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Alle spielen Theater

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Es war wohl am fünften oder sechsten Tag nach Goethes Ankunft, dass Grimm, ohne das dies abgesprochen gewesen wäre, mit dem Dichter im Gasthof „Zum Goldenen Schild“ zum Frühstück saß. Sie waren auf die Frage Grimms nach Goethes Theaterplänen in eine angeregte Plauderei über die Wirkung des Theaters auf das Wohlbefinden des Zuschauers gekommen. Hier hätte Grimm, der selbst einmal an einer Theorie des Dramas zusammen mit Diderot gearbeitet hatte, einiges beisteuern können, er wollte jedoch Goethes Redefluss nicht unnötig unterbrechen, wusste er doch, Diplomat, der er war, dass die Menschen sich am wohlsten fühlen, wenn sie sich selbst bespiegeln können. Höflich fragte er den Dichter, ob man auch das hiesige Theater aufsuchen könne, um sich ein wenig zu zerstreuen. Grimm hatte gelesen, dass eine Theatergesellschaft nach Karlsbad gekommen war und als ausgewiesener Liebhaber und Kenner des Theaters wollte er es sich nicht versagen, einen Nachmittag der Komödie zu widmen. „Herr Baron, die „Verschwörung von Portugal“ könnte ein durchaus fesselndes Stück sein, wenn sich darin nicht die Schauspieler so affektiert und komödiantisch zeigten. Ich kann wohl sagen, dass ich in dem ganzen Stück nicht einen einzigen wahren Ton gehört habe. Die Weiber sind vollends abscheulich.“ Nun, Goethe wusste wohl, wovon er sprach, immerhin war er in Weimar der Direktor des Hoftheaters. Während Goethe erzählte und dabei auch eine gewisse Unzelmann, von der man noch einiges erwarten könne, nannte, dachte Grimm an die Schauspielkunst der großen Clairon; er erinnerte sich an eine Geschichte, die einst seine Freundin Louise d‘Épinay für seine Correspondance geschrieben hatte. Wie nannte sie ihren Beitrag über die Theaterkunst? Der Traum der Clairon? Er war sich nicht sicher, war das der Titel? Den Beitrag hatte Louise unter der Redaktion seines Freundes Diderot in die Correspondance littéraire setzen lassen, er selbst befand sich damals auf Reisen. Nun, das tat jetzt hier aber weiter nichts zur Sache, fragen wir den jungen Dichter lieber nach seinem neuesten Kind, den Wilhelm Meister, davon wird ja jetzt in den literarischen Zirkeln viel gesprochen. Vielleicht kann er das Werk auch für St. Petersburg empfehlen, die deutsche Literatur hat bei Katharina schon immer eine gute Aufnahme gefunden , nicht zuletzt dank seiner Empfehlungen. „Immerhin“, fügte Goethe hinzu, „bemüht man sich hier über die Dekoration dem Publikum gefällig zu sein. Ein Maler hat die neun Musen auf den Vorhang gemalt, jede mit einem Sprudelbecher in der Hand, eine sinnige Anspielung auf Karlsbad.“

Grimm und Goethe konnten an dieser Stelle jedoch ihr Gespräch über das hiesige Theater und seine Wirkung auf die Besucher nicht weiter fortführen. Der umtriebige Fürst Reuß hatte die beiden im Gasthof entdeckt. Der Fürst wollte am Nachmittag einen Ausflug nach dem Posthof hin vorschlagen, es wäre ihm ein Vergnügen, wenn auch Baron Grimm mit von der Partie sein könnte. Wenn ihm der Weg zu Fuß zu weit wäre, kein Problem, er habe auch schon einen Wagen für die Damen Meyer bestellt. Die Frauenzimmer könnten sich keinen besseren Gesellschafter als den Herrn Baron wünschen. Grimm lächelte geschmeichelt und willigte ein. Nach dem Mittagsmahl wolle man sich auf dem Markt an der Dreifaltigkeitssäule treffen.

Goethe und Grimm hätten sich in Karlsbad und Teplitz treffen können

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