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VOM INTERPRETIEREN UND VEREDELN

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DER DRUCK AUF DEN AUSLÖSER IST NUR DER ANFANG

Es ist mir nicht möglich, die tiefere Bedeutung von Bildern in Worte zu fassen. Einige meiner Freunde sind dazu in der Lage, auf sehr mystischen Ebenen. Ich sage lieber: Wenn ich etwas sehr tief empfinde, dann mache ich ein Foto, und dieses Foto entspricht dem, was ich gesehen und empfunden habe …

ANSEL ADAMS

Im Zeitalter der Digitalfotografie spielt die Bearbeitung des Bildes nach der eigentlichen Belichtung eine wesentliche Rolle. Zu analogen Zeiten war es eine Herausforderung, genügend Details in den hellsten und dunkelsten Bildteilen aufzuzeichnen. Heutzutage gibt uns Bildbearbeitungssoftware eine große Bandbreite an Werkzeugen an die Hand, mit denen wir unsere Arbeit interpretieren und in ein Kunstwerk verwandeln können. Die Bilder, die aus digitalen Spiegelreflexkameras kommen, enthalten normalerweise sehr viel mehr Informationen in den hellen und dunklen Tonwerten, wirken aber oft zu flach. Ganz gleich, ob Sie Film verwenden oder Digitaltechnik: Die unbearbeiteten Ergebnisse sind weder »Realität« noch repräsentativ für den extremen Tonwertumfang, den das menschliche Auge wahrzunehmen vermag. Hinzu kommt, dass die unveränderte Aufnahme wahrscheinlich wenig emotionalen Bezug aufweist zu dem, was – wie Ansel es formuliert hat – der Fotograf im jeweiligen Moment gesehen und gefühlt hat.

Die Digitalfotografie bringt den Vorteil mit sich, dass unsere Bilder mutmaßlich eine größere Detailfülle aufweisen, was unsere kreativen Möglichkeiten erweitert. Der Nachteil besteht darin, dass man bei digitalen Aufnahmen oft ein bisschen nachhelfen muss, um sie zum Leben zu erwecken – damit sie das repräsentieren, was wir gesehen und erlebt haben.

Die Software, die Sie verwenden, sollte Ihnen Kontrolle über Ihre Bilder geben. Adobe Lightroom ist eine erstklassige Bildverwaltung und enthält darüber hinaus jede Menge mächtige, benutzerfreundliche Werkzeuge für die Bildbearbeitung. Vielen Fotografen reicht dieses Programm für sämtliche Zwecke vollkommen aus. Ich selbst nutze eine Kombination aus Lightroom und Photoshop, abhängig davon, was für jedes einzelne Bild notwendig ist.

Das Foto der Lupinen ist hinter meinem Haus entstanden. In der Nacht zuvor hatte es geregnet, und nun kam die Sonne gerade über den Berghang. Ich neigte mein 90-mm-Tilt-Shift-Objektiv nach vorn, um über den gesamten Bildbereich hinweg Schärfe zu erzielen. In Photoshop bearbeitete ich das Bild mithilfe von Einstellungsebenen und dem Werkzeug Auswahl > Farbbereich. Der wesentliche Effekt der Ebenen ist in diesem Fall die deutlichere Trennung der Tonwerte, vor allem in den Schatten. Die Schwärzen waren zu hell in der Raw-Datei, also habe ich sie abgedunkelt, dabei aber die deutlichen Abstufungen in den dunklen Tonwerten beibehalten.

Die Lichtstimmung zeichnete sich vor allem durch die funkelnden Glanzlichter in den Blüten und Gräsern aus. Um diese Wirkung zu konservieren, zog ich die Gradationskurve in den Lichtern so weit an, dass die hellsten Töne so hell wie möglich waren, ohne Zeichnung zu verlieren. In sehr kontrastreichen Szenen wie dieser ist das eine Gratwanderung: Ich wollte die Helligkeit der sonnenbeschienenen Blüten erhalten, ohne dass die Schatten zuliefen. Ich entschied mich dafür, die Blüten im Schatten herauszuarbeiten – sie sollten genauso leuchten wie diejenigen im Gegenlicht.

Den in voller Blüte stehenden Birnbaum auf der folgenden Seite habe ich als High-Key-Aufnahme ausgearbeitet. In der Raw-Datei sind der Baumstamm und die Äste beinahe Silhouetten, aber das war mir zu dunkel für die Stimmung, die ich erzielen wollte. In Lightroom hellte ich die Tiefen auf und hob auch die Tonwerte in ihrer Gesamtheit an, um das strahlende Licht wiederzugeben, das ich gesehen hatte.

Angesichts all der Werkzeuge, die uns heute für die Bildbearbeitung zur Verfügung stehen, bleiben kaum noch Ausreden, nicht in die digitale Dunkelkammer abzutauchen. Wenn Sie mit Photoshop arbeiten und gegenwärtig noch keine Master-Dateien Ihrer Lieblingsbilder haben, d. h. komplett mit den einzelnen Ebenen, die all Ihre Anpassungen enthalten, dann lassen Sie sich einen der größten Vorteile entgehen, den die Digitalfotografie mit sich bringt. Ansel nannte seine Negative oft die Notenblätter, seine Ausbelichtungen die Aufführungen. Ihre digitale Aufnahme trägt alle Noten Ihres Bildes in sich. In der digitalen Dunkelkammer ist es dann an Ihnen, diese Noten in Töne zu verwandeln und zum Klingen zu bringen – damit es ein großartiges Konzert wird!

Die Essenz der Landschaftsfotografie

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