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Kapitel 3

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Gerhards Haus war ein gemütliches, kleines Einfamilienhaus, das er sich vor langer Zeit gemeinsam mit seiner Frau Susanne gekauft hatte. Schon beim Betreten des Hauses umfing den Besucher eine wohlige Atmosphäre, die noch aus der Zeit war, als Susanne noch lebte. Gleich hinter der Haustüre befand sich das Bad und daneben führte eine Treppe ins Obergeschoss, wo Sabrina ihr Zimmer hatte und ein zweites Zimmer als Rumpelkammer benutzt wurde. Unter dem Treppenaufgang befand sich Gerhards kleines Büro, in dem er alte Akten und Bücher, die er nicht mehr benötigte abgestellt hatte. Auch ein kleiner Schreibtisch mit einem Computer befand sich darin, den er eigentlich nur selten nutzte, der aber für seine Enkelin ein willkommenes Gerät gegen Langeweile war. Sie beschäftigte sich oft damit, wenn sie bei ihrem Großvater zu Besuch war.

Nach dem Treppenaufgang befand sich die Türe zu Gerhards Allerheiligsten, dem Schlafzimmer, in dessen Bett er niemals eine andere Frau schlafen ließ, da er Susanne immer noch nachtrauerte und ihr versprochen hatte, dass es niemals eine andere nach ihr geben würde. Es war sehr konservativ eingerichtet, noch mit furniertem Holz, was aber der Heimeligkeit keinen Abbruch tat. Gegenüber dem Schlafzimmer befand sich das Wohnzimmer, das ebenfalls noch für die jetzige Zeit altmodisch eingerichtet war. Die Wand, die der Türe gegenüber war, wurde durch ein großes Fenster, und eine Glastüre, die in den kleinen Garten führte, durchbrochen. Alles in allem waren die Möbel aus einem Kaufhauskatalog, aber Gerhard wäre es nie in den Sinn gekommen, neue Möbel zu kaufen. Die Wohnung war beinahe noch so eingerichtet, wie er es damals mit Sabine beschlossen hatte. Nichts deutete darauf hin, dass er vermögend gewesen wäre, denn ein kleiner Polizist hat nicht gerade ein großes Einkommen, sodass Luxus möglich wäre. Selbst die kleinen Andenken, die sie sich auf diversen Reisen gekauft hatten, standen noch in der Vitrine des Schranks und draußen im Flur auf der kleinen Kommode, die als Schuhschrank diente. In der Küche, die neben dem Wohnzimmer war, hatte Susanne damals alles so eingerichtet, dass sie bequem darin kochen und arbeiten konnte. Die Essecke befand sich gleich rechts neben der Türe und als einzige Neuerung hatte Gerhard einen Mikrowellenherd gekauft, als Susanne noch lebte. Alles andere stammte ebenfalls aus dem Kaufhauskatalog.

Als sie zuhause ankamen, brachte Sabrina den Hund zurück zu Frau Eisele, seiner Nachbarin, die froh war, wenn der Hund mal ausgeführt wurde. Sabrina folgte Gerhard in die Küche, wo dieser im Kühlschrank nachschaute, was er wohl heute für sie beide kochen könnte. Sabrina stand neben ihm und sah ihn an: „Du Opa?“, fragte sie mit zuckersüßer Stimme. Gerhard kannte dies schon und lächelte sie an: „Was möchtest du denn? Ein Eis oder Gummibärchen?“

Sie sah ihn ernsthaft an: „Nein Opa! Wir essen doch gleich, da darf ich nichts Süßes vorher essen. Das weißt du doch.“ Gerhard legte verlegen eine Hand auf den Mund: „Ach Gott, daran habe ich jetzt gar nicht mehr gedacht. Aber was möchtest du dann?“

„Ich möchte gerne an deinen Computer. Darf ich?“

„Du willst wohl wieder mit deinen Freunden reden?“

„Chatten Opa, chatten nennt man das heute.“

„Ach so ja, daran habe ich auch wieder nicht gedacht. Wo habe ich nur meinen Kopf?“

„Du bist aber schon sehr verwirrt heute Opa, kommt das von dem Toten?“, meinte sie altklug.

