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Der Ruhetag

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Warum ist es hier so hell?“ Langsam wurde Gott wach und misstraute der Situation. „Habe ich einen Fehler in der Konstruktion gemacht oder hat sich irgendein System selbständig gemacht? Und warum habe ich Kopfweh? Und wieso hat mich niemand geweckt?“ Fragen über Fragen, die sich zum großen Teil selbst beantworteten, als er nach unten sah. Eine Herde Gnus graste friedlich vor ihm, eine Gruppe junger Zebras hopste verspielt durch das Gras, Spatzen zwitscherten auf den Bäumen, ein Adlerpaar kreiste majestätisch über ihm, und als er in der Ferne die Wasserfontäne eines Wals entdeckte, wusste er, dass er zum ersten Mal in seinem Leben verschlafen hatte. „Das war wohl zu viel in der letzten Woche, kein Wunder, dass mir der Kopf brummt. Zur Sicherheit holte er seine To-do-Liste und fand nur einen nicht erledigten Eintrag: ‚Große menschliche Hochflieger‘. „Oh ja, das ist die Lösung. Am Sonntag soll man nicht arbeiten, aber dieser Job wird die einzige Ausnahme sein. Hätte ich sie vorher geschaffen, wäre ich jetzt zeitlich nicht hintendran, sie hätten mich wecken und mir Frühstück servieren können.“ Ein letzter Einfall für die zweitkomplizierteste Variante der Schöpfung war nötig, doch er wollte mal wieder nicht kommen. Er blickte lange verzweifelt in den Himmel und hoffte auf Unterstützung von oben: „Verdammt noch mal, du bist doch selbst der Gott, von oben kann doch nichts kommen!“ Aber das kleine Wunder geschah trotzdem, vielleicht war es nur ein Zufall. Ein Condor hatte sich zum Nestbau einen Schnabel voller Zweige besorgt, kam in einen heftigen Aufwind und verlor dadurch einige, die vor Gott landeten. „Das ist es! Sie sind höhenerprobt, das ist ein Zeichen von …“, er wollte gerade wieder seinen Namen aussprechen. Er legte sie in Reih und Glied nebeneinander, suchte und fand überraschend schnell für jeden Zweig eine Vogelfeder und sprach in der Hoffnung, dass seine Zauberformel auch am Sonntag wirkt: „Werdet zu wunderschönen, gehorsamen Engeln!“ Nichts geschah. Er wiederholte die Formel. Nichts. Er schrie sie in den Himmel. Immer noch nichts. „So, mein lieber Gott, das war‘s dann mit deiner Göttlichkeit!“ und setzte sich entnervt auf seinen Aussichtsplatz, um sich wenigstens an dem von ihm Erschaffenen zu erfreuen. Die ersten Elefantenrennen waren gerade im Gang: „Ja, sie haben ihren Sinn selbst gefunden!“ Die ersten Stechmücken fielen zu Hunderten über die Tiere her, deren Schwänze schlugen erfolglos gegen sie an, sie schüttelten verzweifelt die Köpfe, zitterten zur Abwehr mit der ganzen Haut, sie wurden die Plagegeister für wenige Sekunden los und dann begann die gleiche Tortur von vorne. „Ist es sinnvoll, die ganze Tierwelt mit diesen Biestern zu malträtieren? Ich muss sofort etwas dagegen erfinden!“ Er dachte an ein Vernichtungsmittel, sah aber die Gefahr, dass er damit auch andere umbringen würde. Er dachte konzentriert weiter, doch wieder fand er keine Lösung. In diesem unzufriedenen Moment hörte er über sich eine Tierstimme, die er noch nicht kannte, sie klang sehr hoch, schwoll gleichmäßig an und ab und war voller als alle anderen, die er bisher gehört hatte, ja, er glaubte sogar ganze Silben und Worte zu hören. „Sprechende Papageien?“ Nein, denn lange sinnvolle Sätze können sie nicht. Er hörte genau zu und sprach ihnen nach: „In … dul … ci … ju … bi … lo …ho … ho …“ Er sprang auf, breitete die Arme aus und wusste es sofort: „Seid willkommen meine Engel! Es hat also doch mit meinem Spruch geklappt.“ Seine Euphorie schrumpfte sofort, er blickte nach oben und sah Hunderte von ihnen auf sich zukommen, einige landeten im See, er musste sie mühsam retten, weil ihre Flügel nass wurden, einige blieben an Felsvorsprüngen hängen, doch die meisten landeten unversehrt, formierten sich, immer leicht schwebend, rund um ihn und begrüßten ihren Herrn und Meister mit endlosen vielstimmigen Gesängen. „Ist es das, was ich wollte, einen menschenähnlichen Vogel, der immer singt und nicht damit aufhört?“ Er fühlte sich überfordert durch die riesige Menge und rief mehr aus Verzweiflung als aus gedachter Logik: „Schön, dass ihr da seid, ich danke euch für die tolle Begrüßung! Aber jetzt marsch an die Arbeit!“ Er bemerkte wohlwollend, dass er als Gott immer noch große Macht hatte, denn die Masse folgte ihm. Langsam und gemächlich schwebten sie auf ihre offensichtlich schon vorweg bestimmten Plätze und begannen mit Engelsgeduld ihre ewige Arbeit: Das Haus Gottes säubern, pflegen, verschönern, vergrößern, alle Haushaltsarbeiten machen, Zäune gegen wilde Tiere errichten, einen Brunnen, Öfen und Grillstellen konstruieren, Getreide, Obst und Blumen anbauen, schlichtweg alles, was ein mächtiger Mann zum luxuriösen Leben braucht. Er war extrem zufrieden, doch zwei ihrer Gewohnheiten gingen ihm von Anfang auf die Nerven: Die ewige Singerei mit immer denselben Songs und die übertriebene Sauberkeit, denn wenn sein weißes Gewand nur ein wenig beschmutzt war, musste er es sofort wechseln, denn ‚man weiß ja nie, wann Besuch kommt.‘

