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Eine kurze Geschichte der (männlichen) Hysterie

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O! how this mother swells up toward my heart;

Hysterica passio! down, thou climbing sorrow!

Thy element’s below

King Lear1

Dieser Passus aus Shakespeares Drama ist eine der eindrucksvollsten frühen Quellen dafür, daß männliche Hysterie keine Entdeckung unseres Jahrhunderts ist. Der Dichter verwendet das Bild des erstickend aufsteigenden Uterus für männliche Ängste. Es trifft sie vielleicht sogar genauer als die Ängste der Frau: denn der Mann ist in seiner Vor-Kindheit schon einmal vom Uterus sozusagen umzingelt, gefesselt, nahezu erstickt gewesen. Das Bild der wandernden, bedrohlich gierigen Gebärmutter ist ein Alptraum des Mannes, der ihm die Luft aus der Lunge drückt.

Shakespeare, dessen gute Kenntnisse zeitgenössischer und klassischer Medizin sich auch in seiner Beschreibung der Lady Macbeth bestätigen, verwendet unbefangen das traditionelle Bild für einen Mann. Er ahnt, was wir heute zu wissen glauben: daß die männlichen Ängste eng mit der Phantasie zusammenhängen, von der Mutter vernichtet zu werden. Lear hat sich nach moderner Auffassung schon vorher als hysterisch erwiesen: Er hat sich in einer irrationalen Gier nach Bestätigung, in einem Bestreben, als überoptimal gütiger und großzügiger Mann zu gelten, Schmeichlerinnen ausgeliefert und Cordelia verstoßen, die einzige Tochter, die ihn wahr und stumm liebt.

»Zwischen mehreren Liebschaften hin- und hergerissen und ohne die Konsequenzen dieser Situation auf sich nehmen zu wollen, schafft es der Hysteriker oft, zwischen zwei Stühlen zu sitzen. Da dem Betreffenden jedesmal ein Stück seiner eigenen Person entrissen wird, wird er ständig vom Liebeskummer und den dadurch bedingten Ängsten geplagt.«2

King Lear illustriert so, was Niccolò Machiavelli in dem 1532 erschienen Lehrbuch der Machtpolitik »Il principe« (Der Fürst) unterstreicht: daß ein Fürst sich unbedingt davor hüten muß, Schmeichlern zu trauen.3 Schmeichler beuten hysterische Wünsche nach überoptimaler Bestätigung aus. Schmeichler sind eigennützig, nutzen die Gier nach Bestätigung aus und lassen wie Vampire den fallen, der nichts mehr zu bieten hat. Lear idealisiert seine Töchter, er kann die verlogenen Versprechungen nicht von den wahrhaftigen trennen, er erträgt die Wahrheit nicht und fürchtet sich in der »hysterischen« Szene, seiner Tochter Regan zu begegnen, von der er schon ahnt, daß sie ihn bitter enttäuschen wird. Es ist eine zeitlose Szene männlicher Hysterie: »Was habe ich nicht für dich getan – und so dankst du es mir!« – »Was du getan hast, hast du nicht für mich getan, sondern für dich selbst in deiner grenzenlosen Eitelkeit!«

Die Lehre von der im Körper herumirrenden Gebärmutter ist älter als Hippokrates und reicht weiter als in den Mittelmeerraum. Sie wurde schon in ägyptischen Papyri gefunden. Bei manchen Frauen, heißt es dort, reiße sich die Gebärmutter los und poche gegen das Zwerchfell; dadurch werden die Organe des Oberkörpers, Herz und Bewußtsein, mannigfach gestört. Abhilfe schaffe es, die Gebärmutter durch angenehme Reize – Duftstoffe oder sexuelle Befriedigung – wieder an ihren Platz »unten« zu binden, oder sie durch ekelerregende Gerüche beziehungsweise die Gabe übelschmeckender Stoffe von »oben« zu vertreiben. Lear, ganz König, versucht es durch einen Befehl.

Die noch im neunzehnten Jahrhundert beliebte Gabe von Asa Foetida, einer greulich schmeckenden Pflanzendroge4 gegen Hysterie, hat eine lange Überlieferung. Heute würden wir ihre Wirkung lerntheoretisch erklären: Unangenehme Reize löschen unerwünschte Verhaltensweisen. Spätere Autoren ergänzten die ägyptische Lehre durch pikante Details: die vagierende, gefräßige Gebärmutter labt sich an der weißen Substanz des Gehirns, die sie für Samen hält; kein Wunder, daß dieses nicht mehr angemessen funktioniert.5 Auch hier ist man versucht, der Fabel einen tieferen Sinn zu geben. Was wir heute oft beobachten, ist etwas wie die Fragmentierung der Persönlichkeit. Menschen klagen darüber, daß sie keine stabile Identität haben; Einbildungen von »multiplen Persönlichkeiten« spuken in vielen Köpfen.6 Der im Inneren unsichtbar tobende Konflikt zwischen oraler Gier und ihrer Abwehr, zwischen verzehrender Sehnsucht und strengem Verbot kleidet sich in dem ägyptisch-griechischen Märchen vom losgerissenen, hungrigen Uterus in die Metapher einer internen Bulimie.

