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4. Kapitel


Bei meinen Beobachtungen war mir nur aufgefallen, dass er Geld in ein Schließfach schaffte. Die Erklärung, dass seine Kunden gerne Bargeld sehen wollen, klang durchaus glaubwürdig. Aber dass er mit ein oder vielleicht sogar zwei Millionen im Kofferraum, von einem Kunden zum anderen fahren würde, wollte und konnte ich nicht glauben. Ich beschloss, Regina, seiner Frau, einen Besuch abzustatten. Als ich vor einigen Wochen mal mit ihr getanzt hatte, war mir aufgefallen, dass sie nicht gerade glücklich war. Vielleicht konnte sie mir ein bisschen mehr über ihren Mann erzählen.

Ich kannte den Weg, den sie immer ging und passte sie noch am selben Abend nach ihrer Sportstunde ab. Völlig in Gedanken versunken ging ich ihr entgegen. Sie erkannte mich im Licht der Straßenlaterne sofort.

„Peter?“

Ich blieb stehen und sah sie einen Moment an. „Regina“, tat ich erstaunt. „Du bist noch unterwegs?“

„Ich komme gerade vom Sport.“

„Ach ja. So wie vor ein paar Wochen, als wir miteinander getanzt haben. Das war schön. Du bist eine sehr gute Tänzerin.“

„Ich komme nur sehr wenig dazu, weil Bernd nicht tanzt. Er geht überhaupt nicht mehr mit mir weg.“

„Das ist sehr schade. Warum gehen wir nicht tanzen ...“

„Das geht doch nicht“, fällt sie mir ins Wort. „Was sollen denn die Leute denken?“

„Du hast ja recht“, lenke ich seufzend ein. „Aber schade ist es schon. Wartet Bernd zu Hause schon auch dich?“

„Er ist nicht da. Aber das müsstest du doch wissen.“

„Woher sollte ich das wissen?“

„Er sagt immer, es ist geschäftlich – für die Bank. Weißt du, was das für Geschäfte sind?“

„Na ja. So genau weiß ich das nicht ...“, erkläre ich zögernd.

Sie senkt etwas die Stimme. „Es ist illegal, nicht wahr?“

„Wie kommst du darauf?“, fragte ich überrascht.

„Wenn es legal wäre, könnte er es mir doch sagen. Aber er schreit mich immer nur an. Dabei weiß ich genau, wann er geschäftlich unterwegs ist und wann er zu seinem Flittchen geht.“

„Du glaubst, er betrügt dich?“, fragte ich überrascht.

„Das geht schon seit mindestens zwei Jahren. Vielleicht auch schon länger.“

„Hast du dafür Beweise? Hast du ihn schon mal mit der anderen gesehen?“

„Nein. Als Krankenschwester habe ich auch öfter Nachtdienst. Das nutzt er aus. Ich kann also nichts beweisen. Aber es gibt genügend Hinweise. Als Frau spürt man das ja auch. Außerdem kleidet er sich anders, wenn er zu seinem Flittchen geht.“

„Wie anders?“

„Für sein Flittchen kleidet er sich immer gut. Entweder Anzug oder Kombination. Meistens mit weißem Hemd und Krawatte. Für die Bankgeschäfte kleidet er sich normal.“

„Willst du darüber reden?“, ergriff ich die Chance. Ich sah darin die Möglichkeit, mehr über den Privatmann Jellinek zu erfahren.

Sie zögert einen Moment. „Wenn du mir etwas über ihn sagen könntest ... Ich weiß so wenig über ihn. Und fast gar nichts über seine Fahrten.“

„Gut, reden wir. Kommst du mit zu mir?“

„Gehen wir lieber zu mir. Bernd bleibt bestimmt wieder die ganze Nacht weg.“

Das war mir ohnehin lieber. Auch auf die Gefahr hin, dabei gesehen zu werden, wie ich um zehn Uhr abends mit der Frau meines Kollegen in ihre Wohnung ging.

Regina erzählte mir, dass sie seit acht Jahren verheiratet wären. Die ersten zwei Jahre wären gute Jahre gewesen. Danach hätte er angefangen, sie zu vernachlässigen. Und das war von Jahr zu Jahr schlimmer geworden. Es hätte kaum noch ein Austausch stattgefunden. Wenn sie ein Gespräch anfangen wollte, hätte er sie angebrüllt, sie solle ihn in Ruhe lassen. Im Bett rühre sich schon seit vier Jahren nichts mehr.

„Hast du schon an Scheidung gedacht?“, übergehe ich ihre leise Anspielung.

