Читать книгу Das Mädchen, das nie spricht - Yasemin Akan - Страница 7

Kapitel 5 Nassira

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Nachdem Badr mir die Nachricht überbracht hat, dass meine Mutter der Heirat zugestimmt hat, ging ich zuerst in den riesen Garten zwei große Runden rennen. Durchgeschwitzt und ausgeheult lief ich dann wieder in mein Zimmer um zu duschen. Nach dem Duschen war eine Angestellte an der Tür um mir Klamotten zu bringen. Sie blieb noch, um dafür zu sorgen, dass alles perfekt saß und mir an nichts fehlte.

Ich werde mich jetzt einfach verloben. Ich werde heiraten..

Es ging mir immer wieder durch den Kopf und ich musste mich zusammenreißen nicht gleich wieder wie ein Kind loszuheulen.

Im Salon hörte ich schon mehrere Stimmen durcheinander sich munter unterhalten. Wenn ich nur auch so munter wäre wie sie alle.

Ich lief am Salon vorbei und setzte mich da auf ein Sofa, welches etwas versteckter war. Ich stützte meine Unterarme auf meine Knie und legte meine Stirn auf meine Arme.

„Hey“, hörte ich Rislans sanfte Stimme. Kurz darauf senkte sich die Sofamatratze neben mir. „Lass dich nicht hängen. Es wird sicher alles gut, ich vertraue deinem Vater“, versuchte sie mich aufzumuntern, was ich wirklich sehr schätzte, aber es leider nicht half.

„Du hast immer geschworen ehrenvoll mit deiner Frau umzugehen. Wenn du das tust, wird sie sicher genauso mit dir auch umgehen“, versuchte sie es weiter und lehnte dann ihren Kopf auf meine Schulter. Ich atmete tief durch.

„Ich wollte ein Mädchen heiraten, welches ich liebe“, antwortete ich bedrückt und hob mein Kopf um jetzt den Marmorboden leer anzustarren.

„Baba hat mir immer erzählt, wenn man nicht schon jemanden liebt, dann wird man sich nach der Ehe ineinander verlieben“.

„Ich bin nicht bereit zu heiraten. Das geht mir alles viel zu schnell“, antwortete ich kaum hörbar.

„Vielleicht bist du es doch“, sagte sie motivierend und hob ihren Kopf wieder von meiner Schulter.

„Ich wusste, dass ihr hier seid“, murmelte Badr als er uns sah. Dann lief er auf mich zu und stellte sich direkt vor mich.

„Du weißt, Onkel Khalid würde dir niemals die Entscheidung so früh nehmen, wenn sie nicht wirklich ohne Zweifel die beste wäre“, sagte er dann ernst. Egal wie ungern ich das zugeben möchte, Badr hatte recht..

„Und jetzt lass dich mal nicht so hängen, das steht dir nämlich gar nicht“, sagte er dann und zog mich an den Händen hoch, sodass ich jetzt stand.

„Du siehst richtig gut aus“, musterte er mich dann und richtete mir dann noch mal die Haare.

„Und wie immer besser als Badr“, grinste Rislan und brachte mich zum lächeln. Kleine Hexe.

„Pass auf was du sagt, du wirst alles später zurück bekommen“ sagte Badr streng aber musste dann lachen.

„Komm, lass uns rein gehen. Die Braut kommt gleich“, sagte Badr als er fertig gelacht hatte. Rislan umarmte mich noch mal kräftig, was ich erwiderte bevor Badr und ich dann das Zimmer betraten, in dem Babas beide jüngeren Brüder schon warten. Ein gelehrter Imam und Baba waren auch schon da. Höflich begrüßte ich jeden und Badr machte es mir gleich nach. Ich merkte, dass heute nicht die gesamte Familie anwesend sein wird. Ich setzte mich dazu und kurz darauf kam auch Rislan dazu, nur dieses Mal wie es sich gehörte, aus Respekt verschleiert.

Als wir unseren riesen Eingangstor ins Schloss fallen hörten, sagte Baba fröhlich: „das muss sie sein“. Darauf erhoben wir uns alle von unseren Plätzen. Durch den offenen Eingangsbereich zum Salon, konnte man schon früh Alia mit einem Mädchen in unsere Richtung laufen sehen. Aber ich traute mich noch nicht, das Mädchen anzuschauen.

