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Vorwort

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Für den Laien haben psychologische Fachausdrücke verwirrende Eigenschaften. Da gegenwärtig unser Modell des wissenschaftlichen Denkens durch Naturforschung und Technik geprägt ist, gehen wir davon aus, daß auch die Vorstellungen der medizinischen Psychologie objektive Gesetze widerspiegeln. Das ist aber nicht der Fall. Wer sich in die Geschichte und in das gegenwärtige Denken dieser Fächer vertieft, erwirbt im guten Fall eine gewisse Distanz zu allen Etiketten, findet sich mit ihren problematischen Qualitäten ab, gesteht sich und anderen zu, daß wir noch weit davon entfernt sind, Depression und Hysterie so eindeutig zu bestimmen und abzugrenzen wie etwa Tuberkulose und Syphilis.

Diese Situation kann zu Resignation führen, wenn wir unfähig sind, uns Genauigkeit und vertiefte Einsicht auch dort vorzustellen, wo uns letzte Gewißheiten fehlen. Ein Ärztewitz hat das schon früh notiert: »Der Chirurg kann viel und weiß nichts, der Internist weiß viel und kann nichts, der Psychiater kann nichts und weiß nichts!«

Nichts zu wissen, nichts im technischen Sinn zu können, das ist nichts Verächtliches, sondern in vielen Situationen ein Element der menschlichen Existenz. Dann trotzdem hilfreich zu werden, handlungsfähig zu sein, dazu versuchen die Forscher einen Beitrag zu leisten, deren Interesse unserer Psyche gilt.

Die »männliche Hysterie« als Thema verdeutlicht diese Lage der Dinge. Sie kann helfen, ein Frage- und Denkverbot zu brechen, das im Alltag dort einsetzt, wo ein Verhalten als »hysterisch« bezeichnet wird. Darin stecken Zuschreibungen wie »nicht ernst zu nehmen«, »verächtlich«, »falsch«, »übertrieben«. Wer sie genauer untersucht, findet als Hintergrund eine Art forcierter, zwanghafter Stärke, einen versperrten Zugang zu der Wahrheit, daß in allen Erwachsenen kindliche Schwächen lebendig bleiben. Nicht ihre Ausrottung, sondern ihre Pflege und der weise Umgang mit ihnen bestimmen die innere Stärke und Disziplin der menschlichen Reife.

Man könnte nun in ähnlicher Weise das Sprechen über Hysterie für eine Kinderkrankheit der Psychotherapie halten, ein unreifes Frühstadium, das wir heute glücklicherweise überwunden haben. Aber dazu scheint mir wenig Anlaß zu bestehen. Wenn wir aufhören, uns mit der Hysterie zu beschäftigen, verlieren wir den Kontakt zu unserer Vergangenheit und eine wichtige Möglichkeit, seelische Konflikte alltagsnah zu beschreiben. Denn unter einer genauen Beobachtung entpuppt sich Hysterie als die Störung derer, die stärker sein wollen, als sie sind. Und sie verbindet diese Qualität mit unserer Sexualität und den Rollen der Geschlechter: Hysterische Männer wollen männlicher scheinen, als sie das sein können; hysterische Frauen weiblicher.

Ich habe versucht, in meinem Text praktische Beispiele mit Überlegungen zur gesellschaftlichen Situation und zur geschichtlichen Entwicklung des Hysterie-Begriffs zu verbinden. Alle Fallskizzen wurden in einer Weise bearbeitet, daß Ähnlichkeiten mit realen Personen ausgeschlossen sind. Mein Ziel ist es, in das Sprechen über Hysterie, das im Alltag häufig Bitterkeit und Verachtung in die Beziehung zwischen den Geschlechtern bringt, Elemente der Ironie und des Humors einzuführen.

Der hysterische Mann

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