Читать книгу Inselstation Sankospia - Winfried Paarmann - Страница 15

DIE ANKUNFT DER BARBAREN

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Die angekündigten Gäste waren eingetroffen. Alle hatten sich im großen fürstlichen Thronsaal eingefunden und es begann das Ritual einer höflichen wie doch kühlen Begrüßung.

Bóganow, der Onkel, erschien festlich gekleidet, er war ein hochgewachsener Dickwanst mit fliehendem Kinn und rund hervorquellenden Augen. Pelaretta, seine junge Gemahlin, eine Frau Mitte zwanzig, war weiß gepudert, Mund und Augenbrauen hatte sie grell geschminkt und Ohren, Hals und Arme und waren mehrfach mit glitzerndem Schmuck behängt.

Neben Sligork und Jarscho standen nun auch ihre zwei weiteren Brüder: Prigov und Tuborg. Sligork, mit scharf geschnittenen ebenmäßigen Gesichtszügen, war ein durchaus attraktiver Mann, doch in seinen Augen lag ein kaltes Lauern. Seine Brüder Jarscho und Prigov wirkten daneben ungeschlacht, wie Bóganow hatten sie grobe Gesichtszüge und eine eher dickliche bärenartige Gestalt.

Sonderbar anders erschien dagegen Tuborg, der jüngste und kleinste. Er trug schulterlange Haare, und es lag ein eher weicher fast noch jungenhafter, verträumter Ausdruck auf seinem Gesicht.

Die Szene wechselte.

Man sah Bóganow, wie er die Jagdausstattung und Waffensammlung seines Bruders besichtigte, kindliche Begeisterung und Gier in den Blicken.

Pelaretta war mit der Porzellansammlung im Flur zur Küche beschäftigt, sichtend, sortierend, ein abschätziges dann wieder ein begehrliches Lächeln auf dem Gesicht, einiges räumte sie in ihre neue Kemenate ein.

Jede lässige Drehung in ihrem ausladenden Seidenkleid zeigte Selbstverliebtheit und berechnende Eitelkeit.

Die vier Brüder hatten sich im Garten zum „Spatzenschießen“ getroffen.

Jedem erfolgreichen Schuss folgte ein grobes und rohes Lachen, manchmal auch Händeklatschen; die nicht erfolgreichen Schüsse waren begleitet von grellen Pfiffen und Spott.

Tuborg, der jüngste, stand abseits.

Die älteren begannen ihn aufzuziehen, er solle keine „Memme“ sein und sich endlich am Schießen beteiligen. Sie zeigten auf einen kleinen Vogel, der sich eben auf einem Ast niedergelassen hatte, ein Rotkehlchen. Tuborg konnte sich dem Erwartungsdruck und den lauter werdenden Zurufen der Brüder nicht länger entziehen. Er zielte und schoss – das Rotkehlchen fiel zu Boden. Doch die Tat widerte ihn sichtbar an.

Die Brüder beglückwünschten ihn mit wilder Überschwänglichkeit, sie griffen ihn und warfen ihn in die Luft. Tuborg kam unsanft auf, er riss dabei einen der Brüder zu Boden, der unsanft auf einen Stein aufschlug. Fluchend sprang dieser auf und stürzte sich auf Tuborg.

Plötzlich hatte sich ein wildes Handgemenge entwickelt. Jeder stürzte sich auf jeden, jeder versuchte jeden am Boden niederzudrücken. Das ungezügelte Raufspiel kippte um in eine bedrohliche Härte.

Bóganow näherte sich, ein Jagdgewehr in der Hand. Mit dem Kolben schlug er auf die Hinterteile der Kämpfenden ein. Die heftig brodelnden Aggressionen waren nun sekundenschnell auf ihn selbst gerichtet. Sligork, der älteste, entriss ihm das Jagdgewehr und brachte den Vater selber zu Fall – kurz darauf löste sich krachend ein Schuss.

Prigov war in die Wade getroffen. Er streckte mit schmerzverzerrtem Gesicht das Bein. Jetzt hielt man erschrocken inne.

Tuborg wagte es als einziger, Sligork zu maßregeln. Mehrmals schrie er: „Idiot!“

Prigov erhob sich humpelnd, man stützte ihn, alle traten den Weg zurück zum Palast an. Auf halbem Weg drehte Sligork sich um und verpasste Tuborg eine heftige Ohrfeige.

Der Beleidigungsschrei Tuborgs, des Jüngsten, hatte die Rangordnung verletzt, Sligorks harte, lauernde Blicke sprachen es deutlich aus. Dennoch: Tuborg trat respektlos und hart mit dem Fuß zurück - das Handgemenge schien erneut zu beginnen. Doch die anderen Brüder hielten Tuborg jetzt fest.

Dienerschaft säumte inzwischen den Weg, murmelnd, Kopf schüttelnd, tuschelnd.

Inselstation Sankospia

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