„Wie? Nein, ja vielleicht?“

„Was ist jetzt, darf ich oder darf ich nicht?“

„Meinetwegen, aber pass auf, auf welche Seiten du gehst. Nicht dass du mir wieder so einen Bazillus auf den Rechner holst.“

„Aber Opa,“ sie stampfte leicht mit dem Fuß auf. „Das heißt nicht Bazillus, das ist ein Virus.“

„Umso schlimmer! Viren sind heutzutage gegen alles Mögliche resistent. Da muss man schon sehr aufpassen.“

„Aber Opa, Papa hat dir doch so ein Programm draufgemacht, da kann gar nichts passieren.“

„Ich gebe mich geschlagen!“, Gerhard hob beide Hände und grinste Sabrina an.

„Opa, du verarscht mich!“

„Das würde ich mich niemals trauen!“, grinste er sie wieder an.

„Ich gehe jetzt in dein Büro.“

„Gut mach das! Aber keine Bazillen auf meinen Computer.“

„Opa!?“ Sabrina verschwand und Gerhard widmete sich wieder dem Kühlschrank. Er suchte und suchte, fand aber nichts, was ihm, geschweige denn Sabrina, schmecken würde. Schließlich gab er auf: „Was soll‘s? Dann gibt es heute eben Pfannkuchen.“ Im Grunde genommen war ihm heute eher nach einer deftigen Schlachtplatte. So mit Blut- und Leberwurst, gekochtem Wammerl und einem Stück Kasseler Rippchen. Dazu Sauerkraut und Bratkartoffeln. Aber dazu war es heute schon zu spät, selbst wenn er die Sachen noch einkaufen würde, hätte er es nicht mehr geschafft, rechtzeitig fertig zu werden. Er setzte sich auf einen Küchenstuhl und seufzte: „Also gut, dann eben Pfannkuchen.“

Seine Frau war vor ein paar Jahren gestorben und so war er gezwungen, für sich selbst zu sorgen. Lediglich seine Schwiegertochter, Sabrinas Mutter, kam ab und zu vorbei, um ihm die Wäsche zu machen und zu kochen. Gerhard stand auf, suchte ein Kochbuch und blätterte darin, um ein Rezept für Pfannkuchen zu finden. Als er endlich eines gefunden hatte, legte er das Buch auf den Tisch und begann damit, streng nach Buch, den Teig anzurühren. Als er so mitten in der Arbeit war, kam Sabrina in die Küche: „Du Opa? Was essen wir denn heute?“ Gerhard drehte sich zu ihr um und sie begann plötzlich, laut loszulachen: „Opa! Wie siehst du denn aus? Kochst du etwa mit der Nase?“

Unvermittelt fasste er sich an die Nase: „Was ist denn da?“

„Mehl! Du hast eine ganz weiße Nase vom Mehl.“

„Das glaube ich dir nicht!“

„Warum denn nicht? Schau dich doch im Spiegel an.“

Gerhard lief ins Bad und sah im Spiegel, dass er tatsächlich ein wenig Mehl auf seiner Nase hatte. Woher das kam, war ihm im Moment unerklärlich, aber es befand es auch nicht für wichtig. Trotzdem wischte er sich mit einem Waschlappen übers Gesicht und ging freudestrahlend wieder in die Küche. Sabrina war verschwunden, aber wahrscheinlich hatte sie gerade mal wieder jemanden Wichtigen, mit dem sie plaudern musste. „Plaudern? Das heißt nicht plaudern! Das heißt, wie heißt das nochmal?“ , überlegte er. „Naja ist ja auch egal.“ Plötzlich ein Ruf aus seinem Büro: „Opa! Opa! Komm mal! Komm schnell!“ Gerhard ließ sofort den Schneebesen fallen, den er soeben in die Hand genommen hatte und rannte aus der Küche: „Was ist los? Ist was kaputt?“

Sabrina kam aus seinem Büro: „Mensch Opa, wo bleibst du denn so lange?“ Sie packte ihn an der Hand und zog ihn in sein Büro. Dort stellte sie sich vor den Schreibtisch und zeigte auf den Bildschirm: „Da! Opa, das ist doch unser toter Mann?“ Neugierig beugte sich Gerhard vor und zog den Bildschirm zu sich: „Ja, das ist Paul Schneider. Da steht es auch geschrieben. Aber warum regst du dich darüber so auf?“ Sie zeigte auf den jungen Mann, der neben Paul stand: „Da! Das ist der Mörder! Der hat den Herrn Schneider umgebracht. Du musst sofort in diese Firma und ihn verhaften!“ Gerhard besah sich das Bild und las, was darunter stand. Dann lachte er kurz auf und legte seinen Arm um ihre Schultern: „Kind, du musste erst lesen, bevor du etwas behauptest. Das ist Marinus, der Sohn von Paul.“

