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3. kapitel

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Das Gastspiel der Hölle war kurz und blutig. An der Kreuzung flammten Brände auf. Fahrzeuge kippten in Zeitlupe um. Schwarze Fetzen flogen durch die Luft. Wieblich, dessen Maschinengewehr noch nicht hämmerte, schlug sich vor Freude auf die Schenkel und lachte.

Aus dem brennenden, berstenden Durcheinander löste sich ein Sherman-Panzer und kroch Klausens Tiger entgegen. Der Obersturmführer hatte ihn im Visier. Eine Sekunde zu spät. Vor seinen Augen flimmerten plötzlich tausend Sterne. Werner Eckstadt bekam keine Luft mehr. Der Treffer krachte auf der Außenhaut des Panzers. Gleich mußte der nächste Einschlag kommen!

Ein anderer Tiger erledigte den Sherman.

„Könnt euren zweiten Geburtstag feiern“, sagte Klausen und ließ den Turm vorsichtig schwenken. Es war nichts verbogen. Die Panzerung war stärker gewesen als das Feindgeschoß.

Zug um Zug schob sich Klausen mit seinem stählernen Vernichtungskasten an die Kreuzung heran. Vier links und rechts von ihm stehende Tiger gaben ihm Feuerschutz. Ihre Granaten pfiffen über den vorrollenden Tiger. Aber es war nicht mehr nötig. An der Kreuzung war aufgeräumt.

Der Tod hatte aufgeräumt …

Sie hielten mitten in dem brennenden Trümmerhaufen. Die amerikanischen Fahrzeuge, die noch nicht in Brand geschossen waren, hatten in wilder Panik abgedreht. Von vorne nach hinten drängende und von hinten nach vorne schiebende Kolonnen prallten zusammen.

Auf dem Feld sammelten sich die verstreuten GIs, ein Haufen von vielleicht zweihundert Mann. Sie hatten rauchgeschwärzte Gesichter, in die das Blut kleine Gassen bahnte. Sie hielten die Hände in die Luft und starrten entsetzt auf die näherkommenden deutschen Panzer.

„Wo sind wir eigentlich?“ fragte Saalbeck.

Der Obersturmführer hatte etwas ganz anderes im Auge: das Fahrzeug da drüben mit den brennenden Reifen … das war ein Tankwagen?

„Halts Maul jetzt“, erwiderte Klausen. „Irgendwo nordwestlich von Malmedy.“

So fiel zwischen ihnen der Name Malmedy zum erstenmal ganz beiläufig. Werner Eckstadt dachte: Malmedy? Nie gehört! Er hatte Zeit zum Denken. Er hatte nichts zu tun, nichts zu sehen. Nur die brennenden Kartuschen spürte er im Kreuz. Ach ja, Eupen-Malmedy … er erinnerte sich ungenau an ein Kapitel aus der Geschichte. Versailler Vertrag. Er wußte noch nicht, daß der Name Malmedy seine eigene Geschichte werden würde …

„Los, eh’ es zu spät ist!“ sagte Obersturmführer Klausen. Er machte den Deckel auf. Sein Panzer rollte dicht an den schmorenden Tankwagen heran. Um die Amis, die ihre Hände über den Kopf legten, kümmerte er sich nicht.

Wieblich rief zwei GIs heran.

„Los, löscht die Reifen!“ brüllte er sie an. Sie standen wie angewurzelt und lachten mit weißen Zähnen. Da sprang Wieblich schon vom Panzer und trat einen von ihnen in den Hintern.

Sie kapierten mit Angst in den schrägen Augen, rissen sich die Uniformblusen herunter und schlugen damit auf die brennenden Reifen ein.

Jeden Augenblick konnte, mußte der Tankwagen in die Luft fliegen. Aber die amerikanischen Soldaten hatten keine Zeit zu überlegen, ob es besser wäre, zu explodieren oder unter den Kugeln eines SS-Mannes zu sterben …

Sie erstickten das Feuer. Der Panzer rumpelte noch näher, saugte sich mit Benzin voll.

Die nächsten Fahrzeuge rollten heran. Der Vormarsch konnte weitergehen!

Obersturmführer Klausen fuhr dicht an den Amis vorbei.

„Nach hinten!“ brüllte er und gab ihnen gleichzeitig ein Zeichen mit dem Daumen.

Die GIs nickten. Sie schienen es verstanden zu haben. Klausen war es wurscht. Er hatte keine Zeit zu verlieren. Er mußte weiter. Sollte sich das Gros mit den Kriegsgefangenen abgeben. Hinter ihm traten ja SS- und Heeresdivisionen im breiten Strom zum Angriff an.

