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Gott oder Göttin?

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Mein Gott, das hat ja gerade noch gefehlt! Feministinnen werden jubeln, Bibelforscher werden mit dem Tode bedroht, der Papst wird eine Verleumdungskampagne diktieren, die gesamte christliche Welt wird Identifikationsprobleme haben! Es gibt alte News! Die erste überlieferte Form der Bibel stammt aus dem Urstromland Mesopotamien, wo man überzeugt war, dass die Welt nach einem wüsten Krieg der Götter entstanden ist.

Es gab Sieger und Besiegte, die ersten bekamen die Filetstücke der Welt, die anderen mussten nehmen, was gerade noch so übrig war. Und von den Losern gab es nochmals eine Aufteilung: Die stärkeren Verlierer nahmen sich das Vorletzte, die Schwachen das Allerletzte. Und zu diesen gehörte die furchterregende Göttin Tiamat, die nichts Frauliches hatte, denn sie war eine drachenähnliche Gestalt (daher stammt heute wohl noch die Anspielung manch unzufriedener Männer auf ihre Partnerin). Tiamat stellte das Wasserchaos dar, was das damals auch war. Die Texte der Bibel wurden aus Mangel an anderen Möglichkeiten grundsätzlich mündlich überliefert. Im matriarchalischen Mesopotamien blieb sie eine Göttin, im Rest der damaligen Welt aber konnte Mann sich eine Frau an der Spitze der Schöpfung ganz und gar nicht vorstellen, also machte man kurzerhand einen Gott aus ihr. Ein alter Mann mit langem wallenden Bart sieht halt würdiger aus als eine gleichaltrige Frau. Sorry, aber so waren damals die Vorstellungen. Die Weitererzähler der Bibeltexte wandten einen Trick an, um nicht völlig das Original zu verfälschen: Sie ließen nun den „Geist Gottes über dem Wasser schweben“, also weder Fisch noch Fleisch, ‘vergaßen‘, dass Tiamat eine totale Verliererin war und machten somit ihren erfundenen Gott-Mann ganz in der Tradition der arabischen Märchenwelt auch noch zum Allein- und Gesamtschöpfer der Welt.

Schade, dass durch Traditionen, die nicht bereit sind, Ausnahmen zuzulassen, diese Winzigkeit der Bedeutung des Geschlechts umgewandelt worden ist, dies ist damals verstehbar, denn man hätte jeden Erzähler gesteinigt, der behauptet hätte, dass Gott eine Frau ist. Wir haben damit noch heute ordentlich Mühe, man stelle sich ähnliche Erkenntnisse bei unseren Freunden, den Muslimen, vor: Allah wäre eigentlich Allacha! Die Weltordnung müsste neu geschrieben werden. Und was geschieht bei uns im glorreichen aufgeklärten Christentum? Unsere Fortschritte der Denkweisen lassen nur das Vergessen dieser bewiesenen Historie zu. Die potentiellen Veränderungen in allen Details unsers Daseins und des Glaubens würden wanken bis zum Umfallen, schon an Kleinigkeiten könnte man die äußerlich und innerlichen Katastrophen ablesen. Das Kirchenlied „Nun danket alle der Göttin!“ geht nicht, die Organistin würde von der Empore fallen. Schon das erste Gebot ließe uns verzweifeln: „Ich bin die Herrin, deine Göttin. Du sollst keine anderen Göttinnen haben neben mir.“ Die Folge wäre ein Krieg der Geschlechter. Historiker würden einen Glaubenskrieg anzetteln wegen der einen Antwort auf die Frage, ob die Göttin zuerst den Mann oder die Frau geschaffen hat. Wer hätte den Apfel im Paradies gepflückt? War die Schlange ein Männchen oder ein Weibchen? Philosophen würden sich anschließen und fordern, dass ‚die‘ Erde nun ‚der‘ Erde heißen müsse. Psychologen hätten jahrelange Warteschlangen, weil Männer mit der neuen Rolle am Herd nicht zurechtkämen. Priesterinnen würden sich weigern, einen Mann an den Altar zu lassen. Der Papst würde eine Geschlechtsumwandlung in Erwägung ziehen, das erste Gender im Vatikan. Und ein jahrzehntelanger zusätzlicher Streit würde die christliche Welt in zwei verfeindete Lager spalten: Was wäre, wenn auch noch Jesus ein Mädchen gewesen wäre?

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