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Brancos Belohnung

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Sie sind zu Besuch im Seniorenheim Lindenhof, Branco und seine Mutter. Die alten Herrschaften sitzen beim Nachmittagskaffee im geräumigen Speisesaal. Branco und seine Mutter haben sich zu Oma Hilde an den Tisch gesetzt.

Oma Hilde, siebenundachtzigjährig, ist schon drei Jahre hier. Wegen ihrer Osteoporose geht sie an zwei Stöcken. Sie kann nur sehr langsam gehen. Und nun stehen die Stöcke an die Wand gelehnt.

Branco, der Zwölfjährige, langweilt sich. Er möchte etwas unternehmen, doch es will ihm nichts einfallen. Mit seinem schief sitzenden roten Basecape findet ihn seine Mutter so lausbübisch, wobei sie diesen Ausdruck meiden würde. Sie sagt jetzt immer „geil“. In amerikanischen Fernsehfilmen sehen die Kids, wie man heutzutage statt Kinder sagt, so aus.

So lümmelt Branco zunächst am Tisch herum und hört den larmoyanten Gesprächen zu. Schaut auch zu den anderen Tischen und gähnt ungeniert. Dann entschließt er sich doch, aufzustehen und die beiden Gehstöcke genauer zu betrachten. Der eine hat einen gebogenen Griff, der andere einen geraden. Beide liegen gefällig in der Hand, stellt er befriedigt fest.

Branco ist groß und schwer, für sein Alter viel zu schwer. Und schwammig. Er probiert, wie es sich mit diesen Stöcken geht. Die Mutter mahnt, er solle das doch lassen, denn das gehöre sich nicht. Und Oma Hilde sagt: „Lass die stehen, mein Junge. Sei froh, dass du keine brauchst!“ Dabei schickt sie einen Blick auf die, ihrer Meinung nach, dämliche Mütze, sagt aber nichts dazu. Sie ist froh, Besuch zu haben.

Ach, Branco ist es so langweilig. Er hört nicht auf die beiden. Er geht mit den Stöcken ein paar Meter hin und her, bis die Mutter wieder mahnt. Und wenn er das nicht unterließe, bekäme er heute keinen Döner.

Branco weiß, dass diese Drohung so gut wie nichts bedeutet. Also treibt er sein Spiel weiter.

Da er sich aber eigentlich gar nicht so gern bewegt, benutzt er nun die beiden Stöcke als Stützen. Er will ein Stück vom Boden abheben, um gegebenenfalls hin und her zu schwingen. Also stützt er sich auf, seine Köpermasse unterschätzend, und mit einem lauten kurzen Knacken bricht der waagerechte Handgriff.

Der Junge stürzt schwer auf die Fliesen. Sein Geschrei ist so laut und jämmerlich, dass sofort alle zusammenlaufen. Ein in der Nähe befindlicher Pfleger will ihm aufhelfen, doch Branco ist schwer wie ein Sack. Ein zweiter Pfleger greift zu. Der Junge wimmert nur noch, sonst ist alles still. Und in diese Stille hinein sagt Oma Hilde mit tiefer, krächzender Stimme: „Siehste, da haste de Strafe! Warum kannste nicht hörn.“

Als er durch den Tränenschleier auf Oma Hilde blickt, bemerkt er, dass die ungewöhnlich dünn ist. In seinem Kopf bildet sich rächend eine Erwiderung, die er sich aber, ahnend, dass sie augenblicklich nicht hierherpasst, verkneift. Er konserviert sie in seinem breiten Schädel. Zum Glück im Unglück befindet sich direkt neben dem Seniorenheim das Kreiskrankenhaus. Dort führt man ihn hin und er wird geröntgt und gegipst. Diagnose: Bruch des linken Handgelenks.

Hinterher gehen sie dann doch noch zum Türken. Sie setzen sich an einen der Sprelacarttische. Weil Branco heute so leiden musste, bestellt die Mutter diesmal den Superdöner und dazu eine große Cola. Natürlich! Hoffentlich kann der Arme wenigstens essen.

Die Mutter sagt: „Die Hilde hätte die Stöcke besser auf ihrem Zimmer lassen sollen, die wusste doch, dass wir kommen.“

Branco nickt heftig und sagt: „Die alte, dürre Krähe, die!“

Die Mutter entgegnet tadelnd: „Na, na, na!“ – und lächelt nachsichtig.

Doch da kommt der Wirt mit dem Superdöner und der Cola und wünscht: „Guten Appetit!“

Die Geburt der Eidechse

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