Читать книгу Mein Name ist DRAKE. Francis Drake - Wulf Mämpel - Страница 11
DREI DREI.
Оглавление10. November 1590, ein bedeutender Tag
„Die Zeit ist aus den Fugen geraten, meine Herren!“
Königin Elisabeth schreit den Satz, den sie aus dem neuen Theaterstück „Hamlet“ unseres gemeinsamen Freundes William Shakespeare zitiert, geradezu heraus. Ich erkenne ihr Engagement an ihrem wütenden Gesichtsausdruck: Energisch, ichbezogen, zielbewusst und unmissverständlich, ja, kämpferisch. Erwartungsvoll blickt sie mit ihren funkelnden grünen Augen in die Runde. Sie ist sich ihrer Wirkung bewusst: Jeder Zoll eine von sich überzeugte Königin! Ihr Temperament geht wieder einmal mit ihr durch, denke amüsiert und bewundere ihre Kunst, Menschen begeistern zu können. Ich sehe, dass sie heute den Startschuss für eine große Entwicklung ihres Reiches abfeuert, ein Salut für eine Vision, die die Welt verändern wird. Irgendwie spüren wir das an diesem Tag alle. Niemand der Anwesenden Herren sagt ein Wort. Das Schweigen ist bedrückend. Ich muss lächeln: Heute kommt die Herrscherin mir besonders willensstark vor. Sie weiß, dass sie auf einer guten Basis steht, was ihre bisherige Regierungsbilanz betrifft: Trotz vieler Kritikaster ist ihrer Regentschaft eine große Glanzperiode beschieden. Die Brutalität der Justiz und der daraus folgenden Urteile, die gnadenlosen öffentlichen Hinrichtungen – oft eine Belustigung für das gaffende Volk - sind dagegen blutiger Alltag, sie regen niemanden mehr auf, solange das eigene Leben einen gewissen Luxus aufweisen kann. Handel und Gewerbe, Schifffahrt, aber auch Wissenschaft, Kultur, Kunst und Literatur entwickeln sich zu einer überreichen Blüte. Wer hatte das von dieser Frau, die bis zu ihrer Krönung von der eigenen Schwester, der katholischen Königin Mary Tudor, im Tower gefangen gehalten wurde, erwartet? Der Tod der „blutigen“ Mary, wie sie voller Hass gerufen wurde, machte erst den Weg frei für den Aufstieg der geschulten, talentierten Prinzessin zur Königin Elisabeth I. Der Tod der hassgesteuerten Schwester und die darauffolgende Inthronisation sorgten in England selbst, aber auch auf dem Kontinent für heftige Diskussionen. Manch ein Potentat lachte insgeheim, doch schon recht bald wurde er eines Besseren belehrt: Elisabeth regierte mit harter Hand, schnell hatte sie den Spitznamen „Eiserne Lady“.
Das Zentrum London ist unter ihrer Machtfülle eine Stadt mit nun über 300 000 Einwohnern geworden. London ist ein Magnet, ein Moloch. Die Landbevölkerung zieht es in die Metropole an der Themse. Hier florieren die Kaufläden, die Handwerksbetriebe, die Kneipen und Gasthöfe, die Börse, eine expandierende Messe und rund fünfzehn kleine Theater. Die Universität lockt die Jugend aus ganz Europa an, die Straßen sind keine Schlammwege mehr, sondern sind gepflastert, die Wasserversorgung, auch durch meinen Erfolg als Bürgermeister in Plymouth bestärkt, wird durch hölzerne Leitungen reguliert, es gibt eine bessere Beleuchtung der Straßen und Plätze durch große Öllampen, außerdem ist jeder Bürger verpflichtet, vor seinem Haus Öl-Laternen aus Holz oder Eisen aufhängen, die vom Fett der Wale gespeist werden. Das dunkle Zeitalter ist beendet. Und die Feuerwehr, die die Königin gründete, hat die Brände schnell im Griff. Es gibt eine Reihe von berühmten Schulen, Apotheken, Druckereien und Büchereien. Reiter, Sänften, Kutschen und Fußgänger bevölkern die Straßen und Plätze – London mausert sich zu einer europäischen Metropole. Die Kleidung des Bürgertums ist festlich, geschmackvoll und teuer.
Ein neues Genussmittel ist der Konsum von Tabak, den die Spanier aus ihren Kolonien auch auf unsere Insel gebracht haben. Ich erinnere mich, wie wir mit der ersten Ladung nach London kamen – hier wird das Kraut nicht als Zigarre geraucht wie bei den Indios, sondern in Pfeifen aus Ton und Holz. Und die Bildung innerhalb der Hauptstadt hat ein recht hohes Niveau erreicht, was niemand für möglich gehalten hatte. Man spricht schon von einer englischen Renaissance. Natürlich hat die Explosion der Bevölkerung auch die negative Flamme der Gewalt, der Morde, der Diebstähle und Betrügereien entfacht. Banditen, Schmuggler und Abenteurer zieht es nach London, so dass die Wachsoldaten viel zu tun bekommen. Die Anzahl der Morde steigt.
