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ОглавлениеKAPITEL 3
Das Abenteuer kann beginnen
Was versteht man eigentlich unter Abenteuer? Nun, das ist eine ganz persönliche Ansichtssache und beginnt im Kopf. Wir verstehen unter Abenteuer bestimmte prägende Momente, die für immer im Gedächtnis haften bleiben. Wir sind überzeugt, wir werden auch auf dieser Reise unzählige spannende, witzige, berauschende aber auch schwierige, traurige und depressive Momente erleben. Doch das Gute, das Positive wird bei Weitem überwiegen, das hat sich auf unseren vergangenen Reisen gezeigt. Dazu werden die kostbaren Begegnungen mit Menschen fremder Kulturen, das Entdecken grandioser Landschaften und ganz einfach das bewusste Genießen der Schönheit der Natur beitragen. Bestimmt wird es wieder eine abwechslungsreiche, mit Überraschungen gespickte Reise. – In dem Augenblick, in dem man die Wirklichkeit verlässt, um einen eigenen Traum zu leben, wird dieser Traum zur Realität.
Unser Suri ist bis oben vollgepackt mit Sehnsucht und Vorfreude auf das Abenteuer – unser ganz persönliches Abenteuer. Also lieber Suri, fahr rein ins Ungewisse, das Leben fängt vor der Haustür an.
Ein neuer Kontinent liegt vor uns
Zwei Tage, bevor unser Suri in Südafrika ankommen soll, landen wir aus Indien kommend in Durban. Schon von Mumbai aus haben wir ein nettes Gästehaus reserviert. Von hier rufen wir unverzüglich unsere Verschiffungsagentur an. Im Gegensatz zu Kanada, Kolumbien und andern Staaten, wo wir ohne eine Agentur das Fahrzeug selbstständig aus dem Hafen holen konnten, braucht man in Südafrika zwingend eine Agentur, da Privatpersonen kein Zugang zum Hafengelände erlaubt ist.
Am nächsten Tag sitzen wir im Büro von Jetstream Freigt und sprechen mit dem Chef persönlich. Mr. Joshua meint: »Euer Schiff hat ein paar Tage Verspätung. Am 21. Dezember wird es voraussichtlich im Hafen eintreffen und einen Tag später solltet ihr euer Fahrzeug in Empfang nehmen können.«
So kurz vor Weihnachten wird unser Suri also in Afrika eintreffen. Ein paar Tage später ist dann alles wegen der Weihnachtsferien geschlossen.
Die nächste Zeit verbringen wir mit Sightseeing. Da das Gästehaus etwas außerhalb der City, in einem besseren Quartier liegt, braucht man immer ein Taxi, um die Sehenswürdigkeiten zu besichtigen. Von der Benutzung der öffentlichen Busse wurde uns abgeraten.
Der Taxifahrer meint: »Spaziert nie durch die Innenstadt. Schaut euch um: Ihr seht hier keinen einzigen Weißen. Bei Tag und Nacht kommt es hier zu Überfällen.«
Nicht gerade ermutigend, was wir da hören, doch wegen der Städte sind wir ohnehin nicht nach Afrika gekommen.
Tags darauf besuchen uns Jane und Peter in unserem Gästehaus. Schon in Indien hatten wir Probleme mit unserer Hinterachse und aus diesem Grund schrieben wir ein paar Freunde an. Andy, der ebenfalls lange in Südafrika unterwegs war, gab uns die Adresse von Peter, der in Durban wohnt, worauf ein reger E-Mail-Kontakt entstand. Jetzt trinken wir zusammen mit den beiden Tee.
»Ihr müsst doch nicht die ganze Zeit in diesem Gästehaus ausharren«, meint seine Frau Jane, »kommt zu uns nach Kloof, das liegt nur ein paar Kilometer von hier. Da habt ihr ein eigenes Zimmer und mein Mann kann euch bei der Auslösung des Fahrzeugs behilflich sein.«
Peter hat eine eigene Firma mit Produktionsstätten in verschiedenen Ländern. Da nun Weihnachten vor der Tür steht, hat er zwei Wochen Ferien und Zeit, mit uns ein paarmal zum Hafen zu fahren, um alle weiteren Abklärungen bezüglich der Verschiffung zu erledigen.