Alia ist die Mutter von Badr und Rislan und meine Lieblingstante. Onkel Rayan, der Vater von Badr und Rislan und gleichzeitig der jüngste Bruder von Baba, lief auf die andere Seite, um seine Frau auf der Couch sitzen zu lassen.

„Wow, sie ist mega hübsch“, staunte Rislan neben mir leise. Jetzt schaute ich auch auf. Was ich sah ließ mein Herz einen Aussetzer machen.

Nassira.

Sie bemerkte mich im selben Moment, wie ich sie bemerkte. Wir schauten uns stumm an. Ohne Emotionen, aber mit Tausend Gedanken. Nassira kenne ich noch weniger als eine wildfremde Frau. Wie soll sie meine Frau werden?

Baba lief direkt auf sie zu und unterbrach somit unseren emotionslosen Blickkontakt. Ich bin Schockiert.

Baba begrüßte sie herzlich und Rislan begrüßte sie gleich darauf genauso herzlich. Alle anderen grüßte sie mit einem schüchternen Gruß.

Das Ritual begann und der Imam verheiratete uns. Nach 20 Minuten war alles beendet und wir verabschiedeten uns alle dankend vom Imam. Ich habe während der gesamten Zeit versucht nicht bedrückt auszusehen.

Als sich der Raum langsam leerte, nahm Rislan überglücklich Nassiras Hand und zog sie aus dem Zimmer. Ich blieb wie versteinert im Zimmer zurück und starrte den silbernen Ring an meinem rechten Ringfinger an.

Gerade als auch Baba als letzter das Zimmer verlassen wollte, hielt ich ihn auf.

„Wie hast du sie gezwungen?“, fragte ich ihn als er mich erwartungsvoll ansah. Sein Lächeln von eben verschwand sofort und eine Falte bildete sich zwischen seinen Augenbrauen als er diese zusammenzog.

„Ich habe sie nicht gezwungen“, sagte er ernst. „Wer würde nicht gerne einen Radwan heiraten“, ergänzte er.

„Sie würde es niemals freiwillig machen. Ich kenne sie“, sagte ich streng und er atmete tief aus.

„Ich habe sie nicht gezwungen, ich habe sie nur darum gebeten und sie hat es angenommen“, sagte er und ging. Seit wann war er so kalt zu mir?

Ich bin mir sicher, da steckt mehr als nur eine Bitte dahinter..

„Du kennst sie?“, erschreckte mich Badr, der genauso wie am Anfang noch an meiner Seite stand.

„Nein. Doch. Also sie ist in meiner Klasse, aber ich kenne sie nicht. Sie redet nie. Aber ich kenne sie gut genug, um zu wissen, dass sie sowas niemals freiwillig machen würde“, versuchte ich aufgelöst zu erklären. Er atmete Mitfühlend durch.

„Komm, mach in deinem Zimmer Platz für sie“, sagte er dann und klopfte mir aufmunternd auf die Schulter. Ich atmete gefühlt schon zum tausensten Mal heute tief durch und machte mich dann auf den Weg in mein Zimmer. Ich will noch nicht verheiratet sein.

In meinem Schrank machte ich so viel Platz, bis eine ganze Hälfte war. Auch wenn sie nur einen großen Koffer dabei hatte, der schon in meinem Zimmer stand. Vielleicht hat sie wo anders ihren ganzen Rest.

Die Tür öffnete sich und Rislan stand mit Nassira an der Tür: „Bilal ist schon da. Du weißt wo mein Zimmer ist, wenn was ist, komm vorbei. Fühl dich Zuhause“. Nassira lächelte dankend und schaute zu mir rein. Sie sah heute echt schön aus..

Weil ich mich von Nassira ablenken lassen habe, bemerkte ich zuerst nicht, dass Rislan hinter ihr Handzeichen machte, dass ich kommen soll.

„Ähm ich habe dir Platz gemacht. Diese Schrankseite gehört ab jetzt dir. Du kannst ähm auch deine Wertsachen da rein machen, ich werde nichts anfassen“, sagte ich und kratzte mich nervös am Hinterkopf.

„Die nächsten Tage bekommst du noch ein Ankleidezimmer und Rislan wird sicher auch noch mit dir shoppen gehen“. Ich spielte mit meinem Zeigefinger an dem Nagel von meinem Daumen. Als Nassira wieder nickte lief ich raus, wo Rislan schon ungeduldig auf mich wartete.