Nach zehn Minuten brüllte Saalbeck plötzlich: Die roten Warnlampen leuchteten auf.

„Der Ofen brennt!“ schrie der Panzerfahrer.

Klausen drückte automatisch auf den Feuerlöscher.

„Scheiße!“ sagte er.

Da bekam er schon die Meldung von den anderen Tigern seiner Einheit, daß ihre Motoren ebenfalls brannten. Sie hatten alle aus der gleichen, trüben Quelle Benzin getankt.

„Scheiße!“ wiederholte der Obersturmführer noch einmal.

„Aus“, erwiderte Wieblich.

„Quatsch“, fuhr ihn Klausen an. „Das ist bloß der Sprit. Diese Scheißkerle haben uns Flugbenzin vererbt … Da gibt’s nur eins: Feuerlöscher einschalten und weiterfahren! Hören Sie, Eckstadt, jetzt können Sie sich auch mal nützlich machen. Sie halten diesen Knopf hier fest.“

In den Minuten und Viertelstunden, die über das weitere Schicksal Werner Eckstadts entschieden, drückte er nur einen Feuerlöschknopf.

Das war sein ganzes Verbrechen. Wofür man ihn, schon sehr bald, zur Verantwortung ziehen würde … das war etwas ganz anderes, etwas Fürchterliches, etwas Unbeschreibliches … etwas Hundsgemeines. Und es spielte sich jetzt, zu dieser Stunde, drei, vier Kilometer hinter ihm ab.

Genau an der Straßenkreuzung, die die Panzer des Obersturmführers Klausen nach kurzem Gefecht genommen hatten …

Das Gros hatte aufgeschlossen. Mit Panzern, mit Panzerspähwagen, mit Schützenpanzerwagen, mit aufgesessenen Panzergrenadieren. Es war eine SS-Einheit, eine von vielen. Es waren Männer, die deutsche Uniformen trugen, und die wie Menschen aussahen. Aber es waren keine Menschen.

Es waren Mörder, feige, hinterhältige Mörder. Und die meisten von ihnen sind heute noch unter uns. Völlig unbehelligt, denn man kennt sie nicht. Andere, Unschuldige, büßten für sie. Wie der Gefreite Eckstadt, der nur den Druckknopf des Feuerlöschers bediente …

Die etwa zweihundert Amis hatten sich nach dem Überfall an der Straßenkreuzung erst einmal Zeit gelassen. Einige von ihnen versuchten, aus den umgestürzten, ausgebrannten Fahrzeugen noch ihre Habseligkeiten zu retten.

Da fuhren neue Granaten unter sie, rissen sie auseinander, dezimierten sie, schleuderten ihre zerfetzten Reste gegen die Bäume.

Das Gros sprach das Ziel zunächst völlig korrekt als Feind an. Es wußte ja nicht, daß diese Gruppe geschlagener, entsetzter Amis sich bereits ergeben hatte. Soweit kam die Sache auf das Konto des Krieges und nicht auf das Konto des Verbrechens … soweit ein Krieg kein Verbrechen sein kann.

Dann aber geschah es. Etwa einhundert Amis lebten noch und hoben ihre Hände den Schützenpanzerwagen entgegen. Die Männer, die auf sie zukamen, hatten Hitlers germanische SS-Runen an den Kragenspiegeln.

Eine heisere, hysterische Stimme brüllte:

„Schlagt sie tot, die Hunde!“

Oder waren es mehrere Stimmen? Niemand wußte das hinterher noch genau. Aber niemand leugnete auch später, daß dieser Ruf gefallen war.

Maschinengewehre rauschten auf. Pistolen krachten trocken … Ein hundertfältiger Schrei stieg gegen den Himmel. Ein amerikanischer Schrei.

„No! … No! … Comrades! Don’t do that!“ Nein, nein, Kameraden, tut das nicht!

In ihrer Todesangst nannten die gefangenen Amis ihre Mörder Kameraden.

Das Massaker hatte begonnen …

Das Gemetzel an der Straßenkreuzung von Malmedy war ebenso kurz wie fürchterlich.

Unter den ermordeten amerikanischen Soldaten waren welche, die es einfach nicht begriffen, was mit ihnen geschehen sollte. Mit ausgestreckten Händen liefen sie auf ihre Mörder zu. Aber ein Feuerstoß aus der Maschinenpistole ließ sie in den Hüften abknacken. Diese Männer hatten es noch am leichtesten …

Ein Oberscharführer verband das Nützliche mit dem Angenehmen, mit dem wenigstens, was er, der geborene, vertierte Mörder, als angenehm empfand. Er trieb eine Gruppe von Amerikanern zusammen, stellte sie mit dem Rücken zur Straße und rief ein paar Leute seines Zuges herbei.