Durban, die Millionenstadt am Indischen Ozean, ist der größte Hafen Afrikas, neuntgrößter Containerumschlagplatz der Welt und ökonomisches Herz der südafrikanischen Region KwaZulu Natal.
Pet meint: »Fünfundneunzig Prozent der gesamten Steuereinnahmen des Landes werden von der Weißen Bevölkerungsschicht bezahlt und nur acht Prozent der Schwarzen bezahlen überhaupt Steuern!«
Ob das wohl stimmt? Wir können es nicht überprüfen.
Es ist der 22. Dezember, wir sind bereits eine Woche in Durban und heute können wir nach den Worten von Mr. Joshua definitiv unseren Suri in Empfang nehmen. Im Büro von Jetstream Freigt übergibt er uns die benötigten Formulare, mit denen wir zur Hafenanlage fahren. Die (schwarzen) Beamten sitzen träge in ihren Stühlen, teilweise haben sie die Füße auf den Tischen und nehmen sich nur widerwillig unseres Anliegens an.
»Das war früher ganz anders«, meint Peter, »da oblag die Organisation der ganzen Hafenanlage den Weißen. Jetzt hat die schwarze Regierung diese lukrativen Posten ihren Freunden und Familienangehörigen zugeschanzt, die die erforderlichen Qualifikationen leider nicht haben. Das Ergebnis siehst du in diesem Büro.«
Leider ist eine Nummer aus dem Auslieferungsformular falsch ausgefüllt und wir müssen zurück zu Mr. Joshua. Mit seinem Assistenten gehe ich zum Schifffahrtsamt, das uns eine neue Clearing-Nummer ausstellt, anschließend gehen wir wieder zusammen zurück zum Hafengelände.
Diesmal läuft alles reibungslos. Mit einer leuchtend gelben Sicherheitsweste warte ich hinter dem Hafentor, bis unser Suri langsam angerollt kommt. Die Freude ist groß. Im hinteren Eck hat er ein paar Kratzer abbekommen, aber ansonsten hat er die lange Fahrt von Indien nach Südafrika unversehrt überstanden.
Ein Problem bleibt weiterhin: Die defekte Hinterachse. Eine genaue Inspektion des schadhaften Teils besagt, dass es besser ist, wenn wir die Achse nicht nur schweißen, sondern komplett ersetzen.
Zum Glück sind wir in Südafrika. Hier gibt es unser Modell wie Sand am Meer. Wäre dasselbe in Indien passiert – noch schlimmer in Ladakh auf 5600 Metern – nicht auszudenken.
Begegnung mit einer Speikobra
Wie so oft im Leben hat alles zwei Seiten. Dank unserem Pech mit der Achse haben wir das Glück, die hilfsbereite Familie von Peter und Jane kennenzulernen, an ihrem Leben teilzunehmen und ihre Freunde kennenzulernen.
Wie fast überall auf der Welt, haben auch hier die Geschäfte über Weihnachten und Neujahr geschlossen. Die Garage, in der wir die Achse auswechseln werden, macht erst in einer Woche, am 4. Januar wieder auf. So nehmen wir gerne die Einladung an, mit unserer Gastfamilie für eine Woche in den Drakensbergen zu campen. Die Autos werden beladen mit Bier und Fleisch – etwas anderes brauchen die Südafrikaner nicht – und los geht die Fahrt vorbei an Maisfeldern, Grasland und sanften Hügeln. Wir befinden uns immer noch in der Provinz KwaZulu Natal.
Kleine Rinderherden bevölkern die weite Landschaft, bis nach Underberg die ersten Ausläufer der Drakensberge zu erspähen sind. Hier am St Bernards Peak Campground werden wir für eine Woche dem Nichtstun frönen. Wobei … ganz richtig ist das nicht. Es gibt Wanderwege, Mountainbike-Trails und der nahe See lädt zu einem erfrischenden Bad ein. Regelmäßig gegen Abend türmen sich Gewitterwolken auf und ein kurzer Regenschauer bringt Abkühlung von der großen Hitze.
Die Drakenberge sind für Südafrikas Wasserversorgung von großer Bedeutung. Nur drei Stunden ist dieser Gebirgszug, den die einheimischen Zulus Pfeilspitzen nennen, vom quirligen Durban entfernt, und doch wähnen wir uns in einer anderen Welt. Was für ein Kontrast zur Großstadt und vor allem zu Indien.