„Jetzt kann ich mir in Ruhe ein Feedback der letzten Woche gönnen. Schwierig ohne Moderator, ich muss es wohl alleine machen. Tag eins war wenig erfolgreich, wenn auch nötig, aber irgendwie habe ich doppelt gearbeitet. Erst das Licht und am vierten Tag die Sonne, irgendwie unlogisch, ich hätte es umgekehrt machen sollen, schade, verpasste Chance, beim nächsten Mal muss ich darauf achten. He Alter, was heißt hier ‚beim nächsten Mal‘? Es gibt kein nächstes Mal, dies war das einzige Mal, es gibt keine zweite Chance! Alle anderen erdähnlichen Planeten sind besetzt, das war‘s dann. Uff, das ist ja hart, ich kann mich nie mehr verbessern und werde nie wieder eine solche Aufgabe machen können. Das ist frustrierend. Und was mache ich nach diesem Feedback, das nach meiner neuesten Erkenntnis eigentlich sinnlos ist? Tja, was mache ich ab sofort? Engel beobachten, runter auf die Erde schauen, mich entweder freuen oder über Konstruktionsfehler mit mir selbst schimpfen, Wünsche und Beschwerden von unten anhören, aber nie direkt antworten können, immer nur auf Umwegen oder mit Interpretationen, das wird mühsam. Ich bin sozusagen in Pension gegangen mit dem heutigen Tag, ja, das Lebenswerk ist getan, die restliche Zeit bis zum …, funktioniert nicht, ich bin unsterblich … das auch noch … also die ganze verbleibende Ewigkeit nichts Großartiges mehr tun können… nur noch Kleinmist … das ist ernüchternd, nein, frustrierend, nein, auf Dauer tödlich … ich sollte mich umbringen … geht nicht, ich bin zum ewigen Leben verdammt, sonst funktioniert mein Modell nicht … doch! Ich lasse mir das nicht bieten, meine Zukunftsperspektiven sind gleich null:

„Engel! Bringt mir mein Schwert!

Was soll das heißen ‚Wir finden es nicht?‘

Sucht! Ihr seid ja zahlreich genug!

Nein, ich kann mich nicht daran erinnern, wo ich es das letzte Mal gesehen habe!

Nein, ich habe es nicht in einem Gegner steckenlassen! Ihr habt ja ganz schlimme Phantasien!

Nein, ich brauche jetzt kein Schwert mehr, ich habe es mir anders überlegt!

Nein, ich bin nicht launisch, ich habe nur weitergedacht und meine Meinung geändert!

Wieso bringt ihr jetzt mein Schwert? Wo war es, Himmeldonnerwetter nochmal!“

Oh je, jetzt habe ich ungewollt Blitz und Donner erfunden, ja, das war eine gute Idee, so kann man sich abreagieren. „Was – unter meinem Bett? Werft es in den See, es soll dort verrosten!

„Was? Umweltverschmutzung? Dieses Wort kenne ich nicht … ja, dann halt nicht … einverstanden, ja, putzt es und kettet es im Kleiderschrank an und werft den Schlüssel in den See … nein, das winzige Schlüsselchen wird im Seegrund versinken und keine unschuldigen Fischlein umbringen … ja, von mir aus, der Erzengel soll ihn wieder einschmelzen, jetzt reicht es mir aber!

Ah, sehr gut, ein Kugelblitz und drei gewaltige Donner, so verschafft man sich Respekt.“

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