Ich lächele in Richtung der Königin, die mir nun leicht zunickt. Unbemerkt von den Anwesenden hebe ich den Daumen meiner rechten Hand. Ich verstehe, warum das englische Volk seine Königin so verehrt, richtiger, geradezu liebt. Unter ihrer Regentschaft – „mein Ehegemahl ist mein Königreich“ - blüht das oft zerstrittene Land, zerstritten durch blutige Glaubenskriege, Machtgelüste und Neid auf die spanischen „Goldländer“ in der Neuen Welt, wieder auf. Der Handel sorgt dafür, das Englands Schulden abgebaut werden, die militärische Präsenz steigt und neue Pläne werden geschmiedet, die ein neues, großes, goldenes Zeitalter verheißen: Ein englisches Zeitalter, das die Vorherrschaft der allmächtigen Habsburger, die als Regenten von Österreich, Burgund, den Niederlanden, als Könige von Spanien/Portugal und Kaiser des Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nationen ab dem 13. Jahrhundert bis in unsere Tage hinein die Geschicke Europas sehr stark bestimmen, beenden will. Und das schon jetzt einen Namen hat: Das Elisabethanische! Doch dieser spontane Ausbruch jetzt zeigt mir, wie ernst die Königin das meint, was sie sagt. Dass sie mir ein verstecktes Augenzwinkern gönnt, freut mich, denn ich bin seit längerem in ihre Pläne eingeweiht. Was viele der anwesenden Herren ahnen, jedoch nicht wissen können.
Ich bewundere dieses gertenschlanke Weib, das die Disziplin, die man so allgemein Staatsraison nennt, über ihre geheimen Leidenschaften und Sehnsüchte stellt. Wie schafft sie das nur? Denn auch bei Elisabeth glühen im Inneren Leidenschaft und Begierde, auch wenn sie das offiziell nie zugeben würde. Ich Grunde ist sie eine leidenschaftliche Frau, die nach außen hin so kühl und gelassen wirkt. Aber ich weiß es besser!
Die Königin stampft mit ihren übergroßen Füßen wütend auf den roten Sandsteinboden. Vor Aufregung zittern ihre schlanken Hände. Ihr weiß gepudertes Gesicht unter den wie Kupfer schimmernden Haaren ist von einer zornigen Röte überzogen. Die Königin hat beide Hände hochgerissen, um ihren Worten noch mehr Gewicht zu geben. Dann blickt sie fragend in die Runde. Die Anwesenden zucken zusammen und blicken sich neugierig um. Sie kennen die spontanen Ausbrüche der Herrscherin, doch diesmal ist es anders als sonst: Die Königin des britischen Reiches beendet damit eine zweistündige geheime Konferenz, an der ich – neben weiteren engen Vertrauten - teilgenommen habe.
Wir tagen in einem kleinen, sparsam eingerichteten Kabinett des Greenwich-Palastes, das nur mit einem runden Tisch und acht Stühlen möbliert ist und an den Wänden vier Ölgemälde aufweist: König Heinrich VIII., ihren Vater, Anna Boleyn, ihre Mutter, ihre Schwester, die verstorbene Königin Mary Tudor und ihr eigenes königliches Porträt mit dem hervorstechenden Wappen, das von einem Löwen und einem roten Drachen eingerahmt wird. Der Blick aus dem bleiverglasten Fenster gibt einen sehr guten Eindruck von der breiten, träge dahin fließenden Themse wieder, auf der heute, trotz des Nieselregens, ein reger Schiffsverkehr herrscht: London erfreut sich einer zunehmend positiven Handelsbilanz.
Ich höre ihre Worte noch, die sie uns vor einigen Minuten sehr eindringlich sagte: „Ich erinnere Sie an den 19. Mai 1588, als unsere Feinde ihre Armada als die „Unbesiegbare“ bezeichneten. Eigentlich lautet ihr Name aber „Grande y Felicísima Armada", etwa „Die große und vom Glück begünstigte Kriegsflotte.“ Als die Schiffe am 19. Mai in Lissabon ihre Segel setzen, glaubten viele Zeitgenossen, die Tage der englischen Königin seien gezählt. Es kommt anders: Die Hälfte der 130 Schiffe geht im Orkan vor der schottischen und irischen Küste unter. „Gott blies, und sie wurden zerstreut", nannte ich damals das Ereignis. Und Philipp rechtfertigte sich: „Ich sandte meine Flotte gegen Menschen aus, nicht gegen die Wellen und den Wind.“ Uns kam 1572 in den spanischen Niederlanden eine Rebellion sehr zu Pass, die Philipp nicht unterdrücken konnte. Er frohlockte damals: „Uns gehört die Neue Welt! Unsere Schiffe tragen die spanische Flagge über vier Meere. Unsere Armeen ziehen durch Afrika, den Nahen Osten, den fernen Westen. Überall sind wir siegreich und unverwundbar. Aber nicht vor den eigenen Toren.“ Ich entsandte 1585 Truppen in die Niederlande, um den Protestanten zu helfen - und Philipp reagierte prompt, unser Reich anzugreifen. Er schrieb damals: „Nur die Niederlande wagen zu widerstehen. Der Grund ist eine dunkle und kalte, nebelige Insel. Genauso verräterisch und kalt wie ihre Königin."
