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Angststörung mit Trennungsangst

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DER ACHTJÄHRIGE JANNIK hat sich schon als Baby ungern von seiner Mutter getrennt. Später wehrte er sich so heftig gegen die Versuche seiner Eltern, ihn in den Kindergarten zu schicken, dass diese schließlich aufgegeben haben. Seit einiger Zeit klagt er morgens vor dem Schulbesuch über Bauchschmerzen und Übelkeit. In der Mittagsbetreuung verweigert er das Essen. Jannik schläft nie allein in seinem Zimmer. Manchmal übernachtet die Mutter in seinem Bett, oder er sucht nachts das elterliche Schlafzimmer auf. Seit einiger Zeit gibt es viel Streit zwischen den Eltern. Der Vater wirft der Mutter vor, sie verhalte sich zu nachgiebig; die Mutter beschuldigt den Vater, dass er kein Verständnis für die Schwierigkeiten des sensiblen Jungen habe. Seit kurzer Zeit weigert sich Jannik auch tagsüber, alleine in einem Zimmer zu bleiben. Die Trennungsängste treten besonders in neuen, unbekannten Situationen auf oder wenn die Mutter Termine wahrnehmen muss. In einer solchen Trennungssituation äußerte Jannik kürzlich gegenüber seiner Mutter, er wolle nicht, dass sie sterbe.

Kinder mit Trennungsangst äußern eine überwältigende Angst davor, eine wichtige Person zu verlieren. Sie äußern die Befürchtung, dieser Person könne etwas Schlimmes zustoßen, ein Elternteil könne auf der Fahrt zur Arbeit verunglücken oder es könne sonst etwas Schreckliches geschehen, sodass sie ihre Bezugsperson nie wiedersehen würden. Manche Kinder äußern die Befürchtung, sie könnten selbst gekidnappt werden oder verloren gehen. Sie weigern sich nicht selten, in den Kindergarten oder in die Schule zu gehen. Andere Kinder sind nicht bereit, tagsüber auch nur kurze Zeit einmal allein zu Hause zu bleiben, abends ohne die Nähe der Bezugsperson einzuschlafen oder überhaupt im eigenen Bett zu schlafen. Eltern berichten über langwierige Zubettgehsituationen, das Schlafen des Kindes im elterlichen Bett und das Fehlen altersentsprechender Erfahrungen mit Übernachtungen bei Freunden. Wenn eine Trennung von der Hauptbezugsperson bevorsteht, klagen die Kinder oft über körperliche Symptome wie Herzklopfen, Schwindelgefühle, Kopfschmerzen, Bauchschmerzen und Übelkeit.

Störungen mit Trennungsangst haben unter den Angststörungen im Kindes- und Jugendalter den frühesten Beginn. Ein Drittel der betroffenen Kinder zeigen sich oft traurig und lustlos, ein Fünftel von ihnen weist gleichzeitig eine Aufmerksamkeitsdefizit-Hyperaktivitätsstörung oder eine Störung mit oppositionellem Trotzverhalten auf. Etwa 10 % der betroffenen Kinder fangen wieder an einzunässen. Die Ängste können bis ins Erwachsenenalter bestehen bleiben, wo sie meist als Panikstörung oder als Agoraphobie in Erscheinung treten.

Ängste von Kindern und Jugendlichen – Das Elternbuch

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