Die christliche Tradition im Abendland hat das Bild der Hysterie radikal verändert.7 Vom fünften bis zum vierzehnten Jahrhundert werden die naturalistischen Konzepte der Heiden von der unruhigen Gebärmutter schrittweise durch dämonologische Modelle ersetzt. Diese Auffassung leitet der Kirchenvater Augustinus ein, der menschliches Leiden generell als Ausdruck des Bösen sieht, das dem Menschen innewohnt. Hysterische Frauen mit ihren variablen Symptomen und ihrer Neigung zur Selbstdarstellung werden nun abwechselnd als Opfer von Verhexung beschrieben, denen Mitleid galt, oder als Hexen, die mit dem Teufel Sexualverkehr haben und Unschuldige verführen. Die ausgearbeitete Arzneitherapie der Griechen und Römer wird durch Beschwörungen und Exorzismen abgelöst.

Viele würden Hexenverfolgung und Inquisition zu den typischen Eigenschaften einer mittelalterlichen Mentalität rechnen. Aber beide haben ihren Höhepunkt erst in der Neuzeit erreicht und müssen eher als Zeichen der großen sozialen und geistigen Gegensätze der Renaissance gewertet werden. Das Lehrbuch der Hexenverfolgung, der »Malleus Maleficarum« (Hexenhammer) von Jakob Sprenger und Heinrich Krämer, erschien, nachdem die systematische Hexenverfolgung 1484 von Papst Innozenz VIII. gutgeheißen wurde. In Florenz hatte der kulturelle Wandel zur Renaissance schon lange begonnen. (Ihr Beginn wird meist mit der Belagerung von Byzanz im Jahr 1452 angesetzt; damals verließen viele griechische Gelehrte die bedrohte Hauptstadt des Oströmischen Reiches und wanderten nach Italien aus.)

Wahrscheinlich hatten die Hexenverfolgungen einen ideologischen Wert: Sie festigten durch ein insgesamt »hysterisches« System, durch Rollenspiel und Übertreibung eine brüchig gewordene Ordnung. Die Kirche mußte Druck ausüben und sich durch Verfolgung heiligen, weil sie den kritisch geschärften Blick der freien Stadtbürger nicht mehr überzeugte. Die Lehre der Hexenverfolger war ausgesprochen frauenfeindlich: »Das Weib ist ein Tempel, der über eine Kloake gebaut ist« (Bromberg 1959, S. 51); es lenkte von anderen Widersprüchen und Ungerechtigkeiten ab. Man kann also mit einem Recht (und einiger Unschärfe) sagen, daß die Hexenverfolgungen im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert ähnliche Funktionen erfüllen wie die Hysteriediagnose im achtzehnten und neunzehnten: Beide helfen, die bedrohliche Einsicht abzuwehren, daß eine Gesellschaft, die den einzelnen aus festen Rollen entläßt und seine Lebensgeschichte dynamisiert, Einschränkungen nicht mehr begründen kann, die für Frauen gelten und für Männer nicht.

Die traditionelle Gesellschaft fesselt beide, den Mann ebenso wie die Frau. Die Renaissance beginnt, die Männer aus diesen Fesseln zu entlassen; diese Bewegung setzt sich in der Aufklärung fort. Der »entfesselte« Uterus symbolisiert den männlichen Versuch, den Frauen einzureden, daß sie krank seien, wenn sie versuchen, dieselben Möglichkeiten zu erobern wie die Männer. Dasselbe symbolisiert die Hexe.

Von den Verfolgern wird der Hexenkult durch christliche Elemente definiert, die in ihr Gegenteil verkehrt seien. Während für die gebildeten Menschen das Studium der klassischen Schriftsteller und die keimende Naturwissenschaft Oppositionsmöglichkeiten gegen die erdrückende Kirche und das unwürdige Verhalten ihrer Würdenträger bieten, können die ungebildeteren Schichten und die zur Bildung kaum zugelassenen Frauen nur in einer religiösen Sprache ihre Gegnerschaft ausdrücken.

Der »Malleus maleficarum« oder Hexenhammer wird von der geistlichen und weltlichen Macht als Gesetzbuch akzeptiert. Im ersten Teil dieses Buches wird die Existenz von Teufeln und Hexen bewiesen; wer sich nicht überzeugen läßt, gilt selbst als Opfer des Teufels. Im zweiten geht es darum, wie man Hexen erkennt, im dritten, wie man sie bestraft und hinrichtet. Der »Hexenhammer« widerspricht einigen Rechtsvorschriften der Zeit und verschärft sie. Während sonst etwa die Folter nicht wiederholt werden darf, ist es bei Hexen gestattet, nach einigen Tagen erneut zu beginnen (was man als Fortsetzung der ersten Tortur bemäntelt). Grausame Proben gelten als erlaubt. Die Verdächtige wird schmerzhaft gefesselt, indem man die linke Hand mit der rechten großen Zehe und die rechte Hand mit der linken fest verbindet und sie dann an einem langen Strick um den Leib ins Wasser wirft: Schwimmt die Hexe oben, ist ihre Schuld erwiesen, geht sie unter, gilt sie als unschuldig.