„Ja. Ich war schon beim Anwalt.“

„Weiß es Bernd?“

„Ich habe es ihm gesagt.“

„Und?“

„Nichts und? Er hat es völlig ignoriert. Ich habe es ihm beim Frühstück zweimal gesagt. Nichts. Kein Wort, keine Regung. Er hat seinen Kaffee ausgetrunken und ist gegangen.“

„Warum bist du dir so sicher, dass er eine Geliebte hat?“, frage ich.

„Weil er Kleider wegschafft. Nach und nach habe ich festgestellt, dass einige seiner besten Anzüge, Hosen und Hemden fehlen. Auch Unterwäsche und Schuhe. Er hat alles zu der anderen gebracht, nehme ich an.“

„Wann hat er damit angefangen?“, erkundige ich mich leicht geschockt.

„Vor drei Monaten etwa. Vielleicht auch schon früher. Mir ist es erst aufgefallen, als seine zwei besten Anzüge und etliche Hemden fehlten.“

„Also will er ganz zu ihr ziehen“, stellte ich fest.

„Es sieht so aus. Aber da steckt doch was dahinter. Warum sagt er mir nicht einfach, dass es aus ist, dass er eine andere hat? Ich habe mich ja schon damit abgefunden. Wir führen doch schon lange keine Ehe mehr. Der hat doch irgendwas vor, meinst du nicht auch?“

„Du hast recht, er hat was vor. In den letzten Wochen wirkte er ziemlich nervös.“

„Es hat was mit seinen dienstlichen Fahrten zu tun, nicht wahr, Peter?“

„Das ist durchaus möglich“, bestätigte ich.

„Was läuft da, Peter? Was hat es mit den geschäftlichen Fahrten auf sich?“

„Ich weiß es nicht“, log ich. „Ich bin nicht in alle Bankgeschäfte eingeweiht. Jeder hat seinen Bereich. Bernd ist jedenfalls in seinem Bereich ein Ass. Er kennt sich mit Aktiengeschäften aus und vermittelt der Bank dadurch viele gute Geschäfte.“

„Was sind das für Geschäfte? Wo fährt er hin, wenn er nachts für die Bank unterwegs ist?“

„Da fragst du mich wirklich zu viel“, antwortete ich ausweichend. „Ich kann auch nur vermuten, dass er Kunden besucht, mit denen er Geschäfte macht. Aber was Genaues weiß ich nicht.“

„Soll ich ein bisschen auf den Busch klopfen?“, bot Regina an. „Ich könnte ihm einfach auf den Kopf zusagen, dass er illegale Geschäfte macht.“

„Nein“, entgegnete ich hastig. „Mach das nicht. Konfrontiere ihn lieber damit, dass du weißt, dass er Kleidung wegschafft. Löchere ihn damit, dass du wissen willst, wohin er sie bringt. Und sage ihm einfach, dass du die Scheidung schon eingereicht hast. Versuche herauszubringen, wer die Frau ist. Das mit seinen legalen oder auch illegalen Geschäften überlässt du am besten mir. Er hat mich nämlich gebeten, ihn auf seiner nächsten Tour zu begleiten.“

„Was?“

„Ja, ich war genauso überrascht. Er hat mir noch nicht gesagt, um was es geht. Aber das werde ich ja jetzt bald erfahren.“

„Wann fährst du mit ihm?“

„Schon morgen in acht Tagen.“

„An einem Freitag?“, erkundigte sie sich verwundert.

„Ja.“

„Da stimmt doch was nicht“, sagt sie.

„Wie meinst du das?“

„Freitags fährt er doch immer zu seinem Flittchen. Und oft ist er auch übers Wochenende bei ihr geblieben.“

„Beobachte ihn einfach unauffällig. Falls dir nächste Woche irgendetwas Besonderes an ihm auffällt, rufst du mich an.“ Ich gab ihr meine Handynummer.

„Gut. Aber nächste Woche habe ich Nachtdienst im Krankenhaus. Da sehe ich ihn kaum. Wenn es wichtig ist, kannst du mich auf dem Handy erreichen.“

„Gut. Ich rufe dich wirklich nur an, wenn es wichtig ist.“

Ich versuchte dann, noch mehr über ihren Mann herauszubringen. Aber Regina konnte mir nicht mehr sagen, als das, was sie mir schon gesagt hatte. Eines war klar: Jellinek bereitete sich darauf vor, die Frau und den Wohnort zu wechseln.