„Sie ist voll süß“, sagte sie direkt und wir liefen ein Stück weiter weg.

„Habt ihr geredet?“, fragte ich neugierig.

„Ja, nein, also, ich habe die ganze Zeit geredet. Sie hat immer gelächelt, genickt oder den Kopf geschüttelt. Sie ist sehr schüchtern. Mit dir wird sie sicher reden“, erzählte sie.

„Nein, wird sie nicht“, antwortete ich sicher. „Ich erkläre es dir Nachher oder Morgen. Mein Kopf ist gerade zu voll“, sagt ich und schaute sie entschuldigend an.

„Nicht schlimm. Du solltest jetzt erst mal zu deiner Frau gehen“, grinste sie breit und verschwand dann. Bevor ich mein Zimmer erreichte, sah mich Alia am Geländer und rief mich dann von unten.

„Ich wollte zum Essen bald erinnern“, sagte sie dann und ich bedankte mich lächelnd, bevor ich an mein eigenes Zimmer klopfte. Ich wartete kurz bevor ich rein lief. Sie räumte gerade ihre letzen Sachen ein. Ich setzte mich in der Zeit auf die große Couch. Ich hoffe meine Familie wird sie akzeptieren.

Wie schon einmal gesagt, ist mein Vater der älteste von drei Brüdern.

Der jüngste ist Onkel Rayan, seine Frau ist Alia und die Beiden sind die Eltern von Badr und Rislan. Ich denke, in dieser Familie wurde Nassira von der ersten Sekunde an schon akzeptiert.

Onkel Musa ist der mittlere Bruder. Seine Frau ist Salima und sie sind die Eltern von den Zwillingen Younes und Yassin (16), Amal (12) und dem jüngsten Mitglied der Familie Yara (7).

Nassira schloss den Schrank wieder und ich stand auf. „Hast du Hunger? Es gibt gleich Essen“, fragte ich und sie nickte lächelnd.

„Hat Rislan dir schon das Haus gezeigt?“, fragte ich dann und sie schüttelte zur Antwort den Kopf.

„Komm, dann zeig ich es dir ein Wenig vor dem Essen“, erklärte ich mich bereit und sie folgte mir. Auch wenn es mich etwas ärgert, dass sie nicht redet, obwohl ich mir dir Mühe gebe einen Gespräch aufzubauen, muss ich ruhig bleiben. Sie ist meine Frau..

„Ähm also, hier im oberen Stockwerk sind Hauptsächlich nur Gemächer, aber ich mag es lieber einfache Begriffe zu benutzen. Es wurde sortiert. In der Mitte sind die Zimmer von meinen Eltern, da neben weißt du ja schon, ist unser Zimmer. Die linke Seite gehört der Familie von Rislan, da ganz am Rand sind die Zimmer von Rislans Eltern dann kommt Rislans Zimmer, dann Badrs, der ältere Bruder von ihr, dann zwischen seins und unserem ist der Ankleide Zimmer von Rislan. Auf der anderen Seite sind die Zimmer von Onkel Musa und seiner Familie. Er hat die meisten Kinder, also auch viel Platz. Das sind so eigentlich die wichtigsten Zimmer. Unten sind halt so Wohnraum, Essenssaal, Besprechungssaal, Bibliotheken, Lehrsaal, Arbeitszimmer, Gallerien und so was, aber das wirst du dann mit der Zeit noch lernen“, erklärte ich und wir machten uns auf dem Weg nach unten.

„Achso, das hier ist die Haupttreppe. Unten gibt es noch einen kleineren Anbau, die hat seine eigene kleinere Treppe. Dort gibt es ganz viele Zimmer von Angestellten, viele bleiben hier über Nacht, Waschräume, Gästezimmer und sowas“, ergänzte ich noch.

Auf dem Weg zum Essenssaal schaute sich Nassira stumm um. Unten an der großen Tafel waren wir fast vollständig. Die, die vorhin nicht dabei waren, gratulierten uns noch, dann setzten wir beide uns auf unsere Plätze. Leider hat alles seine Ordnung, wenn es um ein Essen mit einem Anlass geht. Dann sitze ich weder in der Nähe von Badr und Rislan noch sonst von jemanden mit dem ich mich gerne unterhalte. Ich sitze ganz am Rand, Rechts von mir sitzt Baba an der einen Spitze, und links von mir normalerweise immer Onkel Musa. Jetzt zum Glück sitzt wenigstens Nassira neben mir. Als dann alle da waren, hielt Baba eine kurze Rede und eröffnete dann das Abendmahl.

