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2. Das Geheimnis des Schleppen-Gangs
ОглавлениеDie Schleppen-Übung ist primär eine Hilfe für den ersten Auftritt vor Publikum.
Stell dir vor, du hättest an den Schultern zwei lange Stangen befestigt, auf denen schwere Schleppen aufgewickelt sind. Wenn du nun nach vorne läufst, rollen sich diese Schleppen langsam ab. Und egal, ob du dich drehst oder geradeaus läufst, die Stangen und die Schleppen bleiben immer erhalten.
Du wirst feststellen, dass du durch diese einfache Übung zum einen viel langsamer und bewusster gehst, was deinem Auftritt Gewicht und Spannung verleiht. Zum anderen wird dein „Aktionsraum“ durch die Stangen und die Schleppe viel größer als sonst. Wenn du nun anfängst zu sprechen oder zu singen, wirst du automatisch intensiver und klangvoller klingen, weil dein Raumgefühl viel größer ist.
Genau das ist Sinn und Zweck dieser Übungen.
Raum-Wahrnehmungs-Übungen dienen auch dazu, unsere Stimme auf ganz natürliche Art und ohne falsche Kraft-Anstrengung lauter und tragfähiger zu machen. Denn allein die Vorstellung von der Größe eines Raumes wirkt sich direkt auf unsere Stimme aus.
Ein Beispiel: Du siehst auf der anderen Straßenseite einen Freund und willst ihm etwas zurufen. Was zwischen dem Erkennen des Freundes und dem Ruf in Sekunden abläuft, ist ein Prozess, den wir seit unserer Kindheit trainiert haben.
Das Gehirn schätzt in Sekundenschnelle die Distanz ab (z.B. zehn Meter) und gibt dem Körper das Signal, sich auf zehn Meter Distanz einzustellen. Dein gesamter Körpertonus erhöht sich – also die muskuläre Grundspannung deines Körpers. Denn das ist nötig, um die Distanz zu überbrücken. Gleichzeitig fokussierst du dich und deine Stimme auf einen Punkt – den Freund. Dadurch bündelst du unbewusst den Klang viel stärker als normalerweise. Vielleicht nimmst du sogar die Hände an den Mund, formst einen Trichter und rufst deine Botschaft auf die andere Straßenseite. All diese Vorgänge laufen völlig automatisch ab, weil sie jahrzehntelang trainiert wurden.
Was bedeutet das für dich und deine Performance?
Es bedeutet: je größer dein Raum (auch nur in deiner Vorstellung) bei Vorträgen, Reden oder beim Konzertieren ist, desto natürlicher passen sich dein Körper und deine Stimme an den Raum an. Sie werden ganz ohne Kraftanstrengung natürlich laut und tragend.
Gut, magst du nun sagen. Aber was, wenn ich mir einen großen Raum vorstelle, und dann doch wieder anfange, zu brüllen und nachher heiser bin?
Antwort 1: Stell dir den Raum nicht nur vor, sondern erfühle auch seine Größe (wie oben beschrieben).
Antwort 2: In einem großen Raum ist es wichtig, sich selbst und seine „Körpermitte“ nicht zu verlieren.