Читать книгу Held des Weltraums: Mark Tolins Band 1-17 - Die ganze Serie - W. W. Shols - Страница 102
ОглавлениеVerbotene Landung
Der Graviscooter hing fünfzig Kilometer über dem Titan, unter sich das Sperrgebiet mit den weit verstreuten, zum Teil unterirdischen Forschungsstätten, Laboratorien und Werkshallen, im Zentrum die Wohnsitze Kaiser Rapans und seines Schwagers, Professor Walshs, der die Forschungsstätten leitete.
Biggy starrte finster auf den Bildschirm. Er überdachte das Gehörte. Dann setzte er an, um sich mit dem Daumen hinter dem Ohr zu schaben, ließ es aber sein, als ihm die Folgen des Haarwuchsmittels einfielen. Er schnüffelte lieber ein bisschen.
»Weiber! Nicht für 'n Fünfer Verstand! Sie muss doch wissen, was das für Burschen hier auf dem Titan sind! Wenn sie Kane um den Hals gefallen wäre, könnte sie heute längst glückliche Ehefrau sein. Aber was geht das uns an? Haben sie dich als Brautwerber hergeschickt?«
Mark Tolins hielt dem misstrauischen Blick gelassen stand.
»Carole Felby ist mit den Walshs zusammen zum Titan zurückgekehrt. Vernon Kane ist ihr einige Tage später gefolgt. Er hat ein fahrplanmäßiges Schiff benutzt, und zwar unter dem Namen Roger Emery. Da er sich mit diesem Namen schon jahrelang gedeckt hat, war es für ihn nicht schwierig, sich alle Papiere zu verschaffen. Er ist auf dem Titan eingetroffen und hat einen Arbeitsvertrag als physikalischer Assistent unterschrieben. Damit hat sich das Sperrgebiet für ihn geöffnet, aber zugleich ist er für seine Freunde und seine Organisation verschwunden.«
»Na und?«, fragte Biggy widerborstig. »Willst du ihn etwa herausholen? Lass ihn doch hinter seinem Mädchen herlaufen. Von mir aus kann er sich für den Rest seines Lebens unter ihr Fenster stellen und Serenaden singen.«
Mark Tolins schüttelte den Kopf.
»Dein Haarwuchsmittel muss Tiefenwirkung haben, Biggy. Lass dir lieber nicht dein weiches Gemüt verderben. Im Übrigen geht es überhaupt nicht darum, dass sich die beiden wieder die Händchen reichen. Es geht noch nicht einmal darum, dass die ganze Angelegenheit voller Dynamit ist. Stelle dir einmal vor, dass Kane mit Professor Walsh oder gar mit der halbverrückten Elinor Stuart zusammentrifft! Aber schön, seine Angelegenheit. Wir wollen auch nicht davon sprechen, dass Kane ein ungewöhnlich befähigter Wissenschaftler ist, den man lieber nicht in den Händen eines Rapan lassen sollte. Nein, es gibt noch ein stärkeres Argument.«
»Mich kannst du nicht beschwatzen«, beugte Biggy misstrauisch vor. »Streng dich gar nicht erst an, mein Junge. Spiel den Kommandanten und gib mir einen Befehl. Ich werde in aller Form meutern, und damit hat sich's.«
Mark Tolins schüttelte den Kopf und parierte ernst:
»Du hättest an die Ketten denken sollen, Biggy. Meuterer müssen in Ketten gelegt werden. Denke dir also lieber etwas anderes als Meuterei aus. Aber
sehen wir erst einmal weiter. Es besteht Grund zu der Vermutung, dass Kane nicht nur zum Titan gereist ist, um mit Carole Felby ins reine zu kommen, sondern dass er viel mehr im Sinn hat. Man rechnet damit, dass er Walsh stellen will, wobei es ihm nicht um Walsh selbst geht, sondern um die berüchtigte Plasmabombe.«
» Spintisierereien!«
»Nicht unbedingt. Meine Informationen stammen von Thomas Allen, dem einzigen Freund und Vertrauten Kanes. Er behauptet, Kane hätte sich schon seit einiger Zeit damit herumgeschleppt, und Carole Felby wäre nicht mehr als die letzte Rechtfertigung für ein nahezu aussichtsloses Unternehmen.«
»Gauner!«, knurrte Biggy. »Wenn du mir etwas erzählen willst, dass er losgezogen ist, um die Plasmabombe zu mausen, dann ...«
»Nicht aufregen!«, fing Mark Tolins trocken ab. »Denk an deine Haare. Jetzt, wo du die Chance hast, doch noch zu einem Samson zu werden, darfst du dir kein einziges ausgehen lassen. Natürlich geht es nicht um die Plasmabombe. Eine derartige Bombe gibt es nicht und wird es nie geben.«
»Warum nicht?«