Wie vermutet sprach Nassira auch beim Essen nicht mit mir. Trotzdem erzählte ich ihr alles was mir einfiel, um es ihr hier alles so gut es geht vertraut zu machen.

Nach dem Essen fragte mich Nassira, ob sie duschen dürfte. Ich zeigte ihr wo und verließ dann das Zimmer. Ich lief zu Badr und setzte mich da auf seine Couch. Ich brauche ein wenig einen Freund, der mit mir spricht. Das macht mich fertig.

„Bruder was ist los“, fragte er direkt. Badr merkt immer sofort wenn etwas nicht stimmt.

„Ich weiß es nicht. Das geht alles einfach viel zu schnell. Ich hatte absolut keine Zeit mich mental darauf vorzubereiten. Ich habe auch keine Chance meine Frau kennenzulernen. Sie redet überhaupt nicht. Sollte es mal jemand schaffen sie zum Reden zu bringen, hat die Person einen Orden verdient. Ich kann das nicht..“, erklärte ich verzweifelt und fuhr mir durch die Haare.

„Du kannst das. Du musst es nur verdauen. Gib ihr Zeit. Es gibt ein Grund für ihr Schweigen. Wahrscheinlich muss sie erst mal Vertrauen gewinnen. Sabr Bruder. Du musst geduldig sein“, (Geduld) motivierte er mich ernst.

„Wahrscheinlich hast du Recht“, sagte ich und drückte meinen Rücken durch um mich etwas aufzubauen.

„Danke“, bedankte ich mich und stand auf.

„Immer wieder gerne“, lächelte er und ich erwiderte es.

Ich wünschte ihm einen guten Abend bevor ich ihn in Ruhe ließ und in mein Zimmer zurück lief. Ich klopfte und betrat dann vorsichtig das Zimmer. Nassira saß mit einem angewinkelten Bein am Rand des Bettes und ihr anderes Bein hing zum Boden runter. Ihre Hände hielten ihr gelockertes Kopftuch fest und sie starrte gespannt zur Tür.

„Ich bins“, sagte ich und schloss die Tür hinter mir wieder. Sie nahm ihr Kopftuch wieder ab und legte es zusammen. Wow. Unglaublich was für eine Schönheit hinter dem Kopftuch steckt. Sie hatte braune sehr lange Haare und ihr hübsches Gesicht kam jetzt mehr zum Vorschein. Sie stand auf und räumte es zur Seite, dabei fielen Strähnen ihrer seidigen Haare ins Gesicht, welche sie sich hinters Ohr strich.

„Darf ich dich mal was Fragen“, fragte ich vorsichtig und machte wenige Schritte auf sie zu. Noch immer war sie 2 Meter von mir entfernt. Unsicher nickte sie.

„Hat mein Vater dich erpresst oder gezwungen? Du kannst es mir ruhig sagen. Du solltest nichts machen müssen, was du nicht möchtest“, fragte ich sanft. Sie schaute auf ihren Fingern und dachte nach. Gespannt schaute ich sie an. Als sie zu mir aufschaute und tief durchatmet, war ich mir sicher, dass er sie gezwungen hat. Dann schüttelte sie den Kopf. Sie schüttelt den Kopf?

Ich setzte mich auf den Sofa und stützte meine Ellbogen auf meine Knie. Dann machte ich ihr ein Zeichen, dass sie sich aufs Bett setzten soll, was sie auch tat.

„Ich möchte nur, dass du ehrlich bist. Du brauchst nie Angst zu haben mir die Wahrheit zu sagen und du brauchst auch für niemanden zu lügen“, erklärte ich ihr ernst und sie nickte. Dann atmete sie tief durch. Es sieht so aus, als müsste sie viel Kraft sammeln um zu sprechen.

„Ich musste es freiwillig tun“, sagte sie dann leise und traute sich nicht mich dabei anzusehen. Sie hat so eine schöne beruhigende Stimme, schade, dass ich sie nicht öfter höre.