„Los! Zeigt, was ihr könnt! Zwanzig Schritte Abstand! Genick ist ’ne Zwölf, Schulterblatt ’ne Elf, Arsch ’ne Zehn! … Daß mir keiner ’ne Fahrkarte schießt!“

Drei seiner Totschläger schossen die Amerikaner nur ins Gesäß. Zwei, weil die Amis ihnen leid taten. Einer, weil es ihm Spaß machte.

„Ich schieß’ ’ne Zehn lieber“, grinste er seinen Oberscharführer an …

Und diese Männer, diese Mörder, waren Deutsche, redeten in der Sprache Goethes, hatten Frauen zu Hause oder Kinder, hatten Mütter, die um sie zitterten und die von ihrer armseligen Ration noch etwas absparten, um es ihnen ins Feld zu schicken. Sie hatten als Kinder gebetet, sie waren zur ersten Kommunion gegangen, sie waren konfirmiert worden, sie hatten vielleicht einmal geweint, weil ein Lastauto einer Katze den Schwanz abgefahren hatte. Und jetzt? Was hatte sie soweit gebracht? Wie teuflisch mußte ein System sein, das aus ihnen die gemeinsten Mörder machte, die die Welt je hervorgebracht hat!

Es ging weiter.

Es ging unbeschreiblich weiter.

Ein Panzerkommandant war zu faul zum Schießen. Er rollte auf die Amis zu. Mit verzerrten Gesichtern, kreidebleich, mit taumeligen Schritten sprangen sie ihm aus dem Weg. Da rief der Kommandant einen zweiten Panzer zur Unterstützung herbei. Was die beiden an menschlicher Beute nicht zermantschen konnten, erledigten dann die SS-Grenadiere, sozusagen als Balljungen.

Ein amerikanischer Sergeant stand hochaufgerichtet vor den beiden Panzern. Um seinen Mund spielte ein kaltes, melancholisches Lächeln. Er hielt die Hände über sich, steil mit den Handflächen nach vorne. Er sah aus wie ein Symbol aller Gefangenen aller Kriege …

„It is not very clever, what you do“, sagte er laut und mit fester Stimme: Das ist nicht sehr klug, was ihr da tut …

Die beiden Panzer nahmen ihn zwischen ihre Flanken in die Mitte.

„This might cause you a lot of troubles!“ rief der Amerikaner: Das wird euch einen Haufen Ärger machen!

Er lächelte immer noch. Er begriff, was ihm bevorstand. Er schien keine Angst zu haben. Etwas in ihm war stärker als der Tod. Das Bewußtsein vielleicht, daß seine Henker Verbrecher waren, daß sie es büßen würden … Das Bewußtsein vielleicht, daß es in seinem Land keine solchen Bestien gab … oder wenigstens, daß dieses Land, die Vereinigten Staaten von Amerika, diese Bestien in die Gaskammern steckte, statt in Uniform …

Die beiden Panzerkommandanten waren bereits gut aufeinander eingespielt. Der eine gab auf der linken Kette Gas, der andere auf der rechten. Die schweren Panzer rumpelten zusammen. Metall knirschte, und Knochen splitterten. Als die Panzer weiterrollten, fielen Fleischbrocken von ihren Ketten ab.

Nur ein paar Amis rannten um ihr Leben. Ein SS-Sturmmann riß die Maschinenpistole hoch.

„Sie Sack!“ schrie ein SS-Obersturmführer mit zornrotem Gesicht. „Erst ab hundert Meter Feuer frei!“

Die Fliehenden wurden mit sauber gezielten Feuerstößen aus den Maschinengewehren umgelegt.

„So was muß man waidgerecht machen“, sagte der Obersturmführer hinterher versöhnlich zu dem SS-Mann, „Sie haben aber auch gar keinen Sportsgeist.“

Zum Schluß wurde ein Genickschußkommando zusammengestellt. Es sollte keine Zeugen geben. Man wollte sichergehen, daß kein Ami mehr sprechen konnte. Wo noch ein Körper zuckte, beugte sich rasch ein Unterscharführer oder ein SS-Mann herunter. Dann knallte ein Pistolenschuß dünnlich und arm. Dann war wieder ein Mensch endgültig gestorben. Für die Henker war das nichts mehr, gemessen an dem Feuerzauber von eben.

Nur eines vergaß das Genickschußkommando: Es hätte auch die umgestürzten Wagen untersuchen sollen.