Was zunächst als religiöser Feldzug motiviert war, entpuppte sich als klare Aggression und Eroberungsidee Unseres Reiches. Für seine Armada nimmt Philipp Kredite auf und verkauft die Juwelen seiner letzten Frau Anna von Österreich. Der spanische König vereint Flotten aus verschiedenen Reichsteilen und gliedert der Armada alle in spanischen Häfen liegenden Handelsschiffe an. An Bord sind etwa 20.000 Mann Besatzung und Soldaten. „Steige auf O Gott und verteidige Deine Sache!", lautet die Losung auf dem Banner der Armada. Zwei Monate später sichten wir die ersten spanischen Segel in der Straße von Dover. Bei den heftigen Seegefechten sind wir mit unseren wendigeren Schiffen deutlich überlegen. Unsere Kanonen sind auf dem neuesten Stand der Waffentechnik. Unsere patriotischen Herzen tun ein weiteres: Kapitäne wie Sir Francis setzen ihren Mut und ihren Verstand ein. Am Ende segelt die Armada geschlagen heim. Allerdings um Schottland und Irland herum, wo im heftigen Orkan Schiffe an den Klippen bersten oder stranden. Dabei hat die Armada fast die Hälfte ihrer Schiffe verloren. 68 Wracks, die im Herbst 1588 im spanischen Hafen von Santander einlaufen, sind alles, was von der „Armada Invencible" übrig geblieben ist. Meine Herren, warum erzähle ich Ihnen das, was Sie alle genau wissen: Weil es immer wieder ein Beispiel dafür ist, dass man nie aufgeben soll. Dass man auch auf diese Manier die neue Welt in Amerika erobern kann. Und das wollen wir.“
Gerade hat Königin Elisabeth uns - ihrer engen militärischen Führung - gestanden, was sie künftig als ihre Vision in die Tat umzusetzen gedenkt: England soll im Alleingang und an den übrigen europäischen Reichen vorbei zu einer imperialen Weltmacht avancieren! Zu einem mächtigen, wohlhabenden Empire. Die Vision: Ein Königreich mit zahllosen Kolonien, die über die gesamte bekannte Welt verteilt sein sollen! Ich kenne die Queen und ihr Durchsetzungsvermögen, das sie seit ihrem Regierungsantritt im Jahre 1558 unter Beweis stellt und gegen die Unkenrufer, die Neider und Erbschleicher der großen Adels-Familien des Landes verteidigt. Fast schon mit einem männlichen Gepräge. Sie ist wirklich eine eiserne Lady, ohne Frage, doch sie hat nichts von der brutalen Art ihres Vaters, der die Inkarnation bestialischer Energie gewesen war.
Sie erschloss sich die Herzen mit diesem Satz: „Wenn ich als Königin glücklich leben will, muss ich leben lassen!“ Eisern ist sie aber auch gegen sich selbst. Den Ruf als einflussreichste Herrscherin ihrer Zeit zu sein, trägt die hochgebildete Elisabeth I. mit charismatischem Stolz. Denn das aufsteigende englische Bürgertum macht seine Ansprüche gegenüber Politik und Kultur geltend. Elisabeth schafft es, sie zu bändigen und die eigene Kirche vom Einfluss Roms gelöst zu halten. Damit beendete sie die religiösen Wirren im Land: Sie verhinderte die Spaltung des Volkes. Geschickt unterstützt sie in den Niederlanden die aufständischen Geusen und damit Wilhelm von Oranien gegen die spanische Besatzung. Die Enthauptung der katholischen Schottin Maria Stewart 1587 – ich komme darauf zurück - und unsere dauernden Überfälle auf spanische Handelsschiffe schienen Philipp die Rechtfertigung für eine Invasion Englands zu geben. Seine Rechnung ging nicht auf, denn wir demontierten die Legende von der Unbesiegbarkeit der spanischen Flotte. In der Tat bedeutete die Vernichtung der Armada den Zusammenbruch der Politik Philipps II. Der Tod Tausender seiner Soldaten hat sein Reich geschwächt, er schreit daher nach einer neuen Nation, die er sich einverleiben will: Nach England!
Die Widersprüche innerhalb der protestantischen Kirche in England verschärft sie allerdings, da sie mit äußerster Härte gegen puritanische Bestrebungen vorgeht und somit die Puritaner, die sie Sektierer nennt, zunehmend in den Untergrund drängt. Ich habe gehört, dass sie eines Tages England in die neue Welt nach Amerika verlassen wollen. Pläne dafür seien schon gefasst: Als Siedler der Krone, die meisten von ihnen sind Bauern und Handwerker. Die Königin erklärt das so: „Nach den Entdeckern und den Kaufleuten folgen die Auswanderer in den Osten von Amerika. Nach Neuengland.“
Und sie erklärte weiter, dass sie die Entwicklung deutlich vor sich sähe: Nicht erst in unserem Jahrhundert, sondern bereits seit der Antike habe es Kolonien gegeben. Griechen, Römer, Phönizier, praktisch alle führenden Mächte der Geschichte, hätten fremde Länder erobert, verwaltet und damit den Fortschritt in diese Länder gebracht. Ich muss grinsen: Immer wieder werden die Wasserleitungen der Römer zitiert!
