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1 Aufbau und Eigenart dieses Buchs

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Kann man mit philosophischen Mitteln viel Sinnvolles über die Religion aussagen? Eine solche Frage ist zunächst nur ein unscharfes Frageprovisorium: Erst einmal müsste klar sein, was genau das Wort „Religion“ bedeutet, und außerdem müsste klar sein, was es denn heißen könnte, philosophisch etwas Sinnvolles über die Religion(-en) zu sagen.

Teil 2: Was tun Religionsphilosophen?

Teil 2 dieses Buches macht dementsprechend zunächst einen Vorschlag, was man unter Religion verstehen könnte und welche Aspekte an Religionen für die Philosophie besonders relevant sind. Außerdem werden grundlegende Termini (wie „Theismus“, „Atheismus“, „Offenbarung“ und andere) geklärt, die in den späteren Analysen benutzt werden. Als die wesentliche Frage der Religionsphilosophie wird herausgearbeitet, ob religiöse Überzeugungen vernünftig vertretbar sind.

Teile 3 und 4: Was spricht für, was gegen religiöse Überzeugungen?

Das wirft die Frage auf, welche Argumente für oder gegen deren vernünftige Vertretbarkeit es gibt. Teil 3 untersucht daher zehn verschiedene Typen von Argumenten, die man für die Vernünftigkeit religiöser Überzeugungen vorbringen kann, und konfrontiert sie jeweils auch mit Einwänden, die gegen diese Argumente sprechen. In ähnlicher Weise analysiert Teil 4 fünf verschiedene Typen religionskritischer Argumente.

Teil 5: Religion als Teil der Weltanschauung

Fazit der Teile 3 und 4 ist auf den ersten Blick eine Art argumentative Pattstellung, auf den zweiten Blick aber auch die Bestärkung der Einsicht, dass Religionen zumindest grundsätzlich ein Gegenstand vernünftiger Rechtfertigung und argumentativer Begründung sein können. Von wissenschaftlichen Argumenten und Begründungen scheinen sich Argumente und Begründungen für Religionen dabei in manchen Punkten zu unterscheiden (etwa ist der Konsens über die Stichhaltigkeit von Begründungen hier schwerer herstellbar). Es bestehen aber durchaus auch Ähnlichkeiten (z.B. erheben religiöse Menschen ähnlich wie Wissenschaftler den Anspruch, Erklärungen für bestimmte Sachverhalte zu geben, widersprüchliche religiöse Überzeugungen werden als ähnlich problematisch empfunden wie widersprüchliche Theorien, und von religiösen Überzeugungen ebenso wie von wissenschaftlichen Theoriensystemen wird gesagt, dass sie sich im Leben in irgendeinem Sinne „bewähren“ sollen). Das legt nahe, den rationalen – d.h. vernunftmäßig rekonstruierbaren – Strukturen innerhalb von Religionen nachzugehen. Teil 5 des Buches schlägt daher vor, Religionen als Teil jenes umfassenderen Überzeugungssystems von Menschen zu betrachten, das man „Weltanschauung“ nennen kann. Zur Weltanschauung in diesem Sinne gehören aber nicht nur religiöse (oder areligiöse) Überzeugungen, sondern auch die selbstverständlichen Grundannahmen und Voraussetzungen, die unsere Alltagsvernunft über die Welt macht, und die auch den einbettenden Rahmen für unsere wissenschaftlichen Überzeugungen und Theorien bilden. Es wird argumentiert, dass diese weltanschaulichen Überzeugungen nicht beliebig und subjektiv, sondern ein tragender Teil unserer Wirklichkeitserkenntnis sind, und dass es durchaus Kriterien für mehr oder minder tragfähige weltanschauliche Überzeugungssysteme gibt. Wenn man diesen letzten Punkt akzeptiert, dann lässt sich zeigen, dass manche religiöse Überzeugungssysteme tragfähige Weltanschauungen darstellen, die viele unserer Erfahrungsgegebenheiten befriedigend einordnen können und daher durchaus vernünftig vertretbar sind. Dennoch ist von Argumenten in diesem Bereich nicht zu erwarten, dass man damit Andersdenkende leicht überzeugen können wird. Der Leser muss also selbst entscheiden.