»Nun, diese ganze Plasmaforschung geht in die Irre. Man will eine Kernfusion erreichen, wie sie sich angeblich in der Sonne vollzieht. Das sogenannte Plasma ist weiter nichts als ein mit Elektronen und Ionen gesättigtes Gas sehr hoher Temperatur, die bis in viele Millionen Grad reicht. Erstens weiß jedoch bis heute noch kein Mensch, ob sich in der Sonne wirklich ein derartiger Prozess vollzieht, und zweitens setzt der Prozess die Existenz von Kohlenstoff voraus - Von Kohlenstoff, der nach Lage der Dinge im Plasma überhaupt noch nicht vorhanden sein kann und auch in der Sonne erst im weiteren Verlauf der Kernfusionen entstehen könnte. Nein, diese Plasmabombe, mit der Rapan geheimnisvoll droht, ist kaum mehr als ein Bluff.«
»Na also!«
»Langsam. Sie ist ein Bluff, aber vielleicht auch nur eine Tarnung. Erinnere dich an den Bruder Vernon Kanes. Er wurde von der Explosion zerrissen, die scheinbar aus dem Nichts kam. Vielleicht kannte Dudley Walsh ihre Ursachen, und vielleicht arbeitete er auf dieser Linie weiter, bis es ihm gelang, eine Bombe ganz anderer Art zu finden, die aber der Plasmabombe nicht an Wirkung nachsteht? Vielleicht schuf er tatsächlich ein Vernichtungsmittel, das mit Raketen zur Erde getragen werden kann und dort mit einem Schuss einen ganzen Kontinent auszulöschen vermag?«
»Vielleicht? Vielleicht?«, wehrte sich Biggy.
»In dieser Richtung gehen jedenfalls die Befürchtungen Kanes. Und er dürfte so ziemlich der einzige Mensch sein, der beurteilen kann, ob sie zutreffen oder nicht. Thomas Allen rechnet damit, dass er versuchen wird, an Dudley Walsh oder wenigstens an dessen Arbeit heranzukommen und festzustellen, was hinter den Gerüchten steckt. Möglicherweise geht es ihm dabei nur um das Wissen, aber er könnte auch entschlossen sein, die Bedrohung auszuschalten.«
»Na und?«, stemmte sich Biggy weiter. »Lass ihm doch seinen Spaß!«
»Das ist kein Spaß mehr, Biggy. »Wenn Rapan tatsächlich über ein derartiges Vernichtungsmittel verfügt, kann er mit der Erde und ihren Menschen anstellen, was ihm passt. Das könnte eine böse Zukunft geben. Dieser Rapan aus den Hütten des Titan ist bei allen Qualitäten seines Verstandes nicht die Person, der ich das Schicksal der menschlichen Kulturen anvertrauen möchte.«
»Ich verstehe«, sagte Biggy bitter. »Ich soll dich dort unten absetzen, mitten in einem Sperrgebiet, in dem sich keine Maus unbeobachtet bewegen kann, um einen durchgedrehten Wissenschaftler herauszuholen, der dem Herrscher dieses Landes und seinem besten Mann an die Kehle will, der auf die Bombe aller Bomben aus ist und nicht die geringste Chance besitzt, wenn sie auch nur eine Nasenspitze von ihm zu sehen bekommen. Die Wächter werden ihn in der Luft zerreißen, für Walsh ist er blankes Gift, für diese Elinor Stuart der Satan im Querformat, und für Carole Felby im Mindestfalle eine Überraschung. Aber unser tüchtiger Mark Tolins wird das Ding schon schaukeln! Einen Dreck wird er, Mark. Lieber schlage ich dich gleich hier zusammen, denn dann hast du wenigstens noch eine Chance, lebend zur Erde zurückzukommen.«
Mark Tolins nickte ungerührt.
»Na schön, so ungefähr habe ich mir das gedacht. Wir fahren zur Erde zurück. Ich kenne dort einen Raumpiloten, der gern deine Stelle einnehmen würde.«
»Pfui!«, sagte Biggy mit Nachdruck. »Du solltest wirklich etwas für deinen Charakter tun. Bildest du dir etwa ein, dass du mit einem Anfänger besser fährst?«
»Wenn du Angst hast ...«
»Natürlich habe ich Angst. Ich zittere schon jetzt wie ein halbstarker Pudding. Du weißt ganz genau, was du riskierst, und wenn du nur einen Funken von Vernunft im Kopf hättest ...«
»Schreib es auf«, unterbrach Mark Tolins. Wir müssen weiter. Also entweder oder?«
Biggy schluckte, dann wurde sein Gesicht wieder glatt und friedlich.
»Also gut, du sollst deinen Willen haben. Du bist nicht der erste Wahnsinnige in meinem Leben. Dreh dich aber wenigstens nicht im Grabe herum, Wenn du hinterher erfährst, was ich mit den Kerlen dort unten anstelle, falls etwas schief geht.«
»Ich werde mich nicht herumdrehen«, versprach Mark Tolins.