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Das heikle Thema Busen
ОглавлениеBirgit Schwarz wollte eine Brustoperation. Sie fand ihren Busen zu klein und zu schlaff.
Ich schwieg und betrachtete sie.
Ins Klischee für Patientinnen, die eine Brustvergrößerung wollen, fiel sie eindeutig nicht. Nach einer Studie über Brustvergrößerung müsste sie dafür jung, solo und in nichts besonders genial sein. Sie müsste Aufmerksamkeit suchen und dabei auf ihre Brüste setzen.
Doch so sah Birgit Schwarz nicht aus, und der Eindruck änderte sich auch nach der Untersuchung nicht. Sie kam mir wie eine selbstbewusste, lebenstüchtige Frau vor. Äußerlich war alles an ihr ganz normal und wohlgeformt.
Es gibt Frauen, die Schönheitschirurgen konsultieren, nur um sich bestätigen zu lassen, dass ihr Busen völlig in Ordnung ist. Sie könnten es auch selbst sehen, aber dazu braucht es mitunter mehr als einen Spiegel.
Denn der Busen ist nicht bloß ein Körperteil. Die Brust hat einen hohen Stellenwert, sowohl für jede Frau als auch im gesellschaftlichen Kontext. Sie ist Symbol und Maßstab der Weiblichkeit. Sie steht für Fruchtbarkeit. Sie ist sexueller Anreiz. Sie spielt eine Rolle in der Werbung, in der Mode und ist damit omnipräsent. Der Busen wird instrumentalisiert. Von der Literatur. Von Hollywood. Von der Schönheitsindustrie. Von praktisch allem, was unsere Geschlechterrollen prägt.
Der Busen ist ein heikler Punkt für fast jede Frau. Er steht für ihre Weiblichkeit, ihre Sexualität und ihre Fruchtbarkeit. Er steht für sie als Frau.
Brustvergrößerungen gehören deshalb weltweit zu den häufigsten Operationen. Seit den Anfängen der Schönheitschirurgie in den 1960er-Jahren verzeichnen sie dreistellige Zuwachsraten. Patientinnen fühlen sich vollständiger, selbstbewusster und weiblicher.
Bei etwas Heiklem wie dem Busen mit all den irrationalen Perspektiven darauf, kann es schon einmal angenehm sein, eine scheinbar objektive Stimme zu hören. Die Stimme von jemandem, der professionelle Vergleichsmöglichkeiten hat. Eine Art TÜV für die Oberweite sozusagen. Mit dem erhofften Ergebnis: alles in Ordnung. Vielleicht war es das bei Birgit Schwarz, und genau diese Art TÜV konnte ich ihr auch bieten.
»Sind Sie wirklich sicher, dass wir da etwas machen sollen?«, fragte ich.
»Ja.«
Ihre Antwort kam mit Nachdruck in der Stimme und klarem Blick, zwei an sich verlässliche Hinweise auf Wahrheit.
Trotzdem war ich noch immer nicht restlos überzeugt. Ich wusste nicht, was genau sie als Unternehmensberaterin machte, aber sie wirkte wie jemand, der Entscheidüngen treffen kann und es gewohnt ist, sie dann nicht mehr lange zu hinterfragen. Was allerdings nicht bedeuten muss, dass es immer auch die richtigen Entscheidungen sind. Speziell bei Schönheitsoperationen treffen Patienten ihre Entscheidungen oft genug auf irrationaler Basis.