Als sicheres Hexenzeichen gilt die griffe du diable, ein Muttermal, das – mit einer Nadel angestochen – nicht blutet und schmerzt. An dieser Stelle (einer hysterischen Anästhesie) hat der Teufel die ihm Verschworene berührt, um den Bund zu kennzeichnen! Der Hexenwahn dauert bis 1700; danach ist seine größte Gewalt gebrochen, obschon noch 1860 und 1873 zwei angebliche Hexen in Mexiko verbrannt werden. Der Höhepunkt liegt im sechzehnten und siebzehnten Jahrhundert (noch gegen Ende des sechzehnten verurteilte ein einziger Inquisitor, Remigius, in Lothringen achthundert Hexen zum Scheiterhaufen).

Das Ende der Hexenverfolgungen hängt mit dem Aufstieg der medizinischen Berufe zusammen. Ärzte erobern neue professionelle Felder. Ein Beispiel ist die Karriere von Johann Weyer, 1516 im heute holländischen Grave geboren. Er studiert in Frankreich und nimmt dort den Namen Jean Wier an. 1550 wird er Leibarzt des Herzogs Wilhelm von Kleve, der manchmal an Depressionen leidet und Verwandte hat, die seelisch gestört sind. Da der Herzog selbst bemerkt, daß diese Kranken manche Erscheinungen zeigen, die man sonst bei Hexen beobachtet haben wollte, neigt er Weyers Gedanken über eine seelische Krankheit als Ursache der angeblichen Hexerei zu.

Im Dienste des Herzogs reist Weyer in benachbarte Fürstentümer, spricht mit angeblichen Hexen und ihren Anklägern und weist immer wieder auf die natürlichen Ursachen der angeblich zauberischen Zeichen hin. So untersucht er etwa ein junges Mädchen, das behauptet, der Teufel praktiziere Nadeln und Nägel in seinen Magen, und findet, daß an diesen Gegenständen nur Speichel, aber keine Spur von Magensaft haftet, das Mädchen also lügt (wahrscheinlich nicht bewußt, sondern in einem Dämmerzustand, wie er oft bei Hysterie auftritt).

In einem anderen Fall, den er in seiner Schrift »De commentitis jejuniis« (Über angebliches Fasten) beschreibt, setzt sich Weyer mit einem anorektischen Mädchen auseinander, das damals von sich behauptet, durch ein frommes Wunder bereits zwei Jahre ohne Speise und Trank zu leben. Weyer bewies durch genaue Kontrolle, daß die zwölfjährige Schwester dem betroffenen Mädchen Lebensmittel und Wasser zusteckte.

In der Person Weyers sehen wir ein Beispiel für typische Entwicklungen in der Geschichte helfender bzw. sinnstiftender Berufe. Seine wissenschaftliche Arbeit erfüllt standespolitische Funktionen. Im Bündnis mit einem der Landesfürsten, die auch den Protestantismus in Europa durchsetzen halfen, macht er den Theologen einen Teil ihres Gebietes abspenstig und reklamiert ihn für die Medizin. Frauen, die von sich glauben, sie seien Hexen, brauchen einen Arzt, keinen Inquisitor und keinen Exorzisten.

Die Scholastiker hatten mit Aristoteles die Vernunft nicht als Dienerin der menschlichen Orientierung in dieser Welt, sondern als eingepflanztes Licht zur Suche nach göttlicher Offenbarung aufgefaßt. Diese Lehre wird nun zunehmend in Frage gestellt; der weltliche Intellekt siegt über die himmlische Erleuchtung. Skeptische Suche nach konkreten Daten bestimmt zunehmend die Heilkunde. Einer ihrer namhaften Vertreter im siebzehnten Jahrhundert, Thomas Sydenham (1624 bis 1689), fordert energisch, jede Voreingenommenheit fallenzulassen, während man beobachte, denn »Autoren, deren Denken verschroben ist ... haben Krankheiten Erscheinungen zugeschrieben, die nur in ihren Gehirnen existierten ...« Er weist auf die Gefahr hin, Züge, die zu der eigenen Theorie passen, besonders zu betonen und zu übersehen, was sich nicht in sie fügt. Damit legt Sydenham die Grundlage zu einer Auffassung der Hysterie, in der sowohl die antike, gebärmutterzentrierte Auffassung wie die dämonologische Deutung in den Hintergrund treten. Hysterie hat mit den Nerven zu tun, Nerven haben Männer wie Frauen, also muß es auch hysterische Männer geben: Was Shakespeare dichterisch vollzog, wird nun logisch begründet.

