Читать книгу Unendliche Zukunft - Wulf Koehn - Страница 8

Mit zehn Hühnern hatte er angefangen. Das war aber schon acht Jahre her. Ein Hahn reichte für neun Hennen, die ihm fast täglich ein Ei spendierten und für den Nachwuchs. Die Eier reichten nicht nur für seine Familie. Er konnte noch einige verkaufen. Im Laufe der Jahre wur­den es immer mehr Hühner, die sich auf seinem begrenzten Land tummelten. Es waren freilau­fende Hühner. Das heißt, so richtig laufen konnten sie irgendwann nicht mehr, denn der Platz wurde etwas knapp. Zum Schluss standen sie nur noch nebeneinander herum und konnten weder scharren noch picken. Es reichte gerade noch, um an die Fütterungsanlagen zu gelan­gen. Dafür pickten sie sich gegenseitig an die Köpfe und Hälse, wurden aggressiv und rissen sich die Federn aus. Den Eiern sah man das nicht an. Sie brachten einen guten Preis.

Als das Elend der Tiere allzu deutlich wurde, kamen die ersten Beschwerden. Tierschützer setzten ihm zu und verlangten eine artgerechte Haltung. Er verwies darauf, dass er freilaufende Hühner hielt. Ansonsten hatte er sie selbst gezüchtet und nicht aus der Natur entnommen, also könnte er mit ihnen machen, was er wollte.

Doch bald hatte er die Sättigungsgrenze seines Grundstückes erreicht. Von einer bestimmten Menge an, drohten die Ausfälle durch verendete Hühner größer zu werden als die Gewinnstei­gerung. Das konnte er natürlich nicht zulassen. Mit einer entschlossenen Aktion beendete er diesen Zustand. Er ließ alle Tiere auf einmal schlachten und als Suppenhühner verkaufen. Man sah es den Hühnern nicht an, dass sie kaum noch Federn gehabt hatten. Sie brachten einen guten Preis.

Das brachte ihm Platz für einen Neubeginn. Er baute auf dem Grundstück eine Legebatterie. In zehn Etagen übereinander konnte er mehr als zehnmal so viele Hühner halten als vorher. Es waren zwar keine freilaufenden Hühner mehr, doch was machte das schon. Das sah man den Eiern nicht an.

Die in engen Käfigen gehaltenen Hühner konnten sich nicht mehr umdrehen. Doch sie konnten vorne fressen und hinten ihre Eier zu legen. Wozu sollten sie sich dann noch umdrehen?

Zum Glück durften Unbefugte in die Legebatterien nicht hineinsehen. Das hielt die Beschwer­den in Grenzen. Ansonsten verwies er darauf, dass er die Hühner selbst gezüchtet und nicht aus der Natur entnommen habe. Da könnte er mit ihnen machen, was er wollte.

Jedes Mal wenn wieder einmal die Sättigungsgrenze erreicht war und die Anzahl der verende­ten Tiere durch Seuchen und andere Ursachen die Gewinnkurve nach unten sinken ließ, leitete er über einen Schlauch die Auspuffgase eines Lastwagens in das Gebäude. Die Tiere wurden dadurch nicht nur getötet, sondern bekamen gleichzeitig eine gesündere Hautfarbe. Ansonsten meinte er, er habe die Tiere ja selbst gezüchtet und nicht aus der Natur genommen. Sie wären also sein Eigentum und er könnte mit ihnen machen, was er wollte.

* * *

Die Fabrik näherte sich dem dritten Planeten des Sonnensystems. Es schien eine reiche Ernte zu geben, obwohl dieses System nur einen einzigen Planeten führte, den man abernten konnte. Doch was musste man nicht alles tun, um eine ganze Galaxis mit Nahrungsmitteln zu versor­gen. Die heimatlichen Ressourcen waren schon seit Jahrmillionen verbraucht.

Vor fast so vielen Jahren hatten ihre Vorfahren die ersten Kulturen ausgebracht, um die Bil­dung von Lebewesen auf dem Planeten zu ermöglichen. Jetzt hatten die Beobachter mitgeteilt, dass die Sättigungsgrenze erreicht war. Die Population einer der Spezies hatte so explosive Formen angenommen, dass die Gefahr einer Ertragsverminderung bestand.

Die riesigen Saugschläuche wurden ausgebracht. Man musste sorgfältig darauf achten, dass alle Lebewesen erfasst wurden. Durch die anschließende Lagerung im Vakuum waren sie praktisch unbegrenzt haltbar, auch wenn sie vorher grausam aufplatzten und dabei krepierten. Es war eine Tätigkeit, bei der einem manchmal übel werden konnte. Doch sie machten sich keine Gedanken darüber. Schließlich hatten sie die Menschen selbst gezüchtet und nicht aus ihrer Galaxis entnommen. Also konnten sie mit ihnen machen, was sie wollten.

Der fertigen Nahrung sah man nicht an, auf welche Weise sie entstanden war. Sie brachte einen guten Preis.