Читать книгу Tantra, das Feuer meiner Passion - Wera Münchberg - Страница 26
WERA, DIE KINDERKRANKENSCHWESTER
ОглавлениеDie schönsten 5 Jahre waren kurz nach der Ausbildung in der Augenklinik der Johann Wolfgang Goethe Uni-Klinik Frankfurt. Ich arbeitete in der Kinder- und Frauenabteilung Station 8-3. So gestaltete sich die Arbeit richtig abwechslungsreich mit den Kleinen und den Erwachsenen. Am Ende des Flures war die Frauenstation, die mit der Kinderstation zusammengelegt war. Jede Woche wurde gewechselt.
Wie sich die Kids freuten, wenn ich wieder die Woche bei ihnen war, freuten sich auch die Frauen auf der anderen Seite der Station, wenn ich wieder Dienst bei ihnen hatte. Ich war immer für Unsinn und Blödeleien bereit, um damit die kleinen und großen Patienten aufzumuntern.
Einmal hatten wir eine Nonne als Patientin auf Station. Als sie im Operationssaal lag, war ich sicher, dass sie sobald nicht auftauchen wird. Ich zog ihr Nonnengewand an und sprach alle Patienten selig und wir alle hatten einen Riesenspaß.
Ich mochte meinen Professor Stärker, der für die Strabismus-Kids (Schieler) zuständig war, genauso wie den gefürchteten Professor Doden, den Schreck aller Famulanten, da er sie gerne intellektuell auflaufen ließ, wenn er ihre Wissensschwächen aufdeckte.
Gleich an meinem ersten Arbeitstag, der noch nicht mal begonnen hatte, hatte ich mich in ein dickes Fettnäpfchen gesetzt. Im Fahrstuhl zum 3. Stock der Kinderstation stand ein älterer Mann und sah mich an, da stand ich schüchtern drein blickend im weißen Schwesternkittel. Er fragte sehr nett und höflich, wie es mir hier gefällt, darauf konnte ich ihm nicht viel sagen, da ich ja den ersten Tag heute erst haben sollte, so erzählte ich ihm: „Mein Eindruck beim Vorstellungsgespräch mit dem Team war sehr positiv.“
Er fragte: „Was erzählt man sich denn so über den Chef-Professor Dodens, haben Sie da schon Infos bekommen?“
„Ja, ja er soll ein recht strenger Griesgram sein, der die Studenten drangsaliert und gerne vor den Patienten auflaufen lässt, so sagte man mir!“
Er: „Soso, na dann wünsche ich Ihnen hier eine gute Zeit. Darf ich mich vorstellen, mein Name ist Professor Dr. Dodens“!
Beim Aussteigen wäre ich gerne in den Erdboden verschwunden, aber jetzt begann mein erster Arbeitstag. Das sprach sich natürlich wie ein Lauffeuer in der Klinik herum und schon war ich bekannt wie ein bunter Hund.
„Ach du bist die Schwester Wera aha-hihihi!“
Immer, wenn er mich bei der Frauenvisite sah, grüßte er mich freundlich mit einem Lächeln.
Einer unserer Kinderstationsärzte war Dr. Hohlfelder aus dem Schwabenland, er war immer tiefenentspannt und super schelmisch-witzisch und wir hatten eine sehr gute Zeit zusammen. Er hatte viele Schwesternschülerinnen, die ihn verehrten, (es wurde mir immer vertrauensvoll zugetragen) ja er war schon außergewöhnlich! Ich habe den jungen Frauen dann aber all ihre Hoffnungen genommen, und erzählt, dass er verheiratet sei auch zwei kleine Kids hatte. Sie sollten sich lieber auf ihr Examen konzentrieren.
Dr. Kucks, ein anderer Stationsarzt brachte mir Blutabnehmen sogar an seinem Arm bei und ich war stolz, dass es gleich beim ersten Mal klappte. Ab da war er entlastet, denn nun war es morgens meine Arbeit und er konnte sich anderen Dingen widmen. Obwohl es nicht zu meinem Aufgabenbereich gehörte, war ich stolz, dass ich es machen durfte.
In der Zeit jobbte ich nebenher in einem 5-Sterne-Restaurant & Squash Center in Niederrad als Servicekraft, um meinen Führerschein zu finanzieren und anschließend ein gebrauchtes Auto zu kaufen.
Leider habe ich nur dieses S/W-Foto aus einer Werbeanzeige einer Frankfurter Zeitung.