Im 13. Jahrhundert, so die Queen, hätten sich die Bedingungen des Zusammenlebens der Völker in Europa aber grundlegend geändert. Das Bevölkerungswachstum habe zu einer nie enden wollenden steigenden wirtschaftlichen Nachfrage geführt, die auch die kulturelle Entwicklung der Länder beeinflusste. Es sei zu einer Veränderung der eigenen Sichtweise gekommen und auch zu einer neuen Sicht von Religion, Zusammenleben, Fortschritt und Zukunft. Viel Überliefertes sei hinterfragt worden, weil die Menschen neugieriger würden, aufgeklärter – sie wollten nicht mehr alles glauben, was man ihnen erzählte, weder von der Kanzel, von Thronen, noch in den Parlamenten. Man glaubte beispielsweise nicht mehr, dass die Erde eine Scheibe sei, was jedem erfahrenen Seefahrer schon als blanker Unsinn aufgefallen sein müsste. Man wolle Neues und Unbekanntes erfahren, reisen, zu neuen Ufern aufbrechen und expandieren. Doch da man nicht wisse, so die Königin weiter, was hinter dem bekannten Land kam und was es zu entdecken gelte, bliebe jede Fahrt in die Fremde eine Reise ins Unbekannte. Gefährlich und aufregend. Doch das Ziel sei klar: Europa werde die Welt verändern, die Welt und die Menschen dieser globalisierten Welt!
Die Königin wörtlich: „Wir müssen den neuen Wein in unsere alten Schläuche füllen! Die europäische Kolonisierung muss zu einem weltumspannenden Netz ausgebaut werden, das alle Kontinente einschließt und damit auch zu einem neuen Weltsystem wird. Diese neue Weltordnung der Eroberung führt zu einem weltumspannenden System des Handels, welches freilich sehr unterschiedlich strukturiert sein wird. Neben dem Handel sollte aber auch der Möglichkeit der Wissens- und Informationsweitergabe eine zentrale Funktion zukommen. Wir müssen eine Übersee-Begeisterung entfachen, Heimkehrer müssen die neuen Welten begeistert niederschreiben, sie müssen als Bücher gedruckt und verbreitet werden. Damit wird es möglich sein, die in Übersee gesammelten Eindrücke wirkungsvoll in Europa zu vermarkten.“
Elisabeth macht eine kleine Pause, dann sagt sie weiter: „Dabei wird die Expansions-Welle von Europa ausgehen, als eine dauerhafte und eine bleibende. Neben dieser Neugier und dem Wunsch nach Expansion hat sich in unserer Zeit eine umfangreiche europäische Verwaltung entwickelt, eine neue Ordnung, eine neue Dynamik. Der Buchdruck, die Schrift, die Kartographie und der Briefverkehr ermöglichen einen weitreichenden Austausch von Informationen und damit eine Organisation in den Kolonien über große Entfernungen hinweg. Die Beamten werden jedoch nicht allein nach Übersee reisen, sondern werden von britischen Soldaten und von Siedlern begleitet, die unterschiedlich stark diejenigen Gebiete, in denen sie landen, prägen. Für die Europäer spielt auch ein religiöses Sendungsbewusstsein eine herausragende Rolle, wie eine Mission, das Christentum in die Neue Welt zu tragen. Nicht mit Feuer und Schwert, wie es die Spanier und Portugiesen taten, sondern mit Liebe und Demut. Eigentliches Ziel der Fahrten aber ist die Bereicherung unserer Lebensgewohnheiten: Wir hoffen, Gewürze, Rohstoffe und andere wertvolle Handelswaren zu finden. Und natürlich auch Gold, Silber und Edelsteine. Aber auch Holz für den Schiffsbau, Waffen, Früchte. So werden europäische Sprachen, Institutionen, Rechts- und Staatsvorstellungen, Religion und schließlich Techniken und Produktionsweisen in andere Teile der Welt gebracht, genauso wie die außereuropäischen Gebiete in vielfacher Hinsicht künftig auch Europa beeinflussen werden. Es wird einen gegenseitiges Geben und Nehmen sein. Meine Herren, lassen sie uns – ich nenne es pragmatisch die Globalisierung – an unsere Fahnen heften. Mutig, schnell und konsequent.“
Die Menschen würden aus verschiedenen Regionen Europas in die englischen Kolonien in Nordamerika einwandern. Sie würden Schutz suchen vor politischer Verfolgung und Freiheit für die Ausübung ihrer Religion. Und sie würden Arbeit suchen! Daher verließen sie ihre Heimat. Die künftigen Kolonisten in Nordamerika brauchten aber auch Arbeitskräfte. Ackerland sei billig und reichlich vorhanden, aber Arbeitskräfte seien rar und teuer. Deshalb würde armen Europäern, die auswandern wollten, aber kein Geld hätten, die Überfahrt nach Amerika bezahlt. Dafür müssten sie als Vertragsknechte auf einer Farm arbeiten. Wenn sie ihre Schulden abgearbeitet hätten, könnten sie wieder frei und unabhängig werden.