Sydenham stellt fest, daß hysterische Beschwerden die häufigste chronische Krankheit überhaupt sind. Das einzige Zugeständnis an die Lehren des Hippokrates und Galen, welche seine Zeitgenossen immer noch beherrschen, liegt darin, daß er den männlichen Hysteriker Hypochonder nennt. In seinem Werk über die Hysterie »Epistolary Dissertation on the Hysterical Affections« erwähnt der englische Empiriker alle Symptome, die später auch Charcot und schließlich Freud beschreiben: die Lähmungen, die Sydenham auf heftige Gefühlsbewegungen zurückführt, die Krämpfe, welche epileptischen Anfällen gleichen, Nierenkoliken, Herzschmerzen. Er bemerkt, daß kein einzelnes Symptom spezifisch ist, außer einer großen Menge klaren Urins, die nach dem Anfall ausgeschieden werden. Um Hinweise zu erhalten, seelische von körperlich bedingten Schmerzzuständen zu unterscheiden, erkundigt sich Sydenham nach den Lebensumständen des Kranken zu der Zeit, in der die Symptome erstmals auftreten. Diese Frage stellen Psychotherapeuten bis heute.

Sydenham hält Frauen wegen ihres angeblich geringer belastbaren Nervensystems für empfänglicher, doch seien Männer ebenso betroffen. Ursache der vielfältigen Symptome, von denen Sydenham anschauliche klinische Beispiele gibt, sind Störungen in der Beziehung zwischen den »animal spirits« auf der einen, dem »mind« auf der anderen Seite; ausgelöst werden sie durch heftige Affekte: Wut, Trauer, Liebe, Schmerz.

Die englischen Theorien über die Hysterie werden auch im deutschen Sprachraum rezipiert. Im achtzehnten und angehenden neunzehnten Jahrhundert gibt es eine Reihe von Publikationen über »Hysterie und Hypochondrie«. Besonders interessant ist ein Traktat, in dem sich der Autor selbst als Betroffener zu erkennen gibt; nach unserer heutigen Einteilung würde man eine Herzneurose diagnostizieren. »Hypochondrie und Hysterie sind nur dem Namen nach verschieden«, stellt 1797 J. W. L. von Luce in einem »praktischen Handbuch für angehende Ärzte« fest.8 Der männliche Hysteriker heißt Hypochonder, wie eine weibliche Hypochonderin Hysterikerin.

Im Gegensatz zur Unisex-Mode, dem anything goes der Moderne, ist die traditionelle Welt in zwei Hälften geteilt, die sozusagen diplomatische Beziehungen unterhalten, sich im übrigen jedoch wie autonome Staaten verhalten.9 Es gibt die Welt der Frauen und die der Männer. Frauen kleiden sich anders, verhalten sich anders, tun andere Dinge als Männer. In der Aufklärung, der Luces Schrift zuzuordnen ist, wird diese Unterscheidung zum ersten Mal diskutiert, aber noch längst nicht aufgehoben.

Der Verdacht liegt aber nahe, daß der Diskutant, der anläßlich von Freuds Vortrag über die männliche Hysterie auf den Widersinn dieses Begriffes hinwies, indem er die Etymologie ins Spiel brachte, nicht die primitive Theorie des Hippokrates von der losgelassen im Körper der Frau vagierenden Gebärmutter im Kopf hatte, sondern die im siebzehnten und achtzehnten Jahrhundert entwickelte Nomenklatur, nach der männliche Hysteriker als Hypochonder bezeichnet wurden.

Die Symptome dieser Krankheit mit zwei Namen sind laut Luce bei beiden Geschlechtern gleich, abgesehen davon, daß die typischen Unterleibskrämpfe bei den Frauen eben auch die Gebärmutter mit erfassen. Sie sind auf eine erhöhte Reizbarkeit des nervösen Systems zurückzuführen und umfassen neben den Krämpfen Angst, Bangigkeit, Traurigkeit, Schwindel, Stiche im Leib, globus und clavus hystericus (globus ist lat. Ball: die hysterische Schluckstörung, das Gefühl, einen »Kloß im Hals« stecken zu haben; clavus ist lat. Nagel, das Gefühl, daß ein Nagel in den Kopf getrieben wurde). Ohrensausen, Herzklopfen, Blähungen und Durchfälle, Schlafstörungen und ein elendes Gefühl am Morgen, das abnimmt, wenn man die Tagesarbeit angepackt hat, werden als weitere Krankheitszeichen genannt; auch die Ausscheidung großer Mengen klaren Urins nach einem »Anfall« ist erwähnt.

