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Teil I Veräußerungsverträge › § 2 Übersicht über die Pflichten der Parteien

§ 2 Übersicht über die Pflichten der Parteien

Inhaltsverzeichnis

I. Pflichten des Verkäufers

II. Pflichten des Käufers

III. Nebenpflichten

IV. Rechtskauf

Teil I Veräußerungsverträge§ 2 Übersicht über die Pflichten der Parteien › I. Pflichten des Verkäufers

I. Pflichten des Verkäufers

1. Überblick

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Die wichtigsten Pflichten des Verkäufers einer Sache zählt das Gesetz in den S. 1 und 2 des § 433 Abs. 1 auf. Nach S. 1 des § 433 Abs. 1 ist der Verkäufer einer Sache zunächst verpflichtet, dem Käufer die Sache zu übergeben und das Eigentum an ihr zu verschaffen (u. Rn 3 ff). Verletzt der Verkäufer eine dieser Pflichten, so richten sich die Rechtsfolgen nach den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen; Besonderheiten bestehen insoweit nicht (s. u. § 3 Rn 1 ff). Anders verhält es sich dagegen mit der weiteren Pflicht des Verkäufers, die Sache dem Käufer frei von Sach- und Rechtsmängeln zu verschaffen (S. 2 des § 433 Abs. 1), da bei einer Verletzung dieser Pflicht nach Gefahrübergang – mit Vorrang vor den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen – die besonderen Vorschriften über die Sach- und Rechtsmängelhaftung des Verkäufers eingreifen (§§ 434 ff), während es vor Gefahrübergang auch insoweit bei den allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen verbleibt (Rn 2).

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Die gesetzliche Regelung der Mängelhaftung des Verkäufers beginnt in den §§ 434 und 435 mit einer Definition der zentralen Begriffe Sach- und Rechtsmangel (s. u. § 4 Rn 7, 33 ff). Weist die Kaufsache einen derartigen Mangel auf, so liegt zwar mit Rücksicht auf § 433 Abs. 1 S. 2 an sich eine Pflichtverletzung des Verkäufers iS der §§ 280 ff vor. Die sich daraus ergebenden Rechte des Käufers unterliegen indessen vom Augenblick des Gefahrübergangs an (s. § 434 Abs. 1 S. 1 und dazu u. § 3 Rn 11 ff) aufgrund des § 437 verschiedenen Modifikationen, mit denen die allgemeinen Regeln über Leistungsstörungen den Besonderheiten des Kaufs angepasst werden sollen (s. im Einzelnen u. § 5 Rn 2 f). Hervorzuheben sind der grundsätzliche Vorrang der Nacherfüllung (§ 439) vor den anderen Käuferrechten Rücktritt, Minderung, Schadensersatz und Aufwendungsersatz (§§ 440 f), die besondere Regelung der Verjährung in § 438 sowie der Ausschlusstatbestand des § 442. Alle genannten Vorschriften gelten gemäß § 453 Abs. 1 grundsätzlich auch für den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen (s. im Einzelnen u. Rn 9 ff).

2. Übereignung

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Den Verkäufer einer Sache trifft nach § 433 Abs. 1 S. 1 zunächst die für den Kauf konstituierende Pflicht, dem Käufer das Eigentum an der Sache zu verschaffen, sodass er erst erfüllt hat, wenn der Käufer tatsächlich das Eigentum an der Sache erworben hat. Eingeschlossen in diese Rechtsverschaffungspflicht ist die Verpflichtung des Verkäufers, alles zu tun, was erforderlich ist, um den von ihm geschuldeten Erfolg herbeizuführen, soweit dies überhaupt in seiner Macht steht. Bei Verträgen über Grundstücke hat er deshalb z. B. alle Handlungen vorzunehmen, von denen die Eintragung des Käufers im Grundbuch abhängt[1]. Steht er noch nicht im Grundbuch, so muss er sich zunächst selbst eintragen lassen, weil ohne solche Voreintragung die Eintragung des Käufers grundsätzlich nicht möglich ist (§ 39 GBO)[2].

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Die Verpflichtung des Verkäufers, dem Käufer Eigentum an der verkauften Sache zu verschaffen, ist – im Sinne der herkömmlichen Terminologie – eine Hauptleistungspflicht, die ebenso wie die Übergabepflicht (Rn 5) im Austauschverhältnis mit der Zahlungspflicht des Käufers steht (Rn 6), so dass der Käufer nicht zu zahlen braucht, solange der Verkäufer nicht den genannten beiden Pflichten nachgekommen ist (§ 320 Abs. 1). Bei sonstigen Verstößen des Verkäufers gegen diese Pflicht greifen ebenfalls die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen ein (§§ 275, 280, 323 ff; s. u. § 3 Rn 4 ff).