Es hat mir sehr viel Freude gemacht die Kunden zu beraten, Weine zu empfehlen oder bei der Menüwahl behilflich zu sein. Wir waren immer top gestylt, weiße Bluse mit roter Fliege, schwarze Hose oder Rock mit roter Schürze.
Oft arbeitete ich 3- bis 4-mal in der Woche jeweils nach dem Schichtdienst bis spät in die Nacht. Morgens um 5 Uhr musste ich wieder aus dem Bett zum Frühdienst. Die wenige Freizeit, die mir neben den Jobs noch blieb, verbrachte ich mit meiner Freundin in Sachsenhausen zum Feiern. Zusätzlich arbeitete ich immer, wenn Frankfurter Messe war, als Security Woman mit einer schicken Uniform nachmittags nach dem Frühdienst..
Ein weiterer Job war auf Abruf für das Nord-West-Krankenhaus als Sitzwache, immer nachts, sodass ich morgens an der Krankenhauskasse meinen Obolus mitnahm und schnell zum Frühdienst in die Uniklinik fuhr. Hier wurde ich eines Tages gebeten bei einer prominenten Dame Lia W. Sitzwache zu machen. Sie lag im Sterben und ich war bei ihr, hielt und streichelte ihre Hand und versorgte sie die ganze Nacht.
Am nächsten Morgen erzählte ich meinem Mann von der Dame. Er zeigte mir auf, dass sie einst eine Berühmtheit in Frankfurt war und zusammen mit Heinz Schenk den Blauen Bock im Fernsehen moderierte. Sie war auch die Produzentin des HR für viele Unterhaltungssendungen im Fernsehen. Und so geht ein Leben einsam zu Ende, darüber machte ich mir viele Gedanken.
Wer weiß, wie einsam dieser Mensch dann gestorben ist und ich bewarb mich für eine Vollzeitstelle als Sterbebegleitung im Christophorus Haus für ambulante Pflege in der Palliativ-Medizin.
Hier sah ich eine echte Aufgabe und hatte nicht den Krankenhausstress. Hier hatte man maximal 4 Patienten mit viel Zeit zur Pflege und Beistand, um eine würdige Sterbebegleitung gewährleisten zu können..
Diese Arbeit konnte ich leider nur 1 Jahr lang machen, da es mir leider viel zu nah ging. Wenn ein mir anvertrauter Patient diesen Planeten verlassen hat, hat es mich auch sehr schmerzlich getroffen und belastet.
Danach war ich auf einer Neugeborenenstation im Bürgerhospital. Nach der Arbeit mit dem Tod neues Leben zu begrüßen war wesentlich erfreulicher und die Kleinen sind so knuddelig und riechen so gut. Ich hätte am liebsten eines mitgenommen, da mein eigener Kinderwunsch nicht erfüllt wurde.
Immer wieder jobbte ich neben dem Krankenhaus in berufsfremden Arbeitsgebieten wie z. B. in einer Partnervermittlung nach dem Schichtdienst. Dort arbeitete ich als Außendienstmitarbeiterin. Hier bekam ich eine echt gute Schulung, wie man Menschen überzeugt, über diesen Weg eine Partnerin zu finden, was jedoch für meine Begriffe total überteuert und damit sittenwidrig war. Eigentlich kauften die Männer ein Produkt – angeboten wurden nur attraktive polnische, deutsch-sprechende, nicht emanzipierte Frauen, die gewohnt waren, dem Mann alle Wünsche zu erfüllen: im Haushalt und … Sorry! Ich war jung und brauchte das Geld! Aus heutiger Sicht würde ich niemals solch einen Job annehmen. Ich wurde die beste Außendienstmitarbeiterin und verdiente so gut, dass ich im Krankenhaus kündigte. Mein damals zukünftiger Mann, der gerade im Referendariat zum Juristen war, gab zu bedenken, dass es in der Partnervermittlung nicht mit rechten Dingen zuging. Leider hatte er recht und ich beendete den Job. Ich wurde in einem Verfahren gegen diese Firma als Zeugin geladen und habe bei der Gelegenheit erfahren, dass der Chef dieser Firma sogar über Weihnachten in Untersuchungshaft saß.
Es ergab sich dann eine Job-Möglichkeit in einer Immobilienfirma, die mir neue Welten aufzeigte, so erlangte ich einiges an Wissen über Immobilen und deren Verkauf.
Im Laufe der Jahre habe ich so in viele Berufsgruppen hinein schnuppern können und einige sehr gute und spannende Erfahrungen machen dürfen.