Genau zum Jahreswechsel fahren Conny und Tomi, mit ihrem MAN von Actionmobil, auf den Platz. Mit ihrem übergroßen Fahrzeug sind sie natürlich der Hingucker des Campingplatzes. Vor drei Jahren haben sie ihr Hab und Gut verkauft und sind mit ihrem Expeditionsmobil von Deutschland aus gestartet. Erst fuhren sie durch den Nahen Osten, bevor sie anschließend die afrikanische Westroute in Angriff genommen haben.
Und nun sitzen wir gemeinsam in ihrem Fahrzeug, plaudern bis spät in die Nacht vom Reisen und stoßen pünktlich um Mitternacht auf ein neues, abenteuerliches und ereignisreiches Reisejahr an. Zwei Tage später reisen sie weiter Richtung Botswana. Gewiss werden wir uns irgendwo im südlichen Afrika wiedersehen.
Am nächsten Morgen begeben wir uns ein weiteres Mal auf eine Wanderung in die Drachenberge. Die Wanderschuhe sind geschnürt, der Rucksack vollgepackt und los gehts.
Obwohl diese Gegend die größte Trockenheit seit 15 Jahren aufweist, blühen etliche Blumen auf den weiten Hochwiesen. Adler kreisen über unseren Köpfen und … was ist denn das? Keine zwei Meter vor mir bäumt sich eine hellbraun geringelte Schlange auf, zum Glück direkt vor ihrem Loch. Hätte sie keine Fluchtmöglichkeit, hätte sie sich noch größer aufgestellt und ihr Gift gezielt in meine Augen gespritzt, denn wie sich später dank eines Schlangenbuches herausstellt, handelt es sich um eine Ringhalskobra, eine afrikanische Speikobra. Ihr Gift lähmt die Atemwege und kurze Zeit später erstickt man jämmerlich. Wenn sie ihr Gift dem vermeintlichen Angreifer in die Augen sprühen, zerstören sie die Bindehaut und das kann zur Blindheit führen.
»Es gibt sehr viele Speikobras in Südafrika«, meint Pet, »darum ist es wichtig, immer frische Milch dabeizuhaben. Wirst du von einer Speikobra angespuckt, wasch sofort die Augen mit Milch aus. Die Milcheiweiße neutralisieren das Gift der Schlange.«
Schon wieder was gelernt!
Nach einer Woche Campingferien sind wir erneut in Durban. In der Zwischenzeit hat auch die Garage von Peter Gaw nach den Festtagen wieder geöffnet. Drei Tage wird es dauern, bis die neue Hinterachse eingebaut ist. Wir entscheiden uns, wenn die Achse schon demontiert ist, auch noch die Radlager auszutauschen sowie eine zusätzliche Luftfederung einzubauen.
Fünf Tage später sind wir abreisefertig. Wie sich gezeigt hat, war es höchste Zeit, die Achse auszutauschen: Auf beiden Seiten ist schon ein langer Riss ersichtlich. Ein paar Bodenwellen mehr und die ganze Achse hätte brechen können. Dann wäre der Schaden weitaus größer gewesen.
Bevor es uns weiter Richtung Norden zieht, verabschieden wir uns sehr emotional von Pet und Jane. Die beiden sind uns richtig ans Herz gewachsen und wie es scheint, wir ihnen auch. – Nochmals herzlichen Dank für alles!
Bei den Nashörnern
Die gut ausgebaute Straße führt vorbei an Städten wie KwaDukuza und Richards Bay, bis wir schließlich in Cape Vidal unseren ersten Campground mit schattigen Stellplätzen ansteuern. Im Nature Reserve sehen wir fürs Erste ein paar Dutzend der zierlichen Impalaantilopen, das ist die häufigste Säugetierart im Park. Die Landschaft ist grandios und wir genießen die Ruhe beim Beobachten vorbeiziehender Zebras, Büffel und Streifengnus.