Ich notiere in Klammern: Schon zu Lebzeiten ist die Königin eine Legende. Dieses Gerücht hielt sich aber lange: Sie sei keine Frau, sondern ein Mann. Außerdem wurde ihr eine Reihe unehelicher Kinder von verschiedenen Liebhabern zugesprochen. Alles Unsinn! Den Mann, den sie wirklich über eine lange Distanz liebte, war der leichtfüßige Frauenheld Robert Dudley, 1. Earl of Leicester. Und heimlich - für ein paar aufregende Monate lang - einen emporstrebenden gutaussehenden Freibeuter . . . mich!
Nachdem sie den Thron als Nachfolgerin ihrer bigotten, spießigen, fanatisch-katholischen Schwester Maria bestiegen hatte, änderte sich nämlich das Verhältnis des aufstrebenden protestantischen Englands zur katholischen Weltmacht Spanien grundlegend. Nach außen hin bemühte sich die Königin mit Hilfe einer ehrlichen Verlogenheit um korrekte Beziehungen zu König Philipp II., dem mächtigen, tyrannischen Verteidiger der „alten“ Kirche. Unter der Hand förderte sie aber nach Kräften den Kampf gegen die spanische Vorherrschaft. Ihre „Nadelstiche“, wie man unsere Kaperfahrten scherzhaft nannte, gegen das spanische Weltreich sollten dieses an seiner verwundbarsten Stelle treffen: in der Neuen Welt. Spanien bezog mittels seines Handelsmonopols in ganz Mittel- und Südamerika, das andere Nationen unter Androhung hoher Strafen ausschloss, unermessliche Reichtümer von diesen überseeischen Märkten. Sich über Regeln der Gepflogenheiten hinwegsetzend, erlaubte und förderte die englische Königin Angriffe ihrer Freibeuter, zu denen mein älterer Cousin John Hawkins und sein begabter „Schüler“ Francis Drake, als berühmteste gehörten, auf diese spanischen Kolonien.
Was für ein Plan, was für ein Anspruch, denke ich etwas amüsiert und starte einen ersten Applaus-Versuch, dem nach und nach auch die anderen Berater ebenfalls folgen. Unter ihnen zunächst zögerlich auch der alternde, aber immer noch einflussreiche Lordschatzmeister und 1. Staatssekretär William Cecil, 1. Baron Burghley, der in den vergangenen zwei Stunden kaum ein Wort sagte und ungläubig den Worten der Königin folgte., Ich bin nicht wirklich überrascht und wundere mich nicht so sehr wie die anderen Herren der intimen Runde. Mir sind die Pläne durchaus vertraut, zum Teil sind sie das Ergebnis vieler vertraulicher Gespräche, die ich mit der Königin führte. Mir ist heute aber sehr klar geworden: Gespräche diesen Inhalts werden sich in Zukunft häufen . . . Die Königin meint es ernst mit dem, was sie uns verkündet:
„Noch einmal, meine Herren: Die Welt und die Zeit sind aus den Fugen geraten! Wir danken Ihnen für Ihr Erscheinen und Ihre Bereitschaft, an diesem großen Werk mitzuhelfen. Denken Sie über diesen Spruch nach. Wir erwarten sehr bald Ihre Vorschläge, denn die Zeit drängt, da auch andere Mächte sich ein fettes Stück von diesem Kuchen sichern wollen. Unsere Konkurrenten sind schon jetzt auszumachen: nach wie vor Spanien, Portugal, aber auch Holland und Frankreich - und wir natürlich. Ich habe Informationen über die nächsten Schritte: Die Spanier werden von Mexiko aus an der Westküste aktiv, die Franzosen haben ein Auge auf den hohen Norden, auf Kanada, geworfen und wir gründen Kolonien zunächst an der gesamten Ostküste, um uns dann in Richtung Westen aufzumachen. Wir sind bereit, Unser Königreich zur größten Kolonialmacht auszubauen. Dazu bedarf es nach wie vor einer selbstbewussten Politik gegenüber Spanien und Frankreich. Am Ende des Mittelalters war England ein unbedeutendes Nebenland, eine grüne, feuchte, von Ketzern bewohnte Insel ohne jede bedeutende maritime Tradition, doch ab dem16. Jahrhundert entwickelte es sich unter Unserem Vater Heinrich und in Unserer Regierungszeit zu einer ernstzunehmenden Macht. Durch kluge Diplomatie und die Erfolge britischer Seehelden wird es die Meere beherrschen und zur größten Kolonialmacht der Erde auferstehen – zum einzigen mächtigen Weltreich der Geschichte, dem es gelingt, auf allen fünf Kontinenten Fuß zu fassen. Dies schaffte nicht einmal das große Rom. Meine Herren, das ist der Plan . . . Es ist ein guter Plan!“