Knapp ein Dutzend amerikanischer Soldaten hatte sich hier verborgen. Die GIs bissen die Zähne aufeinander, weil die halbausgebrannten Wagen noch weiter glühten und ihnen Brandwunden auf die Haut malten. Sie fühlten sie kaum mehr. Zwischen dem verbogenen Metall starrten sie mit tränenden Augen auf die grausige Szene. Es war nicht nur der Rauch, der ihre Augen tränen ließ …

Das Genickschußkommando hätte auch den angrenzenden Wald untersuchen sollen. In ihm standen ein paar belgische Bauern, ein paar Holzfäller, ein paar Landarbeiter, die alle schwiegen.

Nur die älteren hatten die Hände gefaltet.

Die jüngeren spuckten aus …

Ewig kann man einen Panzer nicht mit pumpendem Feuerlöscher fahren. Einmal geht der Vorrat zu Ende, und dann ist’s Matthäi am Letzten …

Obersturmführer Klausen wußte das und legte Pausen ein. Pausen, in denen der Motor abkühlte, in denen sie eine Zigarette rauchten.

„Wir kommen nicht mehr weit“, sagte Saalbeck, „wir müssen sehen, daß wir anderen Sprit bekommen.“

Der Obersturmführer antwortete nicht. Er sah auf die Karte. Es war ihm ganz lieb, daß es jetzt notgedrungen etwas langsamer voranging. Vielleicht würde das Gros bald aufschließen. Dann war er nicht mehr allein. Nicht mehr allein mit seinen Panzern und nicht mehr allein mit der Verantwortung …

Obersturmführer Klausen war der Typ des gläubigen SS-Offiziers. Männer wie er bewiesen, daß es selbst bei Hitlers Leibgarde anständige Menschen gab. Er kannte natürlich die Auswüchse des Nationalsozialismus. Aber er dachte schlicht und falsch, daß es keine große Sache ohne Auswüchse geben könnte. Wahrscheinlich hätte das Massaker ein paar Kilometer hinter ihm seine Weltanschauung ein für allemal vernichtet. Aber er sah es nicht.

Klausen musterte mißtrauisch durch das Glas das vor seiner Einheit liegende, verschneite Weidegelände. Lauter Hecken, Gestrüpp und verwachsenes Zeug. Saalbeck erriet die Gedanken seines Kommandanten.

„Schön für die Infanterie“, bemerkte er, „Scheiße für die Panzer!“

„Weiß der Teufel“, brummte Klausen herzlich. „Na“, sagte er dann, „bleibt uns nichts anderes übrig. Da fahren wir noch ’rüber. Irgendwo kommt da ’ne Straße. Da setzen wir uns erst mal fest …“

Sie stiegen wieder ein. Der Motor spuckte.

„Der Fusel schmeckt ihm nicht“, meinte Wieblich.

Eckstadt drückte gleichmütig auf den Feuerlöscher. Er hatte einen Krampf im Daumen und wechselte den Finger. Sie hatten zu spät darauf geachtet, daß die niedrig treibende Wolkendecke plötzlich auseinanderriß. Sie sahen es erst, als der Doppelrumpf einer „Lightning“ von hinten über sie hinwegfegte. Sie fühlten den Schatten förmlich in ihrem Rücken wie ein Hase den Flügelschlag eines Adlers über sich.

„Kehrt!“ befahl Klausen gepreßt.

Der Panzer schwenkte schwerfällig, aufheulend um seine eigene Achse. Aber da schwirrten gleich drei „Lightnings“ auf einmal heran.

Wieblich, Saalbeck und Klausen sahen schmutzige Pilze aus der Erde wachsen. Eckstadt und der Munitionsschütze sahen nichts. Gar nichts. Ich möchte ’raus, dachte Eckstadt verkrampft. Er fühlte die schmierige Nässe auf seinem Rücken.

Klausen ließ es bei der einen Wendung. Der Panzer holperte schwerfällig in den Wald zurück. Die anderen Tiger folgten ihm. Und die „Lightnings“ kamen noch tiefer, noch schneller, noch fetzender, noch tödlicher …

Als der Obersturmführer die Augen wieder aufriß, surrten die Splitter in der Luft, klatschten gegen die Wände seines Tigers. Dann sah er die anderen Panzer brennen, dann seinen, einen vierten, einen fünften.

Die Turmdeckel öffneten sich.

Der dritte Tiger ging zuerst hoch. Er stieg einfach in die Luft, völlig zusammen und kompakt. Ein paar Meter über der Erde zerplatzte er. In der Mitte stand eine orangene Feuerkugel.

„Arme Hunde“, knirschte Klausen. Dann riß er seinen Deckel auf.