Mein Mann hat nach dem Jura-Examen in einer Leasing-Bank angefangen und dann fing mein Dilemma an. Er war oft so gestresst, dass er immer spät und müde von der Firma nach Hause kam. Ab da teilte ich wohl das Schicksal vieler Frauen, deren Männern die Karriereleiter um jeden Preis wichtiger war als alles andere.
Viele Jahre später, als ich in den Städtischen Offenbacher Kliniken in der Psychiatrie arbeitete, bis zum tantrischen Erwachen, war ich in einem leicht deprimierten Zustand. Meine innere Uhr tickte, ich wollte so gerne Mutter werden, aber es klappte nicht.
Leider auch, weil mein Mann bedingt durch seine Arbeit mit mir nicht so oft zusammenkam. Was mich außer dem Kinderwunsch traurig stimmte, war auch die erheblich eingeschränkte Zuwendung in Form von Zärtlichkeit. Dieses Defizit machte mich immer trauriger und mein Körper schrie nach Liebe.
Mein Kinderwunsch war trotzdem nie in den Hintergrund gerutscht, er war immer da und ich schaute oft traurig zu jungen Müttern mit ihren Kinderwagen und dem seligen Lächeln im Gesicht. Ich konnte meinen Mann zur Knaus Ogino Methode (also nicht zur Verhütung, sondern das Gegenteil) überreden, wenigsten zu diesem Zeitpunkt musste er stramm stehen.
„Hey, ja mein Ei ist am wandern, Tom komm!“
Er war über ein halbes Jahr echt im Stress, ich auch, denn die Schwangerschaftstests wurden dann auch zu teuer, da ich es nie abwarten konnte, ich kaufte sie schon, wenn ich nur einige Tage drüber war.
So kam ich auf die Idee die Tests auf Station über eine Patientin laufen zu lassen. Ich klebte ihren Patientencode auf meine Urinprobe und ab damit ins Labor. Eines Tages kam ich zum Spätdienst und alle, die auf Station tätig waren, die Schwestern, der Oberarzt, Stationsärztin, Psychologin und Sozialarbeiter waren anwesend.
Die Übergabe begann bei der Patientin Fr. R. und es wurde plötzlich still und alle schauten sich ungläubig an.
Oberarzt: „Frau R: hatte wohl einen HCG-Test, der aber nie von irgendeinem Arzt angeordnet wurde, wie kann das sein? Und jetzt der Hammer, sie ist schwanger, aber dass kann eigentlich auch nicht sein, da sie sterilisiert ist“
Stille …
Alles schaute auf mich, dann folgte großes Gelächter und Gratulationen für mich, da alle vermuteten, dass ich es war, tja und da lagen sie wohl richtig. Ich werde Mutter, jipijajeh ich war wie benebelt vor Freude und kaufte gleich Schwangihosen und Kinderkleidung.
Doch leider musste ich nach einigen Monaten ins Krankenhaus, Diagnose: „Fehlgeburt“ und es wären Zwillinge geworden, wow, die aber leider nicht den Planeten betreten sollten.
Nach einigen Tagen verließ ich sehr deprimiert das Krankenhaus, aber das Leben musste irgendwie weitergehen. In der Zeit kompensierte ich mit Süßigkeiten und nahm ganz schön zu, was auch meine Kollegen bemerkten. Mein Mann unterstütze mich in der Zeit nach der Fehlgeburt kaum, da er mit der Situation nicht umgehen konnte. Das Zärtlichkeitsdefizit mangels Berührungen und Zuneigung meines Mannes führte mich noch tiefer in die Depression. Der Traum vom Kinderwunsch sollte sich für mich nie mehr erfüllen.
Zu der Zeit war ich auch sehr unkonzentriert auf der Station und stand oft neben mir, aber mein Team hat alles aufgefangen. Danke an dieser Stelle an mein Ex-Team der Station 740.
Später suchte ich mir zusätzlich Ablenkung durch Töpferarbeit und Seidenmalerei, um den Schmerz zu verdrängen, denn die Psychologin, die mich für ein Jahr begleitete, war ohne positive Relevanz für mich.
Ich sollte in jeder Sitzung Bilder malen, aber ich bekam kein Feedback dazu. Sie gab mir eigentlich auch nach den Gesprächen nie ein Feedback, sie ließ mich im Regen stehen. Das Einzige, was sie mir anbot, war in ihre Gruppe für autogenes Training zu gehen. Die brachte mir aber auch nichts, außer einer saftigen Rechnung.