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Magdalenenheim

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Schwester Olive ließ sich die Tür zu der karg möblierten Kammer aufsperren und trat ein. Auf einer Matratze am Boden lag eine junge Frau, nackt und verängstigt. Olive rümpfte die Nase. Der Eimer, den man für die Notdurft hineingestellt hatte, war voll und roch entsprechend. Sie drehte sich um.

»Was soll das? Wann wurde der Eimer zum letzten Mal gewechselt? Los jetzt«!, herrschte sie die beiden Schwestern an, die vor der Tür standen. »Und eine Schüssel Wasser, das arme Kind muss sich waschen.« Beflissen liefen die Schwestern und erledigten die Aufträge. »Und eine Decke!« Olive beugte sich vor. »Komm her Kind, dir muss kalt sein.«

Die junge Frau setzte sich auf und nahm dankbar die Decke, die Olive ihr um die Schultern wickelte.

»Wie heißt du, Kind?«, fragte sie mit weicher Stimme.

»Constance, Mylady«, flüsterte das Mädchen.

Olive betrachtete sie. Constance schien noch sehr jung zu sein, ein wenig drall, aber mit einem hübschen Gesicht. Ihre rotblonden Haare, die mit Sicherheit sehr schön waren, wenn sie in Ordnung gebracht wurden, hingen verfilzt herunter. Der Mund, um den sich Lachfältchen zeigten, war verkniffen, die grünen Augen glanzlos. Olive lächelt sie aufmunternd an.

»Ich bin keine Mylady. Ich bin Schwester Olive. Du wirst bei uns bleiben.«

Constance zuckte zusammen, Tränen traten ihr aus den Augen.

»Bitte, ich will nicht in dieser kalten Gruft sein«, stammelte sie.

Olive setzte sich zu ihr auf die Matratze, legte den Arm um sie.

»Nein, das musst du nicht. Es ist immer nur am Anfang. Wir müssen dich zunächst von den anderen fernhalten. Wir kennen dich nicht, wissen nicht, ob du vielleicht krank bist oder Läuse hast oder gar gewalttätig bist. Wenn wir dich dann besser kennen, dann kannst du zu den anderen.«

Constance nickte.

»Heute wirst du ein Bad nehmen. Dann kommt der Arzt, er wird dich untersuchen. In zwei Wochen, wenn er nichts feststellt, kannst du zu den anderen Mädchen.«

»In zwei Wochen?« Constance brach in Tränen aus.

»Na na, nicht weinen.« Sie sah zu den Schwestern, die ihr Grinsen verbergen mussten. »Bringt sie nach dem Baden in ein anderes Zimmer. Gebt ihr ein Bett, etwas zum Anziehen und zu essen.«

Constance sah Olive dankbar an.

»Ich muss nicht in diesem Loch bleiben?«

»Ach was. Ich wüsste zu gerne, wer das so angeordnet hat. Ich habe erst heute erfahren, dass du da bist, sonst wäre ich schon früher gekommen.« Sie stand auf. »Schwester Maura, nimmst du sie bitte mit ins Bad?«

Eine der Nonnen näherte sich Constance.

»Komm mit, Kind.«

Mit einem letzten dankbaren Blick verschwand Constance. Olive wandte sich an die noch verbliebene Schwester.

»Du weißt Bescheid? Die Haare scheren, überall, wo Läuse sein können. Gründlich waschen. Dann zum Arzt.«

Die Schwester nickte und eilte fort. Olive grinste. Ihre Taktik schien wieder einmal aufzugehen. Mit ihrer scheinbaren Güte hatte sie Constance eingelullt, ihr Vertrauen erschlichen. Diese jungen Mädchen waren so naiv, so leicht zu beeinflussen.

Die O´Leary Saga

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