Und sie fährt unbeirrt fort: „Der spanische König, der katholische Habsburger, unterschätzt das Glück der Tüchtigen. Das Gold Südamerikas wird ihm keinen Segen mehr bringen. Wie kann es sein, dass eine große Nation wie Spanien in die Hände dieses Tyrannen fällt? Warum akzeptieren die Untertanen die Lügen eines Mannes, der europaweit Schaden anrichtet? Das Wesen der Tyrannei ist zu allen Zeiten erschreckend aktuell. Das war auch in unserem Reich in der Vergangenheit so. Tyrannen verachten das Gemeinwohl, nur vermeintliche Sieger wecken die Anerkennung des Despoten, wenn er sie für seine Ziele nutzen kann. Verlierer erregen nur seinen Spott. Das ist Philipps Problem! Um ein wirklicher Herrscher zu sein, bedarf es mehr als Länder auszupressen, ein großer Herrscher lässt seine Untertanen teilhaben am Erfolg seines Reiches. Er gibt dem Volk zurück, was es an Opfern geleistet hat. Das haben Wir vor. Unser allgemeiner Reichtum wird aufgeteilt, jedermann soll davon profitieren. Spanien ist inzwischen so zornig über unsere Taktik, über die Niederlage seiner Armada vor zwei Jahren und dem gescheiterten Versuch, unsere Insel zu erobern, dass wir weiter auf der Hut sein müssen. Wir rechnen nach wie vor mit Überfällen der Spanier auf unser Reich.“
Den Satz „Die Zeit ist aus den Fugen“ höre ich in diesen Tagen sehr oft. Die einen sagen ihn beschwörend, andere benutzen ihn, um ein Untergangs-Szenario zu entfachen für eigene politische Ziele, wiederum andere sind stolz darauf, dass eine neue Zeit anbricht, in der Englands künftige Größe zum Greifen nahe liegt - wie die Königin selbst. Die Zeit ist aus den Fugen: Wie immer man das interpretieren will, von einem lähmenden Stillstand, wie er viele Jahrzehnte die Diskussion und das Leben im Vereinigten Königreich bestimmte, weil die Herrschaft sich nur mit sich selbst und fremden Röcken und um das Wohlwollen Roms beschäftigte, ist nicht mehr die Rede. Die Frommen im Reich sehen den Weltuntergang voraus, sie verteufeln die Kirchenspaltung durch Martinus Luther und die calvinistische Bewegung in einigen Ländern Europas, sie beklagen die sündhaften, ketzerischen Lebensformen, die sexuellen Ausschweifungen, besonders in den größer werdenden Städten, sie beklagen den fehlenden Humanismus in der Gesellschaft, „der uns ja vom Tier unterscheidet“, die sinkende Moral und den Werteverlust schon unter den Jugendlichen, sie prangern Neid und Gier, Intrige und Egoismus an, die das christliche Abendland angeblich gefährden. Sie vermehren ihr politisches Kapital aus diesen populistischen Ansichten und gefühlten Wahrheiten.
Der Weltuntergang sei nahe, klagen sie: Der jüdische Arzt und bewunderte Mystiker Michael Nostradamus aus Saint-Remy de Provence in Südfrankreich, der vor 25 Jahren (1566) verstorben war, werde wohl bald Recht behalten! So sagen sie. Die Ankunft des Antichristen sei in Kürze zu erwarten, zitieren sie den umstrittenen Magier mit dem Zweiten Gesicht! Ein langer Krieg der Religionen – Katholiken gegen Protestanten - werde Europa bald überziehen! Ich selbst glaube nicht an diesen hellseherischen Spuk, der mich an die Warnungen der Kassandra in Troja erinnert, obwohl ja doch einiges eingetreten sein soll, was der umstrittene Doktor vorausgesehen hat. Wahr ist aber auch: Wir leben in wundersamen Zeiten, in denen moderne Rattenfänger Erfolg haben, fanatische Wanderprediger ihren Unsinn auf den Märkten verbreiten und clevere Scharlatane den Menschen das Himmelreich versprechen und wundersame Elixiere gegen alle nur erdenklichen Wehwehchen verkaufen. Da bedarf es klarer Richtlinien und Visionen, um in diesem Wirrwarr Erfolg zu haben. Der Aberglaube ist immer der Begleiter der Unwissenheit! Königin Elisabeth hat dieses Problem erkannt: Mit klugem Verstand, Überzeugungstalent, geschickter Diplomatie und – wenn es nötig ist – mit harter Hand setzt sie ihre Pläne zum Wohle Englands durch. Sie wird, da bin ich ganz sicher, als eine große Königin in die Geschichte Albions eingehen. Ihr Erfolg basiert auf einem angeborenen Pragmatismus, nicht aber auf einer Ideologie, denn der, der ihr verfallen ist, verdrängt die Realität. Ein berühmter Engländer, dessen Name ich vergessen habe, hat einmal gesagt: Das ist ja der ganze Jammer: Die Dummen sind immer so sicher und die Gescheiten so voller Zweifel! Und der Narr hält sich für weise, meint Shakespeare, aber der Weise weiß, dass er ein Narr ist . . .