Die Hysterie wird im Zug der bürgerlichen Interpretation der Welt mehr denn je zum Spielball der unterschiedlichsten Interessen. Das Bürgertum ist von Anfang an eng an Zünfte gebunden: Berufsgruppen, die eifersüchtig miteinander um jedes Stück Terrain kämpfen, aber eben deshalb auch schon früh strenge Ordnungen entwickelten, um diese Kämpfe zu regeln und eine für alle schädliche Anarchie zu verhindern. Das Ringen des siebzehnten Jahrhunderts, ob für die hysterischen Leiden Hexenverfolger oder Ärzte zuständig seien, wiederholt sich im beginnenden neunzehnten Jahrhundert als Streit zwischen den Spezialisten für Neurologie und Gynäkologie. Uterine und zerebrale Theoretiker kämpfen um den anatomischen Sitz und damit die wissenschaftliche Zuständigkeit für diese Krankheit.10 Den Ausschlag zur »Neurogenie« gibt schließlich Jean-Martin Charcot.

Charcot war ursprünglich Neurologe und seit 1882 Chefarzt der Salpêtrière, dem Armenkrankenhaus von Paris, das damals fünftausend Patienten beherbergte. Stark von der organischen Theorie des Hypnotismus beeinflußt, wie sie Braid aufgestellt hatte, hält Charcot auch die Hysterie für eine organische Krankheit, eine Schwäche des Nervensystems, die mit erhöhter Erregbarkeit der Muskulatur verbunden sei. Doch übertrifft er seine Zeitgenossen an unbefangener Beobachtungsgabe. Wie andere mit dem Thema beschäftigten Nicht-Gynäkologen beschreibt er hysterische Symptome von Männern und weist nach, daß man neurotische Lähmungen in Hypnose willkürlich hervorrufen und manchmal auch bestehende, seelisch bedingte Lähmungen auf diesem Weg heilen könne.

Viele von Charcots Beschreibungen der Hysterie werden stark angezweifelt, sobald er als Leiter der großen Pariser Klinik, der Salpêtrière, abgetreten ist. Kürzlich hat der kanadische Sozialforscher Shorter11 gezeigt, wie der »wissenschaftlich« vorgehende Arzt und die »nervöse« Patientin in der Gestaltung von Krankheiten und Krankheitssymptomen in einer Weise zusammenwirken, die wir heute vielleicht mit der Interaktion von Regisseur und Schauspielerin vergleichen würden.

Charcots Ansehen in Paris beruht zunächst auf soliden neurologischen Diagnosen, wird von ihm aber mit großem Sinn für Prestige und Machtausübung durchgesetzt und in Bereiche erweitert, in denen sich das medizinische »Wissen« nicht von dem der Astrologie unterscheidet. Charcot weist z. B. nach, daß die charakteristischen Schäden der Kniegelenke bei Spätsyphilis mit Rückenmarksbefall nicht durch die Grundkrankheit, sondern durch sekundäre Traumen entstehen. Weil die Kranken Tiefensensibilität und Vibrationsempfindung in den Beinen eingebüßt haben, treten sie so ungeschickt auf, daß ihre Gelenke zerstört werden.

Daß ein Gelehrter die Hypothese, die sich an einem Ort bewährt hat, auf ein noch ungeklärtes Phänomen anwendet, liegt nahe. Daß er freilich, wenn sich die Erscheinungen gegen die Hypothese wehren, nicht locker läßt, bis sie sich ihr fügen, setzt ein Forschungsgebiet voraus, in dem das Zusammenspiel zwischen Arzt und Patientin Inszenierungspotentiale erschließt. Die »große Hysterie«, die Charcot entwirft und bis zu seinem Tod im Bewußtsein der europäischen Medizin verankert, ist laut Shorter ein Kunstprodukt, erzeugt durch suggestive Ansteckung der zusammengepferchten Patientinnen und aufrechterhalten durch die »hypnotischen« Bemühungen der Assistenten, Beweise für die Theorie des Meisters zu finden.

Daß die Hysterie durch epileptoide Anfälle charakterisiert ist, denen ein »Stadium des Clownismus« und ein »Stadium der pathetischen Haltungen« folgen, galt so lange, wie Charcot seinen Assistenten dieses Krankheitsbild glaubhaft machte. Jules-Joseph Dejerine, der zwei Jahre nach Charcots Tod dessen Lehrstuhl übernimmt, betreut ebenfalls einen ganzen Saal armer hysterischer Frauen. Aber wo unter Charcot gezuckt und geschrieen wurde, geht es jetzt ruhig zu, weil der Chef keine Anfälle mag. »In den acht Jahren, die ich nun an der Salpêtrière bin«, faßt Dejerine zusammen, »haben die Symptome der sogenannten großen Hysterie, wo sie sich in meiner Abteilung zeigten, in keinem einzigen Fall länger als eine Woche angehalten.«

