Читать книгу Rückkehr des kleinen Prinzen - Wolfgang Maria Sylvester - Страница 8

V

Auf dem nächsten Planeten wohnte ein Lehrer. Sobald er des kleinen Prinzen ansichtig wurde, schritt er würdevoll auf ihn zu:

„Setzen bitte!“

„Guten Morgen“, sagte der kleine Prinz und setzte sich auf den Boden.

„Du bist neu hier“, sagte der Lehrer.

„Ja“, antwortete ihm der kleine Prinz, „ich bin auf der Reise.“

„Auf der Reise? Es sind doch noch gar keine Ferien“, sagte der Lehrer, mehr zu sich selbst.

Er schien etwas verwirrt.

„Was sind Ferien?“ fragte der kleine Prinz, der über seine Zeit immer selbst bestimmte.

„In den Ferien erholt man sich vom Lernen“, erklärte der Lehrer.

„Aber das Lernen strengt mich nicht an“, entgegnete der kleine Prinz. „Auch deswegen bin ich ja auf der Reise!“

„Ach so, eine Bildungsreise“, sagte der Lehrer und war wieder beruhigt.

„Nun gut. Wo bin ich stehen geblieben?“

Der kleine Prinz begann Gefallen an dem Mann zu finden. Obgleich dieser sehr ernst aussah – ernste Menschen tragen in der Regel dunkle Kleider, und der Rock des Lehrers war sehr dunkel – schien er doch recht spaßig zu sein:

„Auf derselben Stelle“, gab der kleine Prinz fröhlich zur Antwort. Denn der Lehrer hatte sich nicht mehr von seinem Platz bewegt.

„Unsinn!“, sagte der Lehrer.

Er zückte ein kleines Buch aus seiner Rocktasche:

„Dafür bekommst du eine Fünf!“

Schade, jetzt erinnert er mich an den Geschäftsmann, sagte sich der kleine Prinz ernüchtert, während er aufmerksam verfolgte, wie der Lehrer gewissenhaft die Note eintrug. Ich habe mich doch in ihm getäuscht.

Er schaute den Lehrer fragend an:

„Was machst du mit der Fünf?“

Der Lehrer klappte sein Notenbuch zu:

„Sie sagt mir am Jahresende, wie deine Leistungen waren.“

„Und dann?“

“Dann kann ich beurteilen, wie reif du für das Leben bist.“

Der kleine Prinz legte den Kopf in die Seite und schenkte dem Lehrer einen langen, tiefen Blick:

„Wann ist man reif für das Leben?“ fragte er.

„Wenn man Mathematik, Physik, Geographie und all die anderen Wissenschaften und Künste versteht.“

Seine Antwort erweckte den sofortigen Widerspruch des kleinen Prinzen:

„Ich bin keine Rechenaufgabe und keine Maschine“, betonte er, „ich bin auch keine Landkarte und keine Melodie ...“

„Was soll das nun wieder?“ sagte der Lehrer und griff erneut nach seinem Notenbuch – steckte es jedoch wieder weg, weil es zur Pause läutete.

“Ich denke“, sagte der kleine Prinz, „man ist reif für das Leben, wenn man sich selbst versteht.“

Dann erhob er sich, machte einen Diener und verschwand.

Die Unordnung hat sich ausgebreitet, stellte er auf seiner Reise fest.