„Los, Wieblich“, brüllte er, „Fliegerabwehr!“

Der Schütze schwenkte das MG hoch. Er fühlte den Rückstoß auf seiner Schulter, sah die herabregnenden Bomben, die auf ihn zukommenden Geschosse der Bordkanonen. Wieblich ließ sich einfach zurückfallen.

Wie von einem Dampfhammer getroffen flog der Deckel wieder zu. Klausen brüllte auf. Der Schrei ging im Rasseln der Splitter, in den Aufschlägen der Bordgeschosse unter.

Eckstadt übergab sich. Er sah, daß Klausen mit zerquetschtem Ellbogen kraftlos am Deckel hing. Sein übriger Körper war draußen geblieben.

„’raus“, brüllte Wieblich als erster, „wir brennen!“

Eckstadt sah nichts mehr. Dicke, gelbliche Schwaden hüllten alles ein. Von hinten, vom Motor schlug ihnen eine glühende Welle entgegen.

„’raus … ’raus … ’raus …!“ schrie Wieblich.

Mit einem schweren Brecheisen hantierten sie am Deckel. Genau an der Stelle, an der der Knochenbrei des Obersturmführers klebte. Wenn überhaupt noch etwas Spielraum zwischen dem verklemmten Deckel und dem Turm bestand, dann hier.

Endlich gab das Luk nach.

Jetzt erst bemerkten sie, daß der Tiger im Kreise auf einer Kette rollte.

In dieser Sekunde kamen die „Lightnings“ zum drittenmal heran. Wieblich ließ sich nach draußen fallen. Mit affenartigen Sprüngen kam er um den Panzer herum und lief, den toten Winkel ausnützend, vor ihm her.

Eckstadt blieb liegen, wo er hinfiel. Er schloß die Augen. Der Orkan raste über ihn hinweg.

Nur Saalbeck ließ sich noch einmal in den Turm plumpsen.

Die Bombe detonierte unmittelbar an Backbord des Tigers. Der Stahlkasten hob sich langsam und flog nach links. Er stand in hellen Flammen.

„Mensch, hau ab“, brüllte Wieblich und rannte an Werner Eckstadt vorbei auf das nächste Gestrüpp zu.

Saalbeck kroch aus dem umgefallenen Panzer. Ein Wunder, daß er noch lebte. Er sah aus wie gebadet. Benzin war über ihn gelaufen. Seine Füße brannten. Er schrie laut und unartikuliert und wälzte sich auf der Erde. Das Feuer züngelte an ihm hoch.

„Hilf mir! Hilf mir!“ brüllte er zu Eckstadt.

Werner lief auf ihn zu. Er warf ihn um, kratzte Schnee zusammen, schleuderte ihn auf Saalbeck.

Da kamen die „Lightnings“ zum viertenmal.

Eckstadt warf sich neben die brennende Fackel, neben den flammenden Saalbeck. Jetzt schossen die Flugzeuge nur noch mit Kanonen. Sie hatten keine Bomben mehr.

Als Eckstadt den Kopf hob, sah er zehn Meter vor sich das verzerrte Gesicht des Obersturmführers Klausen. Er bat nicht, er wimmerte nicht. Er versuchte, sich mit unglaublicher Kraftanstrengung aus dem Tiger zu wälzen. Sein Gesicht war ganz schwarz.

Werner wollte aufspringen, um ihm zu helfen.

Da passierte es. Der Luftdruck schmiß ihn nach hinten. Er überschlug sich ein paarmal und blieb liegen. Er riß die Augen auf, fühlte seinen Körper ab, Stück um Stück. Es war ihm nichts passiert.

Aber der Tiger detonierte endgültig. Werner kroch zurück zu Saalbeck. Der Panzerfahrer war zu einer kleinen, scheußlichen Puppe zusammengeschmort. Von Klausen konnte man nichts mehr sehen.

Wie betäubt kroch Werner zu Wieblich in das Gestrüpp.

Als die Maschinen endgültig verschwunden waren, suchten die beiden den Rest der Panzerkolonne ab. Sie fanden fünf ausgebrannte Wracks, elf Tote. Die anderen zehn waren so gründlich zerfetzt, verbrannt und zerrissen worden, daß nichts mehr von ihnen übrigblieb.

Die drei unbeschädigten Panzer waren verschwunden.

„Um so besser“, bemerkte Wieblich.

„Wieso?“ fragte Eckstadt.

„Na“, erwiderte der Panzerschütze, der aus der „Lötlampendivision“ hervorgegangen war, „jetzt können wir uns wenigstens nach hinten verpissen.“

Malmedy - Das Recht des Siegers

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