Freud nennt Charcot einen »der größten Ärzte, einen genial nüchternen Menschen«12. Vor seinen Besuchen bei Charcot nimmt der junge Wiener Arzt immer eine kleine Dosis Kokain. In den ersten Jahren seiner ärztlichen Arbeit, die Freud nach seiner Rückkehr widerwillig aufnimmt, um die brotlose Arbeit als Forscher zu beenden und endlich seine geliebte Martha heiraten zu können, verwendet er in einer gemischten, aber vorwiegend neurologischen Praxis nahezu ausschließlich die Hypnose. Er verzichtet also weitgehend darauf, organische Nervenleiden zu behandeln, was ihm nicht schwerfällt, da deren Therapie meist wenig aussichtsreich ist und die Zahl der potentiellen Patienten viel geringer ist als die der Neurotiker, die einen Arzt nach dem anderen aufsuchten, ohne daß ihnen einer helfen kann. Freud ist ein guter Hypnotiseur, seine Erfolge tragen ihm den »Ruf des Wundertäters« ein, wie er selbst bemerkt. Dennoch werden bald seine wissenschaftlichen Interessen wieder wach.

Die Hypnose erinnert ihn zu sehr an Magie, da sie über den Sinn und die Ursache der Symptome nichts zu sagen weiß, denen sie die Existenz zu verbieten sucht. Darüber hinaus mißlingt es immer wieder, einen Kranken zu hypnotisieren. In anderen Fällen ließ sich keine so tiefe Hypnose erzielen, wie Freud wünscht. Liegt es an der Technik, die er verwendet? Um sich Gewißheit zu verschaffen, reist Freud 1889 nach Nancy, wo Liébault und Bernheim die damals bekannteste Schule des Hypnotismus begründet hatten. Er läßt eine seiner Patientinnen, eine vornehme und begabte Hysterika, nach Nancy nachkommen. Nie ist es ihm gelungen, sie in eine wirklich tiefe Hypnose mit Somnambulismus und nachträglicher Erinnerungslosigkeit zu versetzen. Bernheim versucht ebenfalls, diese Kranke zu hypnotisieren, doch auch er scheitert. Er gesteht Freud, daß er seine aufsehenerregenden Erfolge mit Hypnose nur bei den mittellosen Spitalpatienten aus der Arbeiterklasse erziele, die im Arzt ein höheres Wesen sehen, nicht aber bei seinen gebildeten und kritischen Privatpatienten. Freud führt eine Reihe anregender Gespräche mit Bernheim und übersetzt später dessen beide Bücher über die Suggestion ins Deutsche. »Dann kam ein langes medizinisches Gespräch über die ›moral insanity‹ und Nervenkrankheiten und merkwürdige Fälle, auch Deine Freundin Bertha Pappenheim kam wieder aufs Tapet.« So schreibt Freud 1883 an seine Verlobte. Der Freund, mit dem er speiste, war vierzehn Jahre älter als er und hieß Joseph Breuer. Bertha Pappenheim, später eine kämpferische Vertreterin der Frauenemanzipation, hat in der Geschichte der Psychoanalyse historische Bedeutung gewonnen. Sie wurde unter dem Pseudonym Anna O. in den von Breuer und Freud gemeinsam verfaßten »Studien über Hysterie« (1895) beschrieben.13

Anna O.s Krankheit ist aufgetreten, als sie ihren schwer leidenden Vater pflegt. Sie ist damals einundzwanzig Jahre alt und leidet an einer steifen Lähmung der rechten Körperhälfte, teilweiser oder völliger Blindheit, heftigem nervösem Husten, einmal wochenlang an einer Unfähigkeit, trotz quälenden Durstes zu trinken, sie kann ihre Muttersprache eine Zeitlang weder sprechen noch verstehen und verfällt häufig in einen Zustand der Verworrenheit. Statt, wie es die meisten Ärzte seiner Zeit getan hätten, diese Störungen als nervöse Degeneration zu bagatellisieren, beschäftigt sich Breuer geduldig mit der Kranken.

Es fällt ihm auf, daß sie in ihren geistesabwesenden Zuständen bestimmte Worte vor sich hinmurmelt. Breuer versetzt nun Anna O. in Hypnose und sagt ihr diese Worte wieder vor; sie geht darauf ein und erzählt jedesmal eine Reihe trauriger, oft poetisch schöner Phantasien, die gewöhnlich die Situation eines Mädchens am Krankenbett seines Vaters zum Ausgangspunkt haben. Kann die Kranke eine Reihe solcher Tagträume erzählen, so ist sie nachher wie befreit und kehrt aus dem Dämmerzustand in einen Zustand klaren Bewußtseins zurück, bis sie nach einigen Tagen wieder immer verwirrter wird und auf dieselbe Weise behandelt werden muß.