Es dunkelt schon langsam ein, als wir mehrere Autos neben der Straße ausmachen. Da muss was sein! Tatsächlich, ein ausgewachsenes Leopardenmännchen streift gemächlich durch das niedrige Buschland. Die Leute und das Klicken der Kameras scheinen es nicht zu stören. Toll, so einer Wildkatze in freier Natur zu begegnen.
Als einer der Höhepunkte von KwaZulu Natal hat uns Pet den Hluhluwe Imfolozi Park (sprich: Schlu-schluwi) empfohlen. Er ist nicht ganz so groß wie der Krüger National Park, doch immerhin das drittgrößte Wildschutzgebiet Südafrikas. Wir fahren durch eine typisch afrikanische Savannenlandschaft mit Büschen, kleineren Bäumen und Akazien. Die Flüsse Black und White iMfolozi durchziehen die weite Ebene, doch von ihnen sind nur noch Tümpel zu sehen. Es herrscht, wie übrigens in ganz Südafrika, eine große Dürre. Wie uns Jane gesagt hat, ist dies für viele Farmer eine Riesenkatastrophe. Schon jetzt haben sie große Ernteausfälle zu beklagen und ein befreundetes Paar, mit dem sie nächsten Sommer auf eine Reise nach Botswana gehen wollten, hat ihnen abgesagt, weil sie sich eine dreimonatige Reise durch den Busch einfach nicht mehr leisten können, die Schäden an den Kulturen seien zu groß.
Bereits kurz nach der Einfahrt in den Park begegnen wir den ersten Wildtieren. Zebra, Büffel, Elefanten, Spitz- und Breitmaulnashörnern, Kudus und etlichen Warzenschweinen, die mit hochgestrecktem Schwanz das Weite suchen. Am bekanntesten ist der Park allerdings wegen seines beträchtlichen Bestandes an Nashörnern, von denen etwa 400 Spitz- und 1200 Breitmaulnashörner hier im Park leben.
Plötzlich versperrt uns in einer Senke eine Elefantenfamilie den Weg. Geduldig (was denn sonst) warten wir, bis sich die mächtigen Elefantenbullen vollgefressen haben und uns die Weiterfahrt ermöglichen. Angesichts der Nähe, die wir zu den Tieren haben, ist das Teleobjektiv komplett überflüssig.
Im nächsten Park, dem Umkhuze Game Sanctuary, haben wir zwei Nächte eingeplant und möchten hier weiteren Tieren auf die Spur kommen. Im Schritttempo zuckeln wir über die Schotterpisten zum aufgestauten Wasserloch. Hier stillt gerade eine Pavianmutter mit ihrem Nachwuchs den Durst. Warzenschweine huschen durch die ausgetrocknete Savanne und nur zögerlich nähert sich eine Impala-Familie. Von größeren Tieren ist leider nichts zu sehen.
Auf dem Weg zurück zum Camp begegnen uns fünf stattliche Giraffen. Genüsslich fressen sie die noch jungen Triebe zuoberst an den Bäumen. Ein langer Hals hat viele Vorteile, ist doch alles in Bodennähe schon längst abgefressen.
Polygamie statt Demokratie
Wir erreichen Swaziland. Dieses kleine und bitterarme Land ist eine Monarchie mit König Mswati III. an der Spitze. Es zählt zu den ärmsten der Welt und über die Hälfte der Menschen sind auf Nahrungsmittelhilfe angewiesen. Das hält den König jedoch nicht davon ab, mehrere Frauen zu haben und diese regelmäßig mit deutschen Luxuskarossen sowie der neuesten Mode aus Paris zu versorgen. Jedoch hat er noch viel Arbeit vor sich, hatte doch sein Vater rund 120 Frauen und 600 Kinder. Er hat es bis jetzt im zarten Alter von 48 Jahren auf lediglich 14 Frauen gebracht.
Ich und meine einzige Frau fahren weiter an gigantischen Zuckerrohrfeldern entlang zum Hlane Royal National Park. Er war einst das Jagdgebiet der Könige und nun wird das Großwild durch die Kameras der wenigen Touristen, die sich hierher verirren, gejagt. Allzu viel sehen wir bei unserem Game Drive nicht, da das dichte Buschwerk eine gute Sicht verhindert. Zurück im Camp sitzen wir lieber um das Wasserloch, in dem sich mehrere Hippos suhlen.