Zur Eigenart dieses Buches

Wer die einschlägige Literatur schon ein wenig kennt, wird zwei Eigenarten dieses Buches bemerken. Rein quantitativ fällt auf, dass die Darstellungen der religionskritischen Argumente insgesamt kürzer ausfallen als die der pro-religiösen. Das liegt zum einen daran, dass sie in der Ideengeschichte insgesamt wirklich weniger komplex und ausgefeilt formuliert wurden und damit weniger Erläuterungsaufwand verlangen. (Über ihre Stichhaltigkeit und erst recht ihre Geschichtsmächtigkeit ist damit natürlich nichts präjudiziert!) Demgegenüber ist gerade in der analytischen Philosophie der letzten Jahrzehnte eine starke Renaissance von hochkomplexen pro-religiösen Argumenten zu bemerken, deren angemessene Kenntnis heute zur philosophischen Allgemeinbildung gehören sollte. Eine etwas ausführlichere Darlegung solcher Argumente empfiehlt sich aber zum anderen auch deshalb, weil die Ausgangsvermutungen eines Großteils der Leserschaft heute wohl eher dahin tendieren mögen, dass religiöse Überzeugungen irgendwie unvernünftig oder zumindest keine Sache rationaler Argumentation sein dürften. Da das Philosophieren aber auch vermeintliche Selbstverständlichkeiten in Frage stellen soll, konnte der Darstellung und kritischen Diskussion von Argumenten für die Vernünftigkeit religiöser Überzeugungen guten Gewissens etwas mehr Platz eingeräumt werden.

Die zweite Eigenart betrifft die Art der Darstellung. Getreu dem Konzept der WBG-Reihe Einführungen Philosophie (und im Unterschied fast zur gesamten deutschsprachigen Einführungsliteratur) wurde kein philosophiegeschichtlicher oder autorenzentrierter Zugang zur Religionsphilosophie gewählt, sondern ein systematisch-philosophischer. Es wurde also nach möglichen Argumenten Ausschau gehalten und die Frage, wer sie wann in welcher Formulierung vertreten haben mag, weitgehend beiseite gelassen. Ausnahmen wurden dort gemacht, wo manche Argumente derart eng mit bestimmten Autoren verknüpft sind, dass ein Verschweigen unverantwortlich wäre. Wer aber nach umfassenderen Darstellungen des religionsphilosophischen Denkens einzelner Autoren oder ganzer Epochen sucht, der sei auf die Literaturangaben verwiesen.

Statt Binnen-I’s und anderer ästhetisch umstrittener Techniken des Gender Mainstreaming sei hiermit ausdrücklich und bewusst vorausgeschickt, dass mit „Autoren“, „Philosophen“ etc. auch Autorinnen, Philosophinnen etc. jeweils mitgemeint sind.

Gedankt sei Niko Strobach und Dieter Schönecker für die kritische Gegenlesung der 1. Auflage sowie Otto Muck, Edgar Morscher, Geo Siegwart, Hans Brandl (und anderen Rezensenten), außerdem Christoph Jäger, Christian Tapp, Ronald Weinberger, Rainer Steltzer, Jörg Aichner, Walter Werth und etlichen anderen Kollegen und Studierenden für zahlreiche Hinweise und Fehlermeldungen, die in die 2. und nunmehr 3. (erneut überarbeitete und erweiterte) Auflage eingeflossen sind.

Diese Einführung hat in ihren Vorauflagen erfreuliche Aufnahme am Buchmarkt und in der deutschsprachigen Religionsphilosophie und Theologie gefunden; für die vorliegende dritte Auflage wurde der Text an vielen Stellen überarbeitet und um einige Abschnitte (etwa zu den Argumenten aus dem religiösen Dissens und Pluralismus) erweitert. Ebenfalls neu sind die einleitenden Überblicke und Zusammenfassungen zu den einzelnen Kapiteln, die die eigenständige Erarbeitung des Stoffes erleichtern.

Einführung in die Religionsphilosophie

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