Allmählich gelingt es Breuer aber, durch sein chimney sweeping14 mehr zu erreichen, als eine vorübergehende Erleichterung. Manchmal verschwinden Symptome auch für immer, wenn es gelingt, sie in der Hypnose bis zu ihrem ersten Anlaß zurückzuverfolgen und einen damals unterdrückten Affekt, eine heftige Gefühlsbewegung zu wiederholen. Zum ersten Mal beobachtet das Breuer, als Anna O. nicht mehr trinken kann und trotz heftigen Durstes das ersehnte Glas Wasser zurückstößt. Nach einigen Wochen erinnert sie sich in der Hypnose plötzlich an eine Szene, in der sie ihre englische Gouvernante beobachtete, wie diese einen kleinen Hund, ein ekelhaftes Vieh, aus einem Wasserglas trinken ließ. Anna O. hatte damals ihren heftig aufwallenden Ekel unterdrückt; jetzt in der Hypnose gibt sie ihm energisch Ausdruck, verlangt anschließend zu trinken und erwacht, das Glas noch an den Lippen, und ist von da an von dieser Störung völlig geheilt.

Diese Entdeckung Breuers ist für die Geschichte der Hysterie sehr wichtig, obwohl (oder weil) auf einer bisher wenig erforschten Ebene das hysterische Element sich dem Arzt nur scheinbar unterworfen, ihn hintergründig aber besiegt hat. Anna O. wird durch Breuer nicht geheilt, sondern er verstrickt sich mit ihr in eine gemeinsame Hysterie, die erst nach dem Abbruch dieser Beziehung jede(r) der Beteiligten allmählich überwindet.

Breuer vergleicht die hysterischen Symptome mit einem posthypnotischen Auftrag, einem jener Befehle, die der Hypnotiseur während einer tiefen Hypnose erteilt und die später von der Versuchsperson ausgeführt werden, ohne daß diese einen Grund für ihre Handlung angeben kann. Er glaubt, daß Erlebnisse in einem hypnoiden Zustand besonders leicht zu Traumen werden. Werden sie nun wieder erinnert, so wirkt diese Erinnerung reinigend. Breuer nennt sein Verfahren Psychokatharsis; die »eingeklemmten« Gefühlserregungen sollen in der Hypnose abreagiert werden.

Dieses Modell ist eher ein Symptom als eine Kur der Hysterie: sich auszudrücken, die eigenen Affekte ungeheuer wichtig zu nehmen und zu versuchen, mit Hilfe kindlichen Agierens Aufmerksamkeit zu finden gehört zur grundlegenden Dynamik der Hysterie. Daß Breuer es als befreiend und heilsam ansieht, zeigt eher seine eigene Hysterie als eine Einsicht in die Dynamik der Krankheit. Wenn sein Vorgehen soviel Aufmerksamkeit findet und bis heute in der populären Theorie seelischer Leiden das Thema einer »krankmachenden Unterdrückung von Gefühlen« eine zentrale Rolle spielt, dann signalisiert das vor allem, wie sehr die frühe, kathartische Psychotherapie in die beginnende Entsublimierung der Konsumgesellschaft paßt.

Die Wahrheit über die Behandlung der Anna O. ist erst später aufgedeckt worden; sie zeigt, daß die Entwicklung der kathartischen Methode weit komplikationsreicher war, als es die von Breuer mitgeteilte Krankengeschichte erwarten läßt. Bertha Pappenheim und Breuer sprachen fast täglich mehr als zwei Stunden miteinander, und dieses Unternehmen endete nicht, weil eine Kur erfolgreich oder ein Erkenntnisprozeß abgeschlossen war, sondern weil eine an sich Unbeteiligte nicht mehr mitspielen wollte: Breuers Ehefrau Mathilde. Als Breuer den Fall veröffentlicht, stellt er Anna O. als geheilt dar. Die Wahrheit sieht anders aus, und es mutet merkwürdig an, daß Freud, der um sie wußte, dennoch diese geschönte Darstellung duldet.

Breuer hat die Behandlung am siebten Juni 1882 beenden wollen. Am Abend desselben Tages wird er zu Bertha gerufen. Sie ist sehr erregt, windet sich unter »Geburtswehen« und sagt, das »Kind« sei von ihm. Breuer versucht vergeblich, seine Patientin durch Hypnose zu beruhigen und verläßt dann fluchtartig das Haus. Damit ist die Arzt-Patient-Beziehung gescheitert.

Bertha wird in den nächsten Jahren in verschiedenen Sanatorien behandelt, unter anderem wegen einer Morphinsucht, die während der Arbeit mit Breuer entstanden ist.

Die Mystifizierungen, welche in der analytischen Geschichtsschreibung den Fall Anna O. umgeben, hängen mit dem Versuch zusammen, narzißtische Bedürfnisse der beteiligten Ärzte zu befriedigen und Unsicherheiten durch eine Mischung aus Größenanspruch und Entwertung von Rivalen zu bekämpfen.15 Breuer, der sich redlich bemüht hat und schließlich erschöpft aufgab, wird darin zum ängstlichen Mann, der verzagt, wo Freud mit klarer, kühner Einsicht die Behandlung gerettet, die Übertragungsliebe entdeckt und Anna O. geheilt hätte.