„Wenn man etwas muss, dann ist es nicht mehr freiwillig“, sagte ich sanft. Wieder atmete sie tief ein.

„Meine Eltern hatten deine vor langer Zeit kennengelernt. Die Firma meines Vaters ist abgestürzt und dein Vater hat uns unter die Arme gegriffen. Leider half nichts. Damals war ich sieben. Wie machten immer mehr Schulden und trotzdem hat sich die Firma nach Jahren aufgelöst. Ich lebe immer noch in starken Schulden deines Vaters und als er mich nach Jahren wieder getroffen hat, hat er mir erzählt, dass er eine Frau für dich sucht. Er hat mich darum gebeten dich zu heiraten. Er hat gesagt, dass er alle Schulden wegfallen lässt. Es ist eine sehr hohe Summe, ich hatte Angst, nicht alles zahlen zu können bevor ich sterbe. Dann habe ich zugestimmt.. Es tut mir leid“, beendete sie leise ihre kurze Erklärung. Das kann nicht sein Ernst sein. Seit wann ist er so kaltblütig?

„Es muss dir nicht leid tun. Es tut mir leid für meine Eltern. Du musst mich nicht heiraten, wenn du nicht willst. Ich sorge dafür, dass du deine Schulden nicht länger bezahlen musst. Wir sind nicht von diesem Geld abhängig..“. Ich wurde von einem Klopfen an der Tür unterbrochen.

Ich stand schnell auf und öffnete dir Tür nur einen Spalt, statt wie sonst immer einfach ,herein´ zu rufen. Alia war an der Tür.

„Komm rein“, bot ich ihr an und trat zur Seite, aber sie lehnte ab.

„Tut mir leid für die Störung. Ich wollte nur Bescheid geben, dass Rislan und ich morgen mit Nassira shoppen gehen werden und schlaf du morgen nicht so lange, du gehst morgen mit Badr auch ein Paar neue Sachen kaufen. Übermorgen werdet ihr eure Heirat feiern mit Brautkleid und allem drum und dran. Es wird eine nur sehr kleine Hochzeit, gerade weil du Anonym bleiben willst. Gute Nacht, schlaft gut“

Ich atmete schwer aus und nickte dann. Ich bedankte mich und sie ging.

„Hast du alles gehört?“, fragte ich als ich zu ihr zurück lief und sie nickte.

„Wenn du nicht willst, musst du mich nicht heiraten. Selbst wenn wir übermorgen gefeiert haben, kannst du es immer noch abbrechen. Es tut mir leid, was mein Vater dir angetan hat. Eigentlich ist er nicht so“. Jetzt stand ich auf der anderen Bett Seite und schaute sie entschuldigend an.

„Es ist schon okay“, sagte sie kaum hörbar. Ist es nicht. Ich toleriere nicht unfaires.

„Du kannst dich schon schlafen legen. Es war ein langer Tag. Keine Sorge, ich werde auf der Couch schlafen“, sagte ich nehm einen Kissen vom Bett. Dann nahm ich eine Decke vom Schrank, weil ich nur eine große Decke auf meinem Bett hatte. Sie stand sofort auf und lief zur Couch, aber ich bemerkte sie erst, als ich mich umdrehte um die Decke abzulegen. Jetzt stand sie ganz Nah an mir und schaute mit ihren faszinierenden Bambi Augen zu mir auf.

„Ich werde auf der Couch schlafen, es ist dein Bett“, sagte sie wieder leise. Sie hat so verzaubernde Augen. So ein wunderschönes helles karamellbraun.

„Nein, ich finde es schon in Ordnung. Geh schlafen“, lächelte ich und legte die Decke in meiner Hand auf die große Couch.

„Ich komme gleich wieder. Gute Nacht“, sagte ich als ich sichergegangen bin, dass sie sich ins Bett legt. Dann dämmte ich das Licht und ging raus.

Mit direktem Weg lief ich auf Babas Zimmer zu und klopfte. Baba machte die Tür auf und schaute mich überrascht an.

„Darf ich kurz mit dir reden“

Er kam raus und schloss die Tür hinter sich: „Es geht um Nassira, hab ich recht“

„Ja Baba sie..“, fing ich aufgebracht an, aber er unterbrach mich: „Lass uns runter gehen“.

Schweigend liefen wir nebeneinander runter und liefen unten dann spazieren.

