Читать книгу Wenn im Wal die Puppen tanzen - Wiebke Otto, Annedore Oligschlaeger, Alexander Otto - Страница 8
Übung macht den Puppenmeister
ОглавлениеKinder als Publikum sind nicht zu unterschätzen! Mal sitzen sie gebannt und mit offenen Mündern da. Und das, obwohl vielleicht Inhalt und Handhabung der Puppen nicht besonders gut sind. Irgendetwas am Medium „Puppe“ begeistert sie zutiefst. Und ein anderes Mal tut Kindermund unverblümt Wahrheit kund. Und so steht plötzlich jemand in der ersten Reihe auf und kräht: „Langweilig!“ Zwischen diesen beiden Polen bewegt sich das Publikum – und Kinder noch viel stärker: zwischen „Entrücktsein“ vom Spiel und unbarmherziger Kritik. Es ist immer eine Herausforderung, Kinder abzuholen, in die Geschichte zu entführen und zu begeistern. Funkelnde, dankbare Augen sind jedoch der Lohn für alle Mühe!
Doch nicht nur Kinder wollen begeistert werden. Auch Jugendliche und Erwachsene lieben es, wenn man ihnen Geschichten erzählt. Wenn es in einem Stück nicht nur um Blümchen, Luftballons und Marienkäfer geht, sondern Motorroller, Klausuren und Knebelverträge darin vorkommen, kann Puppenspiel auch für Ältere ein Spaß sein. So mancher Erwachsener spürt insgeheim das Kind in sich und lässt sich gern von Stücken für Kinder entführen. Hierzu ist aber unabdingbar, dass Puppen technisch gut gespielt werden. Ein Erwachsener verliert schnell die Lust am Zuschauen, wenn es im Spiel Dinge gibt, die ihn irritieren. Zum Beispiel, wenn die Mundbewegungen der Puppe nicht zu dem passen, was sie angeblich sagt.
Puppenspiel ist daher anspruchsvoller, als man denkt: Das Spielen einer Puppe ist wie das Spielen eines Musikinstrumentes. Ich muss mich der Handhabung des Instrumentes erst Schritt für Schritt nähern, erkunden wie man es hält und wie man es bedienen muss, um darauf Töne zu erzeugen. Wenn ich einen Ton produziere, wird es nicht gleich ein schöner sauberer sein. Aber immerhin ein Ton! Doch je häufiger ich das Instrument zur Hand nehme und darauf übe, desto schöner wird mein Ton.
Puppenspiel übt sich ebenfalls, indem man die Puppe möglichst oft zur Hand nimmt. Wenn sie nur hübsch auf dem Regal sitzt, wird das Spiel mit ihr nicht besser. Und auch, wer alles nur im Kopf durchgeht oder am Schreibtisch sitzend aufschreibt, bekommt kein Gefühl für die Handhabung der Puppe – und wird keine Einheit mit ihr. Spielerin/Spieler und Puppe sollten deshalb möglichst viel gemeinsam „erleben“. Die Puppe muss sich dabei auf der Hand befinden und „mitproben“ – so kann sich auch die Hand an die Puppe gewöhnen, die auf ihr sitzt. Und nur so lernt die Spielerin / der Spieler die Puppe als „Instrument“ kennen und übt ein, sich damit auszudrücken.
Also runter damit vom Regal, Zeit mit der Puppe verbringen und erst dann ab vors Publikum! Niemand würde sich ohne Übung mit einer Geige vor ein Publikum stellen und ihm etwas „vorgeigen“. Mit einer Puppe hingegen machen das die Leute! „So ein bisschen Puppenspiel – das kann doch nicht so schwer sein. Ist doch sicher alles ganz easy!“ Beim Puppenspiel gibt es aber vieles zu beachten. Trotzdem können wir entspannt sein! Denn in diesem Buch geht es um eine Puppenart, die relativ einfach zu erlernen ist. Gleichzeitig hat sie einen enormen Effekt und Erfolg beim Publikum. Seit Jim Henson in Sesamstraße und The Muppet Show im TV mit seinen Puppen auftauchte, ist diese Puppenart aus den Kinderprogrammen nicht mehr wegzudenken: die Klappmaulpuppe. Los geht’s: zur Puppe greifen, sie mit Neugier und Spaß beobachten, kennenlernen und die folgenden Tipps und Tricks ausprobieren!