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5. Kapitel Flucht

Onem stand am Bug des Schiffes. Loki hatte Wort gehalten und dafür gesorgt, dass der Wind stetig von hinten blies und die Schiffe vorwärtstrieb. Dennoch ging es ihm nicht schnell genug. Darüber hinaus hatten sie auf der Rückfahrt noch reiche Beute machen können und Onem konnte es kaum erwarten, seinen Erfolg im Dorf gebührend zu feiern.

Langsam kam die Küste näher. Onem bildete sich ein, die Häuser zu sehen, die Kochfeuer zu riechen, das Kindergeschrei zu hören. Doch noch war das Dorf zu weit weg, lag vor ihm im Dunkel der Nacht. Aber er roch den Wald, das würzige Harz der Bäume. Ein untrügliches Zeichen dafür, dass sie bald anlegen würden.

Als der Mond durch die Wolken brach, sah er endlich die Umrisse des Dorfes. Wengo trat neben ihn an die Reling und nahm sein Horn, wollte Signal geben, aber Onem legte dem Krieger die Hand auf den Arm und schüttelte den Kopf.

»Nein, warte. Ich möchte sie überraschen.«

Überrascht senkte Wengo das Horn.

»Wie du willst!«

Sein neuer Anführer blieb am Bug stehen, den Blick auf das näherkommende Dorf gerichtet. Er wollte verhindern, dass Yrsa das schwarze Segel sah und etwas ahnte, bevor er das Dorf betrat.

***

Sigrid jedoch nutzte die Nacht, um außerhalb des Dorfes Kräuter zu sammeln, deren Heilkräfte sich nur im Dunkeln entfalteten. Als sie aus dem Wald kam und auf das Plateau trat, auf dem das Dorf lag, sah sie im fahlen Licht des Mondes das Boot mit dem schwarzen Segel sofort. Voll Schrecken ließ sie den Korb mit ihren Kräutern fallen. Sie hatte den Traum und die Sorgen ihrer Tochter nicht vergessen!

In fliegender Hast raffte Sigrid ihren Rock und rannte zum Haus des Jarls, wo sie Yrsa fand, die gerade ein Bündel packte.

»Du musst fliehen!«, stieß Sigrid hervor.

»Ja, ich weiß. Eldor ist mir in der Nacht erschienen, gemeinsam mit Lofn. Onem hat ihn getötet und will nun das Dorf übernehmen und mich in sein Bett holen.«

Während sie sprach, packte sie ein paar Sachen zusammen, gürtete ihr Schwert, sah sich ein letztes Mal um.

»Mutter …«

Sie wollte noch etwas sagen, aber Sigrid winkte ab.

»Ich weiß, Kind, ich weiß. Du musst los, beeil dich. Ich werde versuchen, Onem so lange aufzuhalten, wie ich kann. Ich biete ihm die Stirn, auch wenn es mich mein Leben kosten sollte. Du weißt, er ist hartnäckig, ungeduldig, das genaue Gegenteil von Eldor.«

Sie umarmte Yrsa ein letztes Mal, bevor diese, ihre Tränen unterdrückend, sich hinten aus dem Haus schlich. Wolken schoben sich wieder vor den Mond, man sah kaum die Hand vor Augen, was günstig für Yrsa war. So sah sie niemand, als sie, sich nach allen Seiten umsehend, immer nach Deckung suchend, auf die dem Meer abgewandte Seite des Dorfes zueilte. Sie sah noch einmal zurück, dann lief sie, so schnell ihre Beine sie trugen, in den Wald und tauchte im Schatten der Bäume unter.

Undorn

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