Die Frage war, wollte er für immer verschwinden? Vielleicht sogar spurlos? Die Art seiner Vorbereitungen deutete dies an. Niemand kannte den Ort, an dem er seine Nächte außerhalb seiner Wohnung verbrachte. Niemand kannte seine Geliebte. Vielleicht gab es sie überhaupt nicht. Und, falls er wirklich vorhatte, spurlos zu verschwinden, würde er sich bestimmt nicht mit einer halben Million zufriedengeben.

Aber wenn er tatsächlich am nächsten Freitag vorhatte, für immer zu verschwinden, wozu brauchte er dann mich?

Ich wollte gehen, aber Regina hielt mich fest.

„Du sagst mir Bescheid, wenn du was Näheres weißt“, drängte sie.

„Ich verspreche es dir.“

„Soll ich nicht doch einen Streit vom Zaun brechen“, schlug Regina erneut vor. „Vielleicht verrät er sich.“

„Das glaube ich nicht. Mach das, was ich dir vorhin gesagt habe, beobachte ihn und sag mir Bescheid, wenn dir etwas seltsam vorkommt.“

„Kommst du wieder vorbei?“, fragte sie.

„Wir sollten es nicht zu auffällig machen“, warnte ich. „Er könnte es erfahren und misstrauisch werden.“

„Von wem sollte er es erfahren? Von mir bestimmt nicht. Wir telefonieren, ja?“

„Okay.“ Ich war schon an der Tür, da fiel mir noch etwas ein. „Übrigens, falls irgendwas passiert, würdest du mich dann spät nachts abholen, egal wo es ist?“

„Du traust ihm nicht, stimmt’s“

„Man kann nicht vorsichtig genug sein“, erklärte ich. „Jetzt, wo ich das von dir gehört habe, traue ich ihm alles zu. Würdest du mich abholen, wenn ich ...“

„Natürlich“, sagte sie ernst. „Egal von wo du anrufst und egal um welche Zeit. Ich würde dich abholen.“ Sie gab mir ihre Karte. „Ruf mich auf dem Handy an. Da erreichst du mich immer. Auch mitten in der Nacht.“

„Auch wenn du Nachtdienst hast?“

„Auch dann.“

„Gut“, sagte ich aufatmend. „Es ist gut, das aus deinem Munde zu hören.“

Ich nahm sie in den Arm, küsste sie auf beide Wangen und wollte zur Tür gehen. Aber sie hielt mich fest, legte einen Arm um meinen Nacken und küsste mich auf den Mund. Sie küsste gut und sie im Arm zu halten tat mir gut, und so blieb ich doch noch und ließ mich bereitwillig in ihr Schlafzimmer ziehen. Bevor ich dann das Haus verließ, versprach ich ihr, mich bald wieder bei ihr zu melden.

Ich ging nach Hause. Ich brauchte jetzt Zeit zum Nachdenken. Fest stand für mich jetzt, dass Jellinek mich nicht beteiligen wollte. Und ich war jetzt auch überzeugt, dass er wesentlich mehr Geld dabeihaben würde, als er mir sagte.

Alles sah danach aus, dass er sich absetzen wollte. Natürlich mit dem Geld.

Aber wozu brauchte er dann mich? Und warum machte er alles so auffällig? Warum bringt er Kleidung zu seiner Geliebten? Für die Polizei würde es ein Leichtes sein, herauszufinden, wer seine Geliebte war. Damit gab er ihnen doch eine Spur, die sie verfolgen konnten.

Warum tat er das? Ich brauchte eine Weile, bis mir klar wurde, welche Rolle ich in seiner Planung spielen sollte.

Die Erkenntnis traf mich wie ein Blitz!

Er brauchte mich als Sündenbock.

Ich versuchte, mir vorzustellen, wie und was er machen könnte, um mir den Raub in die Schuhe schieben zu können. Nur eine einzige Möglichkeit blieb übrig, und die jagte mir einen eiskalten Schauer über den Rücken.

Jellinek musste mich töten.

Er musste mich umbringen und irgendwo verscharren. Dann die Spuren so legen, dass es aussah, als hätte ich ihn umgebracht. Damit hätte er erreicht, dass der ganze Polizeiapparat nach mir fanden würde. Allerdings würde man uns frühestens am Montag im Laufe des Tages vermissen. Blieb ihm also reichlich Zeit, sich in Ruhe mit seiner Tussi abzusetzen.

Aber nicht mit mir, dachte ich. Nicht mit mir. Die ganze Nacht dachte ich darüber nach, was ich tun würde.

Und langsam begann mein Plan zu reifen.

Blutiges Geld

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