3. Übergabe

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Gleichberechtigt neben der Verpflichtung des Verkäufers zur Übereignung der verkauften Sache (o. Rn 3 f) steht seine Verpflichtung zur Übergabe der Sache an den Käufer (§ 433 Abs. 1 S. 1). Übergabe bedeutet gemäß § 854 Abs. 1 Verschaffung des unmittelbaren Besitzes. Dies gilt, wie besonderer Hervorhebung bedarf, auch im Falle des Versendungskaufs (u. § 3 Rn 21 ff), sodass der Verkäufer hier ebenfalls erst erfüllt hat, wenn der Besitz der Sache dem Käufer von der Transportperson (z. B. der Bahn oder dem Spediteur) tatsächlich ausgehändigt wurde; die Übergabe an die Transportperson genügt dafür noch nicht[3]. Immer braucht der Käufer also nur Zug um Zug gegen Übergabe der Sache zu zahlen (§ 320 Abs. 1), sofern die Parteien nicht (wie häufig beim Handelskauf) etwas anderes vereinbart haben, z. B. durch die Klausel: „Kasse gegen Dokumente“.

Teil I Veräußerungsverträge§ 2 Übersicht über die Pflichten der Parteien › II. Pflichten des Käufers

II. Pflichten des Käufers

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Die für den Kaufvertrag kennzeichnende Hauptleistungspflicht des Käufers ist seine Pflicht zur Bezahlung des Kaufpreises (§ 433 Abs. 2). Besonderheiten gelten insoweit nicht. Der Zahlungsverzug des Käufers dürfte ohnehin der wichtigste Anwendungsfall der §§ 280 Abs. 2, 281 und 286 sein. Voraussetzung der Zahlungspflicht des Käufers ist, dass die dem Käufer vom Verkäufer in Annahmeverzug begründender Weise angebotene Sache mangelfrei ist (§§ 293, 294). Fehlt es daran, so kann der Käufer die Sache ablehnen, ohne in Verzug zu geraten (§ 320; s. § 3 Rn 10). Besteht die Gegenleistung des Käufers nicht in Geld, sondern ebenfalls in der Leistung einer Sache, so handelt es sich nicht mehr um einen Kaufvertrag, sondern um einen Tausch, der jedoch in jeder Hinsicht ebenso wie ein Kauf behandelt wird (§ 480; u. § 6 Rn 50). Davon zu unterscheiden ist die Befugnis des Käufers, seine Kaufpreisschuld nach seiner Wahl auch durch Leistung einer Sache „in Anrechnung auf den Kaufpreis“ zu tilgen. Paradigma ist der Kauf eines neuen Kraftfahrzeugs, bei dem sich der Verkäufer auf Wunsch des Käufers bereit erklärt, dessen altes Fahrzeug „in Zahlung zu nehmen“. Es liegt dann ein einheitlicher Kaufvertrag mit Ersetzungsbefugnis des Käufers vor, sodass sich die Haftung des Käufers für etwaige Mängel des in Zahlung gegebenen Gebrauchtwagens wiederum nach Kaufrecht richtet (§ 365)[4]. Tritt andererseits der Käufer wegen Mängeln des gekauften neuen Fahrzeugs zurück (§§ 437 Nr. 2, 323), so kann er (nur) Rückzahlung des von ihm gezahlten Teiles des Kaufpreises und im Übrigen Rückgabe des in Zahlung gegebenen alten Fahrzeugs verlangen (§ 346).[5] Dieser Fall darf nicht mit dem verbreiteten Agenturgeschäft verwechselt werden, bei dem der Verkäufer lediglich als Vermittler für den Weiterverkauf des Gebrauchtwagens des Käufers auftritt (dazu u. § 6 Rn 1 f).

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Neben der Zahlungspflicht hebt § 433 Abs. 2 als weitere Pflicht des Käufers die zur Abnahme der gekauften Sache hervor. Die Abnahme stellt daher eine echte Schuldnerpflicht dar mit der Folge, dass der Käufer durch die Unterlassung der Abnahme nicht nur in Gläubiger-, sondern auch in Schuldnerverzug geraten kann (§§ 286, 293). Die Rechte des Verkäufers bestimmen sich dann in erster Linie nach den §§ 280, 281, 286 und 323.

