Frau ihm vor zwei Jah­ren an­tat. Ma­ry war ih­re be­ste Freun­din und er er­trug das Allein­sein nicht. Eins führ­te zum An­de­ren und so kam es, dass sie be­reits drei Mona­te spä­ter bei ihm ein­zog. An­fangs ge­fiel es ihm, dass abends je­mand auf ihn war­te­te und sich je­mand so sehr um ihn sorg­te. Mitt­ler­wei­le war er ein­fach nur ge­nervt und fühl­te sich er­drückt von ih­rer Lie­be. He­len kam ihm wie­der in den Sinn. Er schäm­te sich immer noch für sein Be­neh­men.

»Schatz, wol­len wir nach­her ei­ne Run­de Scrab­ble spie­len?«, rief Ma­ry aus der Kü­che ih­rem Part­ner zu.

Ste­chen­de Kopf­schmer­zen setz­ten augen­bli­cklich bei Owen ein. Er muss­te schnell­stmög­lich her raus, sonst wür­de er wahn­sin­nig wer­den. Owen sah kurz auf sei­ne Arm­band­uhr am lin­ken Hand­ge­lenk. Der klei­ne Riss im Glas er­in­ner­te ihn an sei­nen Sohn, wie er als Klein­kind mit ei­nem Holz­ham­mer kräf­tig drauf schlug. Mit dem Fin­ger fuhr er über die­sen klei­nen Ma­kel, der in­zwi­schen ei­ne Er­in­ne­rung ge­wor­den ist. Es war erst 21 Uhr, das wür­de er schaf­fen. Wie von der Ta­ran­tel ge­sto­chen sprang er auf und ging schnel­len Schrit­tes in den Flur. In der Scha­le auf dem Schuh­schrank kram­te er nach sei­nem Auto­schlüs­sel und rief im Hin­aus­ge­hen Ma­ry zu: »Ich ha­be was im Büro ver­ges­sen. Das ist wich­tig. War­te nicht auf mich.«

Oh­ne ih­re Ant­wort ab­zu­war­ten, lief er zum Auto. So­bald das Auto ge­star­tet war, leg­te er schnell den Rück­wärts­gang ein und fuhr, oh­ne sich nur ein­mal um­zu­bli­cken, fort.

Helen Sterling und das Geheimnis der Lady Jane Grey

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