In der Nacht entlädt sich ein starkes Gewitter. Der Regen überflutet kurzfristig die ganze Anlage, doch die Natur nimmt das nasse Geschenk dankend an.
»Habt ihr das Löwengebrüll auch gehört?«, fragt uns am nächsten Morgen unser südafrikanischer Nachbar.
Löwengebrüll, wir sehen uns fragend an. »Nein, wir haben nichts gehört, scheinbar haben wir einen guten Schlaf.«
Der Löwe ist übrigens das letzte Tier der Big Fife, das wir noch nicht gesehen haben. Im nächsten Park, dem Krüger National Park, hoffen wir, dass uns der König der Tiere und nicht der König von Swaziland seine Aufwartung macht.
Den Big Five auf der Spur
Schon im Vorfeld haben wir uns die sogenannte Wildcard besorgt. Mit dieser Karte hat man in sämtlichen Nationalparks Südafrikas freien Eintritt. Speziell, wenn man im Krüger National Park ein paar Tage verbringen will, lohnt es sich schon ab fünf Nächten, diese Karte anzuschaffen, da sie auch in diversen Game Parks und National Reservs freien Eintritt gewährt.
Im letzten Ort vor dem Krüger National Park, in Komatipoort, decken wir uns reichlich mit Fleisch, Gemüse und Chardonnay ein. Die nächsten fünf Tage werden wir auf reservierten Camps im Krüger National Park verbringen.
Einmal die Big Five zu sehen, das ist der Wunsch der meisten der hier anreisenden Touristen. Gemeint sind Löwe, Elefant, Büffel, Nashorn und Leopard. Wie gesagt, uns fehlt noch der Löwe und in Anbetracht der Größe des Parks ist es nicht allzu schwer, so hoffen wir jedenfalls, auch diesen noch anzutreffen.
An der Südgrenze des Nationalparks, direkt am Crocodile River, beziehen wir unser erstes Camp, das Crocodile Bridge Camp. Wir richten uns ein und kurz darauf starten wir zur ersten Pirschfahrt. Wieder einmal zeigt es sich, dass wir vor Jahren die richtige Wahl getroffen haben. Damals mussten wir uns entscheiden, ob wir in einem Lkw-Camper oder einem kleineren Fahrzeug die Welt entdecken wollen.
Wir haben uns glücklicherweise für die kleinere Variante entschieden, mit einem Höchstgewicht von 3,5 Tonnen, denn im Krüger National Park gibt es diverse Regeln: Das Fahren ist nur auf den markierten Straßen erlaubt, Autos mit mehr als vier Tonnen dürfen nur die asphaltierten Straßen benützen und so weiter, doch gerade die Schotterpisten sind das Interessante. Hier gibt es weniger Verkehr und demzufolge sind da auch mehr Tiere anzutreffen.
Der Krüger National Park ist zweifelsohne einer der größten Wildparks der Welt. Innerhalb der letzten Jahre wurden Zäune entfernt, die ihn von den benachbarten Reservaten trennten. Dadurch ergaben sich für die Tierwelt größere Zugriffsmöglichkeiten auf Futterstellen und dadurch bessere Wildbeobachtungsmöglichkeiten für Besucher. Schon am ersten Abend sehen wir einige der 150 verschiedenen Säugetierarten des Parks: Im weiten Grasland weidet eine ganze Herde von Büffeln. Diese bis zu 800 Kilo schweren Tiere können, wenn sie bedroht werden, extrem gefährlich werden. Giraffen stehen elegant zwischen den hohen Bäumen und knabbern mit ihren langen Hälsen die frischen Triebe ab, die kleinen Kronenducker springen scheu vor uns in Deckung, während die vielen Impalas keine Angst vor kamerazückenden Touristen haben.
Der nächste Morgen beginnt schon früh. Kurz nach vier Uhr klingelt der Wecker und noch bei Dunkelheit fahren wir durch das Campingplatztor, um einen Teil des 20.000 Quadratkilometer großen Parks zu erkunden. Man stelle sich vor: Das ist die Hälfte der Fläche der Schweiz. Sechs Tage haben wir eingeplant, ein Zeitraum, der bei den Ausmaßen des Parks angemessen ist. Die Stellplätze haben wir vorgebucht, was während der Ferien und übers Wochenende zu empfehlen ist.