Teil I Veräußerungsverträge§ 2 Übersicht über die Pflichten der Parteien › III. Nebenpflichten

III. Nebenpflichten

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Aus jedem Vertrag können sich für die Parteien unterschiedliche Neben- und Nebenleistungspflichten ergeben (§§ 241 Abs. 2, 242). Die Haftung für die Verletzung dieser Pflichten richtet sich auch beim Kauf nach den allgemeinen Vorschriften (s. § 3 Rn 3). Gesetzlich geregelte Beispiele finden sich in den §§ 446 S. 2, 448 und 453 Abs. 2. Den Verkäufer treffen danach insbesondere die Übergabekosten (§ 448 Abs. 1) sowie beim Rechtskauf die Kosten der Begründung und der Übertragung des Rechts (§ 453 Abs. 2). Dagegen muss der Käufer ab Übergabe die Lasten tragen (§ 446 S. 2); dasselbe gilt für die Beurkundungs- und Grundbuchkosten (§ 448 Abs. 2) sowie beim Versendungskauf für die Versandkosten (§ 448 Abs. 1). Weitere Nebenpflichten können sich für beide Parteien je nach den Umständen des Falles aus den §§ 241 Abs. 2 und 242 ergeben. Besondere Bedeutung haben insoweit neben den mit jedem Vertrag verbundenen Schutz- und Fürsorgepflichten die Aufklärungs- und Informationspflichten des Verkäufers, etwa bei dem Verkauf komplizierter und gefährlicher Gerätschaften (s. u. § 5 Rn 46).

Teil I Veräußerungsverträge§ 2 Übersicht über die Pflichten der Parteien › IV. Rechtskauf

IV. Rechtskauf

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Nach § 453 Abs. 1 finden die Vorschriften über den Kauf von Sachen (§§ 433 ff; o. Rn 1 ff) auf den Kauf von Rechten und sonstigen Gegenständen wie z. B. Unternehmen entsprechende Anwendung. Ist ein Recht verkauft, das zum Besitz einer Sache berechtigt, so ist der Verkäufer außerdem verpflichtet, dem Käufer diese Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben (§ 453 Abs. 3; s. u. Rn 11). Beispiele für derartige Rechte sind das Wohnungsrecht (§ 1093), der Nießbrauch (§§ 1036, 1059), das Erbbaurecht sowie das Mietrecht, sofern ausnahmsweise übertragbar (§§ 535, 540).

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Die Haftung des Verkäufers für den Bestand des Rechts bei Vertragsabschluss richtet sich nach § 311a Abs. 2, sodass ihn heute (anders als früher, s. § 437 aF) keine Garantiehaftung mehr für den Bestand des Rechts trifft. Besteht das Recht zwar, ist es aber nicht übertragbar oder mit Rechten Dritter belastet, so handelt es sich um einen Rechtsmangel (§§ 453 Abs. 1, 435), sodass nach Übertragung des Rechts die besonderen Gewährleistungsregeln der §§ 437 ff eingreifen, während in der Zeit vor Übertragung des Rechts die allgemeinen Vorschriften über Leistungsstörungen anwendbar bleiben (s. u. § 4 Rn 33 ff).

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In besonderen Fallgestaltungen kommt ergänzend eine Anwendung der Vorschriften über Sachmängel in Betracht. Den ersten Fall hebt das Gesetz bereits selbst in § 453 Abs. 3 hervor, nach dem bei Verkauf eines Rechts, das zum Besitz einer Sache berechtigt (Rn 9), der Verkäufer verpflichtet ist, dem Käufer die Sache frei von Sach- und Rechtsmängeln zu übergeben. Kann z. B. der Erwerber eines Erbbaurechts infolge öffentlich-rechtlicher Baubeschränkungen nicht wie bei Vertragsabschluss vorausgesetzt bauen, so stehen ihm die Rechte wegen Sachmängeln zu (§§ 453 Abs. 3, 434, 437 ff)[6].

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Raum für die Anwendung der Vorschriften über Sachmängel ist ferner, wenn sich hinter dem Rechtskauf in Wirklichkeit ein Sachkauf verbirgt. Paradigma ist der Unternehmenskauf. Ein Unternehmen stellt im Regelfall eine Sachgesamtheit dar, d. h. einen Inbegriff von beweglichen und unbeweglichen Sachen, Rechten und Chancen. Solche Sachgesamtheiten können ebenso wie einzelne Sachen oder Rechte Gegenstand des Rechtsverkehrs sein (§ 453 Abs. 1; s. o. § 1 Rn 7 f). In der Praxis haben sich dafür zwei unterschiedliche Fallgestaltungen herausgebildet, je nachdem, ob Gegenstand des Vertrages das Unternehmen selbst („asset deal“) oder eine maßgebliche Beteiligung an der als Unternehmensträger fungierenden Gesellschaft ist („share deal“). Gleichgültig, welchen Weg die Parteien wählen, auf jeden Fall finden auf derartige Verträge nach § 453 Abs. 1 die §§ 434 ff über die Haftung des Verkäufers für Rechts- und Sachmängel „entsprechende Anwendung“ (s. o. Rn 11), soweit nicht die Parteien – wie in der Praxis weithin üblich – in dem Kaufvertrag umfangreiche abweichende Regelungen über die beiderseitigen Garantien und Haftungsausschlüsse getroffen haben.

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