Читать книгу Wüsten - Wolf Dieter Blümel - Страница 20

3.4.3 Vorderer Orient: Fruchtbarer Halbmond

Оглавление

Die „Neolithische Revolution“ – die Entwicklung von Ackerbau und Sesshaftigkeit als neue Lebensform im Vorderen Orient (Syrien, Mesopotamien) – hat wohl eher eine längere Evolution hinter sich. Der Innovationsprozess in einem ursprünglichen Wüstenrandgebiet begann vermutlich bereits am Ende der spätglazialen Phase und zog sich über mehrere Jahrtausende hin, bis im Neolithikum der Höhepunkt erreicht war. Issar & Zohar (2004) führen eine neo-deterministische Modellvorstellung von A. M. T. Moore (1985) an, die den Übergang von einer aneignenden Jäger- und Sammler-Kultur zu einer anfänglichen Ackerbauerngesellschaft beschreibt. Es wird argumentiert, dass günstige Umweltbedingungen wie Temperaturerhöhung und Anstieg periodischer Niederschläge – gefolgt von Waldverbreitung – um 15 000 J.v.h. einsetzten. Die Bevölkerungszunahme beschränkte die Jagdareale und zwang zu sesshafter Lebensform mit sozialen Hierarchien. Zunehmender Bedarf an Nahrungsmitteln erforderte die Nutzung regionaler/lokaler Ressourcen. Dörfliche Siedlungsweise und Ackerbau bildeten den dominanten Lebensstil des sog. Early Pre-Pottery Neolithic. Um 6000 – 8000 v.Chr. etablierte sich dann das Pre-Pottery Neolithic. Zwar gab es noch keine Keramik, aber paläobotanische Untersuchungen belegen, dass Feldfrüchte in Siedlungsnähe gezogen wurden, die höchst wahrscheinlich auch bewässert wurden.

„Ähnliche zeitgleiche Entwicklungen über migrationsbedingt steigende Bevölkerungsdichte zu resultierenden gesellschaftlichen und technologischen Innovationen scheinen sich auch in anderen Trockengebieten der Alten Welt vollzogen zu haben.“ (Eitel 2007). Entsprechende Untersuchungen liegen aus dem Gebiet des mittleren Niger, vom Indus und aus China vor, wo der Getreideanbau ebenfalls vor 4000 Jahren v.Chr. begann.

Nach Issar & Zohar (2004) geht – bei hohem Bevölkerungswachstum – die Entwicklung der städtischen Zentren in Mesopotamien mit starken Aridisierungsphasen zwischen den Jahren 3500 und 3000 v.Chr. einher. Die Bronzezeit als metallurgische Innovation löst das Chalkolithikum (Kupfersteinzeit; Jüngeres Neolithikum) ab. In den Städten herrscht klare Arbeitsteilung und eine vertikale Gesellschaftsordnung. Architektur und Schrift unterstreichen den zivilisatorischen Fortschritt. Konflikte mit dem nomadischen Umfeld führen zur Befestigung der Städte.

Daraus lässt sich ableiten: Generell scheinen die Wüstenränder in feuchteren Zeiten wie dem Postglazialen Klimaoptimum traditionellen Formen der Nutzung entgegenzukommen: Diffuse Jagd- und Sammeltätigkeit sowie Pastoralnomadismus oder sesshafte Viehhaltung; Fischerei an Seen und Flussläufen. Die Versorgung aus der Natur stimulierte nur wenige Innovationen. Anders ist die Situation während der progressiven Aridisierung im Subboreal (Abb. 6). Die großen (Fremdlings-)Flüsse wie Nil oder Euphrat und Tigris ziehen die Menschen an. Flusswasser wird zur Grundlage des neuen Feldbaus; es entstehen bedeutende Stadtkulturen z. B. im Zweistromland. Während sich das Ökoton Wüstenrandgebiet raumgreifend wieder einstellt, geschieht Zuwanderung und innovative, konzentrierte Kultur- und Gesellschaftsentwicklung entlang allochthoner Flüsse. Mit der Restitution von Wüstenrandgebieten bzw. Wüsten im mittleren Holozän wird Migration und damit auch ein kultureller, gesellschaftlicher und kulturtechnischer Entwicklungsschub in den Flussoasen ausgelöst.

Wüsten

Подняться наверх