Noch bevor die Sonne aufgeht, erspähen wir in den Bäumen einen Fleckenuhu, der sich von den nächtlichen Raubzügen erholt. Eine Tüpfelhyäne sprintet über die Straße und die Nilpferde sind zurück in ihrem Schwimmteich. Kudus und Elanantilopen, fast so groß wie Pferde, grasen das kümmerliche Grün ab – der Krüger National Park leidet gerade unter der größten Dürre, seit es Aufzeichnungen gibt. Viele Flüsse und Wasserlöcher sind ausgetrocknet.
Wir sehen ein erst kürzlich verendetes Nilpferd neben der Straße liegen. »Es ist nicht das Erste und wird nicht das Letzte sein«, meint ein Ranger. »Die Tiere haben einfach nicht genügend Nahrung. Viele Besucher beschweren sich bei der Parkverwaltung, sie sollen doch etwas dagegen unternehmen, aber wir können nichts tun. Wir müssen der Natur ihren Lauf lassen und dürfen nicht künstlich in das fragile Ökosystem eingreifen.« Am nächsten Morgen ist das Nilpferd von den nächtlichen Aasgeiern und Wildtieren schon tüchtig angefressen. Der Tod eines Einzelnen bringt Leben für viele andere Kreaturen.
Am meisten faszinieren uns die grauen Riesen. Würdevoll, fast majestätisch bewegen sie sich hin und her, sprühen Wasser über die erhitzten, vom Schlammbad verkrusteten Körper und tasten sich gegenseitig ab, als ob sie sich vergewissern wollen, dass alles in Ordnung ist. Die großen Ohren schwanken wie Segel im Wind, vor und zurück, vor und zurück. Ab und zu trompetet ein Bulle, offensichtlich der Anführer der Herde, seinen Unmut über zu viel Gezanke seiner kleinen Elefantenbabys hinaus. Sofort kehrt wieder Ruhe ein und jeder nimmt seinen ihm zugestimmten Platz in der Gruppe ein. In einer Elefantenherde herrscht mehr Kommunikation, als es auf den ersten Blick den Anschein hat. Sie reagieren höchst sensibel auf ungewöhnliche Geräusche. So verhalten wir uns äußerst still, schauen ihnen fasziniert zu, vergessen Zeit und Raum und sind begeistert von ihrer Erhabenheit. Ein grandioses Schauspiel, das alleine schon den Weg nach Südafrika wert ist.
Die letzten zwei Nächte verbringen wir im Skukuza und Satara Camp, beides gut ausgerüstete Buschcamps mit Einkaufsmöglichkeiten, Schwimmbad und Restaurants. Am besten ist es, wenn man sich einen Platz am Außenzaun ergattert. Das haben wir und so können wir gemächlich einer Hyäne zuschauen, wie sie auf der Suche nach Essensresten den elektrisch geladenen Zaun abschreitet.
Heute ist, was die Tierbeobachtung betrifft, sicherlich der Höhepunkt: Wir befinden uns auf einer nur wenig befahrenen Naturstraße, auf der eine Höchstgeschwindigkeit von 40 km/h vorgeschrieben ist. Unsere vier Augen sind auf die dichte Vegetation links und rechts des Weges gerichtet. Die Spannung steigt – wer erspäht die ersten Tiere? Fürs Erste sehen wir nur ein Dutzend Impalaantilopen. Die sind normalerweise auf uns fokussiert, doch nun sind sie ganz aufgeregt und machen sonderbare Geräusche.
Schlussendlich spazierten zwölf Löwen vor unserem Suri herum.
Im Unterholz erblicken wir nun den Grund dafür: Einer, zwei … immer mehr Löwen tauchen aus dem Gestrüpp auf und bewegen sich direkt auf uns zu. Vor uns überqueren sie die Straße, kommen zurück und schreiten gemächlichen Ganges vor und neben uns die Piste entlang. Wir zählen zwölf Löwendamen, die mitten am Tag durch den Park streifen. Eine davon ist ein weißer Löwe, ein Albino. Wie uns ein Park Rancher später erzählt, ist es der einzige weiße Löwe im Park. Was für ein Glück, den König der Tiere so nahe und so lange in freier Wildbahn betrachten zu können. Mehr als 15 Minuten schreiten sie direkt vor unserem Suri auf der Straße dahin, bevor sie sich in den Busch verziehen. Noch Stunden später sind wir ganz aufgeregt von diesem Naturschauspiel, das uns die Löwen geboten haben.