Diese Selbstüberschätzung verdient einen Advocatus diaboli, der gegen sie einwendet, daß wir nicht wissen, ob ein distanzierter Analytiker mit dieser Patientin womöglich weniger weit gekommen wäre als der verachtete Breuer, der sich immerhin zwei Jahre in ein kreatives Chaos begab und sich schließlich, versengt, beschädigt und mit dem Wunsch, nie wieder dorthin zu geraten, daraus rettete. Vor allem glorifiziert diese Version der Geschichte die Möglichkeit, mit hysterischem Agieren fertig zu werden, ohne daß eigene hysterische Neigungen erwachen.

Damit haben Breuer und auch Freud einen großen Teil ihrer Einsichten auch gleich wieder preisgegeben: Sie untersuchten nicht ihre Verstrickungen, sondern nur die ihrer Patientinnen. Auch Breuer hat hysterisch reagiert. Könnte es sein, daß die hysterische Disposition des Arztes nicht Ergebnis einer Ansteckung, sondern Vorbedingung seines immensen Interesses für die Kranke ist? Es gibt einen dynamischen Zusammenhang zwischen Hysterie und Helfersyndrom16: die Bindung an eine idealisierte Eltern-Kind-Situation. Der Helfer ist dabei offen mit der aktiven, latent mit der passiven Seite identifiziert; er strebt bewußt danach, idealer Elternteil zu sein, und sucht darin unbewußt seine kindlichen Bedürfnisse nach umfassender Anerkennung ohne Gegenleistung zu befriedigen. Der Hysteriker hingegen ist offen mit der passiven Bedürftigkeit identifiziert – er will alle Aufmerksamkeit für sich und sein Leiden; bei ihm ist die Rolle des Helfers und Helden im Hintergrund.

Anna O.s Störungen traten auf, als sie sich in der Helfer-Rolle (sie hatte ihren kranken Vater gepflegt) völlig erschöpft hatte; ihre Symptome kreisen um einen Mangel an »normalem« Austausch mit ihrer Umwelt, z. B. Essen, Trinken, Sprechen, sexuelle Wünsche. Nach dem Abbruch der Behandlung bei Breuer und einer Reihe von Sanatoriumsaufenthalten ist Anna O. alias Bertha Pappenheim wieder die Helferin geworden, die sich sozialpolitisch engagierte, mehrere Bücher schrieb und sich vor allem der »gefallenen Frauen«, z. B. der an Bordelle verkauften Jüdinnen aus dem Osten annahm. Sie blieb unverheiratet.

Freud stellte fest, daß »die persönliche affektive Beziehung doch mächtiger war als die kathartische Arbeit.17« – »Als ich einmal eine meiner gefügigsten Patientinnen (...) durch die Zurückführung ihres Schmerzanfalls auf seine Veranlassung von ihrem Leiden befreite, schlug sie beim Erwachen ihre Arme um meinen Hals. Der unvermutete Eintritt einer dienenden Person enthob uns einer peinlichen Auseinandersetzung, aber wir verzichteten von da an in stillschweigender Übereinkunft auf die Fortsetzung der hypnotischen Behandlung.«18

Die Frau und der Arzt verhalten sich wie ertappte Liebende, die ein unerlaubtes Verhältnis stillschweigend beenden. Aber Freud ist nicht so traumatisiert wie Breuer, der seine Erlebnisse verdrängen möchte und künftig vergleichbare Situationen meidet. Er betont seine Selbstkritik: »Ich war nüchtern genug, diesen Zufall nicht auf die Rechnung meiner persönlichen Unwiderstehlichkeit zu setzen und meinte, jetzt die Natur des mystischen Elements, welches hinter der Hypnose wirkte, erfaßt zu haben. Um es auszuschalten oder wenigstens zu isolieren, mußte ich die Hypnose aufgeben.«19

Freuds bahnbrechende Neuerung lag darin, daß er die Hysterie nicht beseitigen, sondern verstehen wollte und aus diesem Grund von den Versuchen Abstand nahm, die Krankheit sozusagen um jeden Preis zu bezwingen. Darin drückt sich vieles aus: sein Ehrgeiz, sein Respekt vor Frauen, seine Nähe zu Unterdrückten und seine Abneigung gegen Unterdrücker, seine soziale Situation als in die ärztliche Arbeit gezwungener Naturforscher, der endlich einen würdigen Gegenstand gefunden hatte. Obwohl alle Hysterien, die Freud in seinem ersten psychologischen Werk beschreibt, Erkrankungen von Frauen sind, macht er keinen Hehl daraus, daß die in diesen Fallgeschichten entdeckten seelischen Vorgänge für alle Menschen gelten und nur im Rahmen einer persönlichen Beziehung erforscht werden können.

Der hysterische Mann

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