Ich selbst fühle mich in Elisabeths Inselreich sehr wohl. Ich bin ein Mensch, der Erfolg haben will und blicke deshalb immer nach vorne, ich erfreue mich mit nun bald 50 Jahren meiner Gesundheit und meines Lebens auf meinem herrlichen Landsitz nördlich von Plymouth. Ich genieße das bunte Leben am Hof zu London, meinen Ruhm und die Ehe mit meiner zweiten Frau Elisabeth. Bin ich ein Glückspilz, weil ich das zugebe? Manche sagen, ich hätte das Königreich gerettet und den Grundstein für das britische Empire gelegt. Ich kann das nicht so richtig ermessen, ich weiß nur, dass ich auch meinem Cousin Sir John Hawkins sehr viel zu verdanken habe: Er hat mich gelehrt, als Kapitän zu Ansehen und Reichtum zu gelangen. Das habe ich aber ebenso der Königin zu verdanken, mit der ich heute freundschaftlich verbunden bin. Wir kennen uns sehr genau, wir lieben uns wohl noch immer. . .
Die Königin - ihre Regierungszeit wird bald als das „Goldene Zeitalter“ in der englischen Geschichte in Bezug auf die politischen, sozialen und kulturellen Entwicklungen bezeichnet werden. Und im Vergleich zum europäischen Kontinent so beschrieben (heute schon!): Als eine Renaissance, die den Nationalstolz durch die klassischen Ideale und die internationale Expansion mit Hilfe der Marine wieder entdeckt - ist spontan aufgestanden, nachdem sie ihre letzten Worte damit unterstreicht, indem sie mit beiden Händen auf die Tischplatte schlägt. Sie gibt jedem Gast die Hand und sagt zum Abschied noch einmal in einem ermutigenden Ton: „Wir müssen Unseren Plan, meine Herren, nun nach und nach publik machen, ihn in Scheiben schneiden und auf diese Weise die Protagonisten auf unsere Seite ziehen. Wir müssen so schnell wie nur möglich engagierte, leidenschaftliche Investoren gewinnen, Kaufleute, Handels-Compagnien, den Klerus, die Hanse, Abenteurer und Helden. Wir wissen, dass dies nicht einfach werden wird, aber Wir müssen immer wieder diese Pläne kundtun, Wir müssen sie in kleinen Häppchen diskutieren, sie allen Bedenkenträgern schmackhaft machen. Jeder in seinem Bereich, an seinem Platz, in seiner eigenen Welt. Voraussetzung aber ist eine starke englische Flotte. Wer eine imposante Flotte hat, dem gehören die Ozeane. An diesem Ziel werden wir gemeinsam arbeiten, engagiert, mutig, erfolgreich. Das sind Unsere bisher geheimen Gedanken, denn wer stehen bleibt, wird eines Tages von der Entwicklung bestraft. Das wollen Wir nicht! Wir benötigen dazu fähige Kapitäne und Admiräle, Generäle und Soldaten. Männer, die wissen, worum es geht: Es geht um die Beherrschung aller uns bekannten Seewege. Wir benötigen Männer wie Ihr es seid! Denn jeder von Ihnen muss den Mut der Überzeugung in sich tragen!“
Elisabeth winkt in die Runde, die sich langsam erhebt, und verlässt lächelnd den kleinen Konferenzraum. Zu mir sagt sie leise im Vorbeigehen: „Sir Francis, wir sehen uns ja bald, an Eurem Geburtstag!“
Niemand der Anwesenden sagt ein Wort. Ich harre noch ein paar Minuten aus und entferne mich dann ebenfalls. Ich spüre, dass das eben Gehörte in meiner Anwesenheit nicht diskutiert werden soll: Mein gutes Verhältnis zur Königin in diesen Fragen ist den Herren bekannt. Sie wollen den kühnen Plan unter sich allein erörtern. Ich sage zum Abschied: „Wir haben das Glück, den Aufbruch in eine neue Zeit zu erleben, meine Herren. Nichts ist daher überzeugender als der Erfolg. Das sollte uns glücklich und dankbar machen. Bedenken wir daher, dass wir am Beginn eines neuen Zeitalters stehen.“
Admiral Brewster fragt mit seiner rauen Stimme: „Es wird viele Tote geben, Ungerechtigkeiten, Blut wird fließen. Ist dies der Preis für die Landeroberung, denn nichts anders bedeutet Kolonisierung fremder Völker. Die Kirche nennt es sogar Missionierung. Wie werden wir mit den Ureinwohnern umgehen? Metzeln wir sie einfach ab, weil sie ja nur Heiden sind? Beuten wir diese Länder brutal aus, ohne Rücksicht auf die Menschen, denen die Länder gehören? Wer sorgt in den neuen Ländern für Recht und Ordnung? Ich glaube, wir haben alle noch viele Aufgaben zu erledigen, meine Herren, bevor wir zu neuen, zu fremden Ufern aufbrechen sollten.“
