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Forschung in Uniform

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Während des ersten Kriegsmonats war es Schrödinger möglich, einige seiner wissenschaftlichen Arbeiten zu vervollständigen. Als Theoretiker hatte er den Vorteil, auch in einem Bunker seinen Berechnungen nachgehen zu können, obwohl er keinen Zugriff auf wissenschaftliche Artikel hatte. Am 27. Oktober reichte er einen kurzen Artikel bei den Annalen ein: „Notiz über den Kapillardruck bei Gasblasen“. Er hatte sich bei Ausbruch des Krieges mit dem Problem beschäftigt und wurde vermutlich durch ein Experiment im Praktikum angeregt, das sich mit der Messung der Oberflächenspannung beschäftigte. Drei Autoren hatten drei verschiedene Ausdrücke für die Oberflächenspannung vorgeschlagen, die – wie Schrödinger nachwies – alle drei falsch waren. Er leitete den korrekten Ausdruck her und führte auch eine neue Formel für die Berechnung nach der Blasendruckmethode ein. Dann hatte er mit einigen Messungen begonnen, welche mit seinen Berechnungen übereinstimmten. Er schloss mit der Bemerkung: „Ich gedenke die Messungen fortzusetzen, die Ende Juli abgebrochen werden mussten, so dass ich umfangreichere Datenmengen erhalte, um die Formel zu testen.“ Offensichtlich hatte er nicht damit gerechnet, dass der Krieg vier weitere Jahre hätte dauern können.

Schrödingers nächste Stellung war auf der Franzenfeste, einer Festungsanlage etwas nördlich von Brixen in Südtirol. Sie wurde von 1835–1838 errichtet, um die Brixner Klause – eine Talverengung am Eingang des Brennerpasses – zu kontrollieren. Hier war er im Bergland, das er so liebte, umgeben von verschneiten Gipfeln. Während des Winters 1914/15 war es eine vollkommen friedliche Gegend. Die deutsche Offensive Richtung Paris war indes zum Stillstand gekommen und der Stellungskrieg hatte begonnen, der Millionen von Soldaten in den schlammigen Schützengräben das Leben kostete. Zwar hatten die Mittelmächte ihre Chance bereits vertan, den Krieg zu gewinnen, aber der langsame Prozess ihres Untergangs hatte erst begonnen.

Die am wenigsten willkommene Überraschung für die Streitkräfte des Kaiserreichs war eine vernichtende Niederlage, die ihnen von den Serben beigebracht wurde. Zumeist aus Reservisten zusammengesetzt, unterstanden die österreichisch-ungarischen Truppen dem Kommando von Oskar Potiorek, der schon in Sarajevo für die Sicherheit verantwortlich gewesen war. Die Serben fielen in Ungarn ein und Konrad, alarmiert, plante eine Verteidigungslinie vom Plattensee bis nach Budapest. Ungefähr zu dieser Zeit wurde Schrödinger nach Komárom verlegt, einer ungarischen Garnisonsstadt zwischen Wien und Budapest.

Hier war es ihm möglich, einen Artikel für die Physikalische Zeitschrift zu schreiben: „Zur Theorie der Fall- und Steigversuche an Teilchen mit Brown’scher Bewegung“ – eine Theorie, die in Beziehung zu aktuellen Wiener Arbeiten über die Ladung des Elektrons stand. Eines der wichtigsten Experimente in der Physik des 20. Jahrhunderts war im Frühjahr 1909 die Bestimmung der Ladung des Elektrons durch Robert Millikan an der Universität Chicago. Seine Anordnung bestand aus zwei Metallplatten und einem elektrischen Feld zwischen ihnen. In das elektrische Feld brachte er einzelne Öl- oder Wassertröpfchen ein, die zusätzlich der Gravitation ausgesetzt waren. Durch die Beobachtung der Tropfenbewegungen war es ihm möglich, ihre individuellen Ladungen zu bestimmen. Aufgrund der Brown’schen Molekularbewegung benötigen die betrachteten Teilchen einer Beobachtungsreihe in einem solchen Experiment verschiedene Zeiten, um einen vorgegebenen vertikalen Bereich zu durchqueren. Daher ist es für ein verlässliches Ergebnis notwendig, die gemessenen Zeiten über eine große Anzahl von Beobachtungen zu mitteln. Mit dem Millikan-Experiment war ein besonderes statistisches Problem verbunden, für das es keine zufriedenstellende Lösung gab, bevor Schrödinger begann, sich in einer seiner elegantesten frühen Arbeiten mit dem Problem auseinanderzusetzen. Diese Arbeit ist für seine spätere Forschung besonders wichtig, da es seine erste Publikation ist, die sich mit einer statistischen Fragestellung auseinandersetzt – einem der zentralen Themen in der Interpretation der Quantenmechanik.

Erwin Schrödinger

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