„Sie hat es mir erzählt. Wieso bringst du sie auf diese Art dazu mich zu heiraten. Natürlich ist das Zwang. Du hast sie gezwungen es freiwillig zu tun. Eigentlich bist du doch nicht so“, fing ich erneut an.

„Mein Sohn, wieso urteilst du so schnell? Wenn du doch weißt, dass ich nicht so bin, warum kommst du nicht in aller Ruhe zu mir und fragst mich? Du bist doch intelligent, warum kommst du aufgebracht zu mir statt mich nach dem Hintergrund zu fragen?“, fragte er mich seelenruhig und setzte sich auf die lange Couch.

„Erklär es mir bitte Baba, ich möchte es verstehen“, sagte ich fast schon flehend und setzte mich zu ihm.

„Vor 12 Jahren habe ich ihrer Familie geholfen, indem ich ihnen eine hohe Summe geliehen habe. Sie haben sich immer mehr Geld geliehen, so viel, dass ich Angst hatte selbst finanzielle Probleme zu bekommen, da wir zu dieser Zeit eine finanzielle unstabile Phase hatten. Ich habe irgendwann angefangen Zinsen zu nehmen, was ich bis heute noch bereue. Sie kamen in einen Teufelskreis der Schulden, in dem sie nicht mehr raus kamen. Als deine Mutter das erfahren hatte, hatten wir einen großen Streit, und erst dann habe ich gemerkt, was für einen großen Fehler ich gemacht habe. Ich bin zu denen gefahren und habe mich entschuldigt. Ich hatte einen Vertrag dabei, in dem stand, dass sie mir keinen Cent zurück zahlen müssen. Seit ein wenig mehr als einem Jahr bekommen wir jeden Monat pünktlich zum 1. Im Monat immer 500 Euro in den Briefkasten. Ich wollte unbedingt wissen woher es kommt, ich habe die Bodyguards dazu engagiert wache zu halten und nachzuschauen woher es kommt aber wir haben es nicht geschafft. Viel zu viele Menschen halten an unserem Briefkasten. Vorgestern war es wieder so weit, ich habe mich dieses Mal persönlich versteckt und den ganzen Tag den Briefkasten beobachtet. Ich habe Nassira gesehen und sie direkt aufgehalten. Sie wollte die Schulden ihrer Eltern in Raten abbezahlen, damit sie in Frieden sein können. Nassira ist so ein nettes Mädchen mit so einem reinen Herzen, ich kenne sie jetzt schon seit 12 Jahren und liebe sie mittlerweile wie meine eigene Tochter, die ich nie hatte. Sie hat sich sehr verändert seit dem letzten Mal als ich sie gesehen habe. Ich mache mir nur sorgen. Ich will doch nur, dass sie gut aufgehoben ist. Ich will nicht, dass diese verfluchten Schulden zurück gezahlt werden, aber ich weiß, dass Nassira sie weiter gezahlt hätte. Deswegen habe ich gesagt, dass alle Schulden beglichen werden seien, wenn sie dich heiratet. Ich habe sofort gemerkt, dass sie wieder etwas Ruhe fand mit der Idee. Ich will sie als Entschädigung wieder glücklich machen. Verstehst du jetzt mein Handeln mein Sohn?“. Ich nickte langsam. Es ergibt Sinn. Dass sie hier gut aufgehoben ist, bedeutet aber nicht, dass sie hier glücklich ist. Er stand auf und ich machte es ihm nach.

„Ich würde niemals etwas tun, was dir schaden könnte“, sagte er und nahm mich dann liebevoll in den Arm.

„Geh jetzt schlafen, Morgen wird ein langer Tag“. Ich nickte, wünschte ihm eine gute Nacht und machte mich dann wieder auf den Weg in mein Zimmer. Ich zog mich leise um, deckte dann Nassira richtig zu und schloss dann die Tür ab. Ich hatte mich so bemüht keinen Ton zu machen, aber die Tür war zu laut.

„Wieso schließt du ab?“, hörte ich ihre raue verschlafene Stimme leise.

„Damit dich keiner ohne Kopftuch sieht. Morgen früh kannst du wieder auf machen, Schlüssel steckt. Schlaf weiter“, erklärte ich und legte mich dann auch auf die Couch..


Das Mädchen, das nie spricht

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