„Sehr gut gesprochen, lieber Freund“, antworte ich dem Admiral, „daher hat die Königin uns jetzt reinen Wein eingeschenkt, damit wir nun mit unseren Schularbeiten und der Beantwortung all dieser Fragen beginnen. Die Probleme in der Neuen Welt haben viele Aspekte: Die Eingeborenen halten uns für merkwürdige bleiche Wesen, sie selbst sind halbnackt, wir hingegen tragen blinkende eiserne Brustpanzer, haben Werkzeug aus Eisen, Pistolen, Gewehre, Kanonen und messerscharfe Schwerter. Sie tauschen wir gegen wertvolle Pelze. Die Spanier und Portugiesen glauben, Gott habe uns die Neue Welt geschenkt, um sie auszubeuten und zu unterwerfen. Wir müssen wissen, dass Nordamerika seit Tausenden von Jahren diesen Völkern gehört, von den Eisfeldern Alaskas bis zu den Wüsten Mexicos. Sie legen ihre weiten Entfernungen zu Fuß zurück, denn sie kennen keine Pferde, die lernen sie erst durch uns Europäer kennen. Sie nennen unsere Vierbeiner Sunka Wakan – „unbegreiflicher Hund“ – der Besitz eines Pferdes ist heute auch ein Statussymbol für die Krieger der Völker und deren Häuptlinge. Die Indianer leben in Stämmen auf ihren riesigen Weiden. Wir kommen mit unserem heutigen Wissen in eine Welt, die wir als rückständig bezeichnen. Das macht uns arrogant. Doch mit solch einer Haltung werden wir auf Dauer keinen Erfolg haben.“
„Was sollen wir dann dort . . . bei diesen Wilden?“
Auf dem Weg in meine Londoner Stadtwohnung, auf dem mich mein treuer Mestize Fernando Pareira begleitet, ist mir die Bedeutung dieses Treffens noch einmal deutlich geworden. England ist mit einem Mal in der Neuzeit angekommen, es wird künftig nicht weiter zum Gespött des Festlandes gemacht werden können: Nebelinsel, Inzuchtvolk, Insel der miesen Küche, der Schwulen und der Ketzer. Es geht nun eben auch ohne Europa – das ist die neue Botschaft unserer Königin! Das Königreich hat zu dieser Zeit vielleicht vier Millionen Einwohner, es besitzt ein geringes Staatseinkommen, eine kleine, noch junge Flotte und ein höchst mangelhaft gerüstetes Heer – kurz, wir sind drittklassig! Doch das Blatt hat sich gewendet: Immer mehr protestantische Flüchtlinge aus dem katholischen Europa, darunter erfahrene Handwerker, suchen Asyl auf unserer Insel und finden dort eine gastliche Aufnahme. Unter ihnen auch Kaufleute, Speicherverwalter, Landwirte, Schmiede, Seefahrer, Schiffsbauer, Landwirte und Soldaten. Neben der freien Ausübung ihrer Religion bereichern die Fremden den englischen Arbeitsmarkt und kurbeln die Wirtschaft an. Und sie bringen neue Ergebnisse mit, neue Ideen, Konzepte. Sie sind ein Gewinn für die englische Wirtschaft.
Ich weiß genau, dass das britische Volk, unter den begeisterten Neubürgern sind auch viele Juden und Hugenotten, sie für diese außergewöhnlichen Pläne lieben wird. Noch mehr lieben wird, als ihre katholische Schwester, deren wahlwitzige Kirchturms-Politik dazu führte, dass England den letzten Besitz in Frankreich verlor: Calais! Besonders jedoch loben ihre Zeitgenossen schon heute ihre Redekunst und die Art, wie sie dem Volk aufs Maul schaut. Als Meisterin der Rhetorik weiß Elisabeth genau das richtige Wort zur richtigen Zeit zu sagen, egal ob sie zu den ständig wechselnden ausländischen Gesandten, ihren Staatsräten, Ministern oder den Parlamentsmitgliedern, ihren Soldaten oder zum einfachen Volk spricht. Elisabeth fühlt bewundernswert instinktiv, wann sie zu sprechen – mal temperamentvoll, mal nachdenklich, mal fluchend - und wann sie aufmerksam zuzuhören hat, wann sie lächeln und wann sie feierlich werden muss. Ihre Worte werden von den Zuhörern stets mit Rührung verfolgt.
Ich gebe hier ein Bespiel wieder: „Ich versichere Euch, dass kein Fürst seine Untertanen mehr liebt und dass es keinen gibt, dessen Liebe der Unseren gleichkommt. Es gibt keinen Rubin, so kostbar er auch sein mag, der mir teurer wäre als Eure Liebe. Sie gilt mir mehr als alle Reichtümer der Welt, denn deren Wert kann man schätzen, während ich Liebe und Dankbarkeit für unschätzbar halte. Und wenn Gott, der Herr, mich auch hoch erhoben hat, so sehe ich doch meinen höchsten Ruhm darin, dass ich bisher mit Eurer Liebe regiert habe. Dass Gott mich zur Königin erkoren hat, macht mich nicht so glücklich, wie, dass ich die Königin eines solchen Volkes sein darf."