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Altersbestimmung

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Für den wissenschaftlichen Mitarbeiter Becher in München schien es zunächst nur ein Routineauftrag zu sein, das Alter des Knochens nach der Radio-Carbon-Methode zu bestimmen. Die Form interessierte ihn nicht im Mindesten, höchstens das Gewicht, denn er benötigte eine ganze Menge, um das erforderliche Kohlendioxidgas zu extrahieren. Doch der vorhandene Kno­chen reichte aus, in mehrere Liter Gas verwandelt zu werden. Danach war er allerdings aufgebraucht und fehlte somit in dem Skelett. Aber es gab ja genügend davon.

Er leitete das Gas in den großen Low-Level-Messdetektor, um mit dem Geiger-Mül­ler-Zählrohr die Aktivität des C14-Gehalts zu messen. Das nahm einige Zeit in Anspruch. Die Werte wurden ständig gemessen und digitalisiert an einen Computer weitergeleitet. Das lief alles vollautomatisch. Zum Schluss brauchte Becher nur noch das ermittelte Alter abzulesen. Beruhigt begab er sich zum Frühstück in den Aufent­haltsraum.

Als er wieder zurückkehrte, fiel ihm sofort das auf dem Bildschirm blinkende Wort „Fehlmessung“ ins Auge.

„Schei … benkleister!“, fluchte er laut, denn die nun verlorene Probe kam ihm sofort in den Sinn.

Die Auswertung des Computerprotokolls zeigte keinerlei Anzeige von C14-Zerfäl­len an. Das war nicht möglich, denn jeder Knochen hatte nachweisbare C14-Isotopen. Der Versuch war missglückt, und Becher konnte sich nicht erklären, welchen Fehler er gemacht hatte. Es blieb ihm nichts weiter übrig, als zu Professor Koster telefonisch Kontakt aufzunehmen und um eine weitere Probe zu bitten. Das würde wieder einige Tage dauern.

Diesmal schickte Koster eine ganze Kiste Knochen nach München. Es waren jetzt genügend vorhanden.

Der erneute Versuch brachte ebenfalls keinen Nachweis an C14 Isotopen, und Becher sicherte sich die Unterstützung des Laborleiters. Gemeinsam unternahmen sie den dritten erfolglosen Versuch. Es gab nur zwei Erkenntnisse, die sich daraus ergaben: Entweder handelte es sich nicht um organische Knochen oder ...

Die zweite Alternative war so unwahrscheinlich, dass sie eigentlich ausschied. Doch Becher fing an zu zweifeln. Bei der Radio-Carbon-Methode misst man das Verhältnis der Strahlenaktivität des Probenkohlenstoffs zu derjenigen von rezentem Kohlenstoff, also zum Beispiel in frischen Knochen. Der letztere Wert war ständig im Computer eingespeichert.

Die Strahlung nahm mit einer Halbwertszeit von 5730 Jahren ab. Durch die Zäh­lung der Zerfälle einer Probe in empfindlichsten Messröhren konnte das Alter so lange bestimmt werden, bis keine Zerfälle mehr nachweisbar sind. Diese Grenze war allge­mein nach neun Halbwertszeiten oder etwa 50.000 Jahren erreicht. Danach wurden die Messungen zu ungenau oder waren unmöglich.

Das Ergebnis stand plötzlich deutlich vor Bechers Augen. Wenn in der Probe kein Zerfall mehr nachgewiesen werden konnte, war sie erheblich älter als 50.000 Jahre.

Nach telefonischer Rücksprache mit Koster, bat dieser, mit anderen Methoden das ungefähre Alter zu bestimmen. Das Projekt wurde nun in München zur Chefsache erklärt. Ein ganzes Laborteam versuchte, dem Alter auf die Spur zu kommen. Dies gelang schließlich mit der Uran-Helium-Methode, bei der die in der Probe ermittelten Alpha-Teilchen gemessen wurden, die sich beim Uran-Zerfall in Helium-Atome umwan­delten. Die Methode war zwar sehr viel umständlicher und das Ergebnis nicht sehr genau, doch auf einige Jahrhunderte kam es jetzt nicht mehr an. Mehrere Versuche brachten identische Ergebnisse:

Die Knochen waren mit ziemlicher Sicherheit etwa 10 Millionen Jahre alt.

Die Erkenntnis brachte Koster noch lange keine Klarheit in der Zuordnung der Ske­lette. Es waren eindeutig keine Saurier, denn diese waren bereits vor etwa 70 Millionen Jahren ausgestorben. Es musste sich also um ein Zwischenglied zu einer heute lebenden Spezies handeln oder um eine ausgestorbene Art.

Weiteres Kopfzerbrechen bereitete die Fundsituation in den Höhlen, die aber durch die Geologen aufgeklärt werden konnte. Genaue Vermessungen der Gesteinsschichtun­gen zu beiden Seiten der Höhle bewiesen, dass sich vor mehr als 100 Millionen Jahren im Zuge der Orogenese Südeuropas nicht nur die Alpen und Pyrenäen, sondern auch die Berge der Sierra Morena mit den vorgelagerten Höhenzügen aufgefaltet hatten. Dabei war ein langgezogener Riss entstanden, der als Vorläufer der heutigen Schlucht gelten konnte. In dieser Zeit waren im Laufe der Zeit durch Auswaschungen die Fels­höhlen entstanden.

Vor etwa 10 Millionen Jahren schloss sich die Schlucht durch geotektonische Ver­schiebungen und versiegelte die Höhlen, bis sie vor wenigen Wochen wieder zugänglich wurden.

Es wäre zu prüfen, ob das Verschließen der Höhlen in ursächlichem Zusammenhang mit dem Aussterben der Lebewesen stand. Die Tatsache, dass in fast jeder Höhle ein vollständig erhaltenes Skelett aufgefunden wurde und das ermittelte Alter der Kno­chen, deuteten auf eine Katastrophe hin, bei der alle Bewohner hingerafft wurden.

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