Nach einer heißen und staubigen Tour freuen wir uns auf das Camp, das uns mit einem erfrischenden Swimmingpool empfängt. Später ist das allabendliche Grillen, Braai auf Afrikaans, mit viel Fleisch und Boerwors (Bauern-Wurst) angesagt. Das gehört zum Camping der Südafrikaner und nun auch zu uns.
Das Abendessen teilen wir mit frechen Rotschnabeltokos und Webervögeln, deren Federkleid in den schönsten Gelbtönen schimmert. Die drei Meter entfernt auf der anderen Seite des stabilen Zauns auf und ab streifende Hyäne möchte auch gerne ein paar Leckerbissen, sie zu füttern ist jedoch strengstens verboten.
Am nächsten Morgen liegen 80 Kilometer Waschbrettpiste vor uns und der Suri scheppert an allen Ecken. Doch die Rüttelei lohnt sich, denn wir sehen erneut viele Löwen, Warzenschweine, Giraffen und mächtige Büffelherden. Die bis zu 800 Kilo schweren Tiere mit ihren Madenhackern auf den Rücken beeindrucken uns mächtig und wir sind froh, sie im Schutz des Autos in Ruhe und Sicherheit beobachten zu können.
Nach einer kleinen Mittagspause kommen wir schließlich zum letzten Camp unserer Krüger-Tour. Das Tsendze Rustic Camp liegt im nördlichen Teil des Parks. Da es keinen Strom gibt, stehen wir fast alleine auf dem idyllischen Platz. Schattenspendende Mopane-Bäume und ein üppiger Pflanzenwuchs sind eine schöne Abwechslung zu den vorangegangenen Camps.
Gnus, Kudus, Wasserböcke, Zebras und immer wieder herdenweise Impalas kreuzen unseren Weg, bis wir schließlich den Parkausgang bei Phalaborwa erreichen. Wehmütig aber um viele Erfahrungen reicher, verlassen wir nach sechs Tagen endgültig den fantastischen Krüger National Park.
Auf der Panoramastraße durch die nördlichen Drakensberge
Wir fahren entlang der R532, vorbei an vielen Wasserfällen, bis wir schließlich eine der größten Schluchten der Welt erreichen. Das Wetter ist nicht optimal, Wolkenfetzen hängen zwischen den gewaltigen, roten Sandsteinsäulen, trotzdem ist die Aussicht von der Plattform auf den 700 Meter unter uns liegenden Blyde River Canyon gewaltig. Am meisten faszinieren uns die Bourke’s Potholes. Es sind Strudellöcher und Auswaschungen im Gesteinsbett des Trauerflusses. Über Stege gelangt man zu den einzelnen Löchern, die der Fluss in Jahrtausenden aus dem Gestein geschmirgelt hat.
Wir sind nicht bereit, für jeden noch so kleinen Wasserfall Eintritt zu bezahlen, und so fahren wir zügig gen Süden, bis wir das kleine Städtchen Sabie erreichen. Lila blühende Jacaranda-Bäume säumen die Straße, es gibt zahllose Cafés und Wanderwege führen durch die einzigartige Bergwelt. In der Nähe von Dullstroom – alles Namen von den früheren holländischen Einwanderern – bleiben wir ein paar Tage auf herrlich kühlen 1800 Metern. Es ist immer noch Sommer und während im nahen Lowfeld alle schwitzen, weht hier oben eine kühle Brise und nachts wird es richtig kalt. Welch eine Wohltat nach der Hitze im Krüger National Park.
Auf nach Johannesburg, Joburg oder JB, wie er meistens genannt wird, der Ort des Goldes oder vielmehr der Kriminalität. Wir lesen im Reiseführer: Wagentüren und Fenster immer geschlossen halten, beim Parken nichts Wertvolles im Wagen liegen lassen, keinen Schmuck, Kameras oder Umhängetaschen spazieren führen, nur auf gesicherten Parkplätzen das Auto abstellen und, und, und. Das kann ja heiter werden.