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Die Maus

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Es war einmal eine kleine, graue Maus. Sie schien ziemlich abgemagert und krank zu sein. Ihre Knochen zeichneten sich deutlich auf dem grauen, staubigen Fell ab. Es war allerhöchste Zeit, daß das arme Tier mal wieder richtig was zu essen bekam. Hunger konnte auch der Grund für Unvorsichtigkeit sein, wie wir gleich sehen sollten.

Zunächst steckte sie ihren kleinen Kopf aus dem kreisrunden Loch, direkt neben einem riesigen Holunderbusch, der jetzt nach dem harten, kalten und schneereichen Winter, ziemlich trocken und durchsichtig, mitten auf der noch mit etwas Schnee bedeckten Wiese stand.

Unsere kleine Maus, nennen wir sie einmal Friedel, schnupperte mit ihrem kleinen Näschen in die trockene, noch immer kalte Luft hinaus. Sie atmete tief und intensiv ein und aus, zog das kleine Köpfchen noch einmal zurück und blickte auf ihr leeres Vorratslager!

„Wenn ich heute nichts zu essen finde“, dachte sie so vor sich hin, „dann wird es sicherlich eng!“

Friedel unsere hungrige Maus wollte aber nicht verhungern, deshalb steckte sie kurz entschlossen ihr Köpfchen wieder ins Freie und im nächsten Moment stand von den kurzen Vorderbeinen bis zu den dünnen Hinterbeinchen und dem kleinen Schwänzchen die ganze Mausefrau im Freien!

Friedel schnupperte noch einmal in alle Richtungen und vergewisserte sich, daß kein Feind in der Nähe war, der sie eventuell an der Futtersuche hätte hindern können. Die Luft war rein, dachte sie nach einer kurzen Begutachtung, denn wie gesagt, sie war sehr hungrig, sehr, sehr hungrig und da kann man schon mal etwas übersehen.

Sie tapste durch den Schnee, zwei Schritte vorwärts und zwei zitternde Schritte rückwärts. Drei Schritte vorwärts und drei zurück. Vier Schritte vorwärts und, richtig, vier zurück und dennoch entfernte sie sich immer mehr von ihrem schützenden Holunderbusch, ohne aber etwas Greifbares, Lebensrettendes zu finden, das sie erst einmal über den größten Hunger bringen konnte.

Die Sonne, die sich inzwischen hinter den dicken Wolken hervorgekämpft hatte, blickte nun strahlend auf unsere Mutter Erde. Sie strahlte so kräftig sie konnte, ohne Friedel direkt helfen zu können. Es würde noch Tage dauern bis die Schneedecke so weit verschwunden war, bis Friedel erfolgreich auf Nahrungssuche gehen konnte. Vorerst irrte sie ziemlich ziellos durch die Gegend und wurde immer hungriger!

Plötzlich hielt sie inne!

Ihre Ohren standen auf Alarm!

Sie sah zwar nichts, aber hörte dafür ein gleichmäßiges, immer lauter werdendes Rauschen! Jetzt mußte es nur noch wenige Meter von ihr entfernt sein!

Ihre kleinen Gehirnzellen arbeiteten fieberhaft!

Was hatten ihr Papa und Mama Maus immer wieder warnend gesagt?

Dann durchzuckte es sie wie ein Blitz. So lautlos und mit ungeheurer Geschwindigkeit nähert sich nur der größte Feind der Mäuse, der Mäusebussard! Friedel sah ihn noch nicht, aber wußte mit einem mal ganz genau wie er aussah, mit seinem weit ausgebreiteten Flügeln, die nur ein leichtes Rauschen beim Durchschneiden der Luft verursachten, seinen zu Widerhaken gebogenen Krallen mit denen er auf ihrem abgemagerten Rücken landen wollte und dem krummen, riesigen Schnabel, mit dem er auf sie einhaken würde!

Blitzartig wußte Friedel alles was sie jetzt noch retten konnte war ihr Mäuseloch am Ende des Holunderbusches!

Friedel konnte auf einmal, trotz des tiefen Schnees rennen, als wäre alles weggetaut! Das Rauschen wurde immer lauter. Friedel spürte bereits den heißen Atem im Nacken, als sie mit einem letzten, verzweifelten Satz ihr zu Hause erreichte!

Sie sah noch den Schatten über ihrem Heim, dann war alles still, unglaublich still!

Friedel wagte sich erst am Abend wieder aus ihrem Versteck und konnte daher nicht sehen, daß der Bussard fast blind vor Freude und Appetit auf die kleine abgemagerte Maus, gerade noch die Kurve bekam, bevor er auf dem Boden zerschellte. Die Kurve aber führte direkt durch den Holunderbusch, der dadurch dermaßen durchrüttelt wurde, daß sämtliche noch am Strauch befindlichen ausgedörrten Beeren auf die Erde fielen, direkt vor Friedels Heim. Es waren so viele, daß sie die restlichen schneebedeckten Tage in aller Ruhe vergessen konnte.

Sie hatte Nahrung genug für mehrere Wochen.

Und wenn sie nicht gestorben ist, dann muß sie heute immer noch auf Nahrungssuche gehen, aber mit zunehmendem Alter immer vorsichtiger, damit man nicht in die Fänge des Bussards gerät.

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