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Geschichten wie im richtigen Leben

Bis heute bin ich auf keinen Emigranten gestossen, der die Fremde nicht beklagt hätte. Das ist nicht nur in der Schweiz so.

Einmal sagte ein Nachbar meiner Eltern, der sich einige Jahre nach den anderen Landsleuten im Dorf angesiedelt hatte, dass er als Fremder gesehen würde selbst dann, wenn er auf den höchsten Punkt des Minaretts steigen und vierzigmal wiederholen würde, er sