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HERR RÖDER UND DER FALSCHE KOPF
Düsseldorf, 22. März 1974 +++ Bei Gigs in der Umgebung und beim Fersehauftritt in Berlin war uns klar geworden, dass wir zu dritt ein bisschen zu wenig ›Personal‹ waren, um auf der Bühne ordentlich Sound machen zu können. Also sollte ein weiteres Mitglied die Besetzung bereichern. Und schon wenige Tage später stand ein neuer Mann im Studio. Weiß der Teufel, wo Florian immer solch interessante Leute herzauberte. Nun sollten wir uns kennenlernen und miteinander musizieren. Mir fiel das zunächst gar nicht so leicht, da ich schon Schwierigkeiten mit seinem Äußeren hatte. Sein Name war Klaus Röder, und er kam aus der Nähe von Düsseldorf. Klaus wirkte auf mich wie ein echter Hippie, ganz im Gegensatz zu mir, der ich mich ja einst nur mit der Mode der Blumenkinder geschmückt hatte. Er hatte diesen vergeistigten Blick, war immer etwas euphorisch, immer postiv denkend. Er trug die Haare bis auf den Hintern und lief bei jedem Wetter mit offenen Sandalen und nackten Füßen herum, spielte sehr gut Gitarre und eine Geige, die er sich selbst gebaut hatte. Das Instrument, das er mitbrachte, sah aus wie ein hellgrauer Knochen, und es wurde elektrisch verstärkt. Diese ›Geige‹ hatte es Florian angetan und war wohl auch der Grund, weshalb er den Musiker gleich eingeladen hatte. Jedenfalls war Klaus Röder ein ganz besonderer Mensch, der sich als absolut liebenswürdig erwies. Er spielte für einige Aufnahmen auf Autobahn, und er wurde auch mit auf unseren ersten Autogrammkarten mit abgelichtet.
Die Abbildungen für die Rückseite dieses Autobahn-Covers hatten eine ganz besondere Geschichte: Ralf und Florian hatten geplant, dass die ganze Band auf dem Rücksitz des Mercedes sitzen sollte, der auf der Vorderseite der Plattenhülle über die Autobahn fährt. Dort sieht man auf einer frühen Auflage unsere Gesichter im Rückspiegel über dem Armaturenbrett. Da man sich noch nicht sicher sein konnte, ob ich nun wirklich bei der Gruppe blieb, gaben Ralf und Florian dem Emil zunächst die Chance, für alle sichtbar als Künstler bei Kraftwerk selbst mit im Wagen zu sitzen und somit gleichberechtigt auf der Platte abgebildet zu werden. Dies hatte Emil sicher gut gefallen. Als jedoch klar war, dass ich fest dabei bleiben würde, wurde er kurzerhand beauftragt, seinen eigenen Kopf aus dem fertigen Rücksitzfoto wieder herauszuschneiden und die Ablichtung meines Kopfes auf seinen Körper zu kleben. Es musste eine Montage sein, da für ein neues Foto keine Zeit blieb. Diese Änderung muss für unseren Maler äußerst schmerzlich gewesen sein, doch er hatte keinen Einfluss auf solche Entscheidungen.
Wenn wir die Abende im Studio verbrachten und Ralf und Florian an den Stücken für das Album bastelten, war Emil auch manchmal dabei und hörte zu, um seine Meinung zu den Songs zu sagen. Außerdem hatte er ja auch nicht wenig daran mitgetextet. Bei ›Autobahn‹ wurde per Minimoog ewig an den Motorensounds und Windgeräuschen geschraubt, die nachher ziemlich echt klangen. Sie wurden mit dem ›Mobile Equipment‹ von Klangmeister Conny Plank eingespielt und mit Mehrspurtechnik im sogenannten Multitrackingverfahren aufgenommen. Später hat Plank dann alles in seinem gerade fertiggestellten Tonstudio in einem alten Bauernhof bei Neunkirchen/Westerwald zu fertigen Songs gemixt. Ich merkte aber auch, dass Ralf und Florian mit Klaus Röder gar nicht so gut zurechtkamen, wie sie sich erhofft hatten. Er kam auch oft gar nicht zu unseren Verabredungen und wurde kurzerhand wieder ausgeladen. Dass es schließlich ganze sechsundzwanzig Jahre dauern würde, bis ich wieder einmal zum Conny-Plank-Studio fahren würde - mit einer eigenen Produktion und zusammen mit Nomiya Maki, der Sängerin von Pizzicato Five - das hätte ich damals nie geahnt. Das Zustandekommen dieses Treffens war aber auch zu verrückt. Aber davon werden ich am Ende dieses Buches erzählen, vom Plank‘schen Stein nämlich, wo ich mir außerdem noch was geschworen habe ...