„Das ist mir egal! Der hat ihn umgebracht, auch wenn es sein Vater war.“

„Warum hätte er das tun sollen?“

„Er wollte die Firma und die junge Frau daneben ist sicher seine Freundin. Mit der wollte er die Firma haben.“

„Du hast aber eine mächtige Fantasie Sabrina, das muss ich dir lassen.“ Er zeigte auf die Frau, die zwischen den beiden stand: „Schau mal, das ist Sandra Schneider, das ist die Frau von Paul.“

„Das ist mir auch egal. Sieh mal wie sie diesen Mari.., wie heißt er nochmal?“

„Marinus heißt er und sie ist seine Stiefmutter.“

„Das ist mir auch egal! Schau nur, wie sie ihn anschaut! Die haben doch was miteinander!“

Achselzuckend gab Gerhard auf: „Na gut, wenn du meinst, dann fahre ich noch heute zur Familie Schneider und verhafte ihn.“ Sie stellte sich vor ihn, verschränkte beide Arme und nickte: „Das lob ich mir Opa! Endlich hörst du mal auf deine Enkelin.“

„Gut, dann komm jetzt mit in die Küche zum Essen. Du musst mir ein wenig dabei helfen.“

„Was gibt es denn?“

„Pfannkuchen mit .., was möchtest du dazu?“

„Preiselbeeren! Ich möchte Preiselbeeren!“

„Gut, gnädiges Fräulein, dann eben Pfannkuchen mit Preiselbeeren.“ Gerhard machte dazu eine leichte Verbeugung, wie ein Butler, worauf Sabrina kicherte: „Opa, du machst dich lächerlich.“

„Iich lächerlich? Dass ich nicht lache! Jetzt aber auf. Pfannkuchen backen!“

Die beiden gingen in die Küche und buken die Pfannkuchen. Dass dabei der eine oder andere etwas dunkler wurde als geplant, machte ihnen nichts aus. Sabrina musste nur fürchterlich lachen, als Gerhard versuchte einen Pfannkuchen so zu wenden, wie er es mal bei einem Fernsehkoch gesehen hatte. Es kam, wie es kommen musste. Eine Hälfte des Eierkuchens kam zurück in die Pfanne, die andere Hälfte landete auf dem Ofen. Schließlich saßen sie erschöpft am Küchentisch und genossen die Pfannkuchen mit Preiselbeeren. Da Sabrina ausnahmsweise still war und nichts fragte oder sagte, hatte Gerhard die Gelegenheit, über den Mord nachzudenken. Dabei kam ihm ein Gedanke: „Du Sabrina, sag mal, wie bist du eigentlich auf die Seite der Firma gekommen?“ Sabrina hatte den Mund voll und fragte kauend zurück: „Welche Firma? Was meinst du?“

„Na die Seite von der Firma Schneider, auf der du vorhin warst?“

„Ach das? Das war ein Kinderspiel. Ich hab nur mit meinen Freunden gechattet und ihnen erzählt, was da passiert ist.“

„Und dann?“

„Dann hat mir Ferdi, du kennst ihn doch, Ferdinand Schreiner aus meiner Klasse. Also der hat mir dann den Link geschickt und da habe ich ganz einfach draufgeklickt. Das wars!“

„Das war alles?“

„Nicht ganz. Ferdi hat mir dann auch noch geschrieben, dass dieser Marinus noch einen Bruder hat, der aber gaaanz weit weg wohnt.“

„Aha?“

„Nichts aha! Also du musst mir das schon glauben. Der Marinus hat seinen Vater umgebracht!“

„Das schreibst du aber deinen Freunden nicht, hoffe ich.“

„Nö, das behalte ich für mich. Schließlich wollen doch wir beide den Fall lösen.“

„Meinst du nicht, dass wir deinen Papa auch einweihen sollen, in unser Geheimnis?“

„Papa? Der arbeitet doch mit diesem Albert zusammen. Den habe ich heute schon gesehen, als er auf die Wiese gefahren ist. Wenn ich dem Papa erzähle, was wir wissen, sagt er das doch gleich dem Albert und du bekommst Ärger.“

„Ich muss aber mit deinem Vater darüber reden, der muss uns vielleicht bei ein paar Kleinigkeiten helfen.“

„Du kennst doch deinen Sohn, Opa. Der rennt gleich zu seinen Chefs und erzählt ihnen alles.“

„Das glaube ich diesmal nicht.“ Sabrina begann damit, den Tisch abzuräumen: „Ich stell das gleich in die Spülmaschine, dann brauchst du nicht abzuspülen.“

„Gut und nachher zeigst du mir nochmal die Seite der Firma Schneider.“

„Das kannst du doch selbst, Opa. Das ist doch ganz einfach.“

„Klar kann ich das selbst, aber du bist doch unser Fachmann.“

„Fachmann? Fachfrau wolltest du wohl sagen!“

„Ja gut, dann eben Fachfrau.“

Es dauerte nur wenige Minuten, bis Sabrina den Tisch abgeräumt und alles in die Spülmaschine verfrachtet hatte. Sie schaute Gerhard an: „Fertig! Gehen wir?“ Willig folgte er ihr in sein Büro. Dort setzte sie sich auf seinen Bürostuhl und rief die Seite der Firma Schneider auf. Plötzlich fiel ihr etwas ein: „Oh Opa! Ich sitze auf deinem Stuhl!“

Sie stand auf und forderte ihn auf: „Setz dich doch.“ Während Gerhard sich setzte, holte Sabrina einen Stuhl aus einer Ecke des Zimmers. Inzwischen hatte Gerhard es selbst geschafft, die Seite aufzurufen: „Wo finde ich ..? Ach ja, da ist sie ja!“

Er hatte nach der Seite gesucht, auf der er mehr Infos über die Firma nachlesen konnte. Da stand es schwarz auf weiß, dass Paul Schneider mit der jungen Sandra Schneider, die früher seine Sekretärin war, verheiratet sei. Sie arbeitete aber immer noch in der Firma als seine Sekretärin. Der Sohn hatte aufgrund seiner sehr guten Ausbildung bereits Prokura bekommen und leitete das Geschäft ganz im Sinne seines Vaters, der aber immer noch als alleiniger Inhaber gelistet war. Langsam las Gerhard weiter, bis er auf einen Namen stieß: „Edwin Schneider“, las er laut. „Da gibt es noch einen Edwin. Das muss der Bruder sein. Den muss ich mir mal genauer ansehen!“

„Aber Opa, ich hab dir doch gesagt, dass der Bruder ganz weit weg wohnt. Wie willst du dir denn den ansehen?“

„Das weiß ich noch nicht mein Kind, aber irgendwo wird er ja wohl sein. Ganz weit weg heißt ja nicht, dass er unerreichbar wäre.“

„Aber wie willst du das anstellen? Stell dir mal vor, wenn der in Amerika wohnt, willst du dann nach Amerika fahren?“

„Fliegen heißt das, fliegen.“

„Meinetwegen auch fliegen.“

„Nein, aber ich denke, die Familie kann mir darüber Auskunft geben.“

„Wie willst du die denn fragen? Willst du da hingehen und sagen: Guten Tag ich bin Herr Feiler und ich war früher mal Polizist. Würden Sie mir ein paar Fragen beantworten?“ Gerhard grinste sie an: „So direkt nicht, aber ungefähr so.“ Sabrina schüttelte den Kopf und fasste sich an die Stirn: „Opa du spinnst!“

Gerhard wandte sich ab: „Ich muss jetzt los.“

„Wo willst du denn hin?“

„Das sage ich dir, wenn ich wieder da bin.“

„Opa?“, ihre Stimme klang streng „Opa, mach keinen Blödsinn!“

„Ich mach keinen Blödsinn, das weißt du doch!“

„Opa, ich kenn dich doch! Du hast wieder dieses Glitzern im Auge. Du hast wieder etwas vor, das nicht ganz astrein ist.“

„Reg dich nicht auf, Sabrina, es wird schon gut gehen.“ Er verließ sein Büro und das Haus. Draußen ging er zu seinem Auto, stieg ein und fuhr weg. Dabei überlegte er: „Wie stelle ich das jetzt am Dümmsten an?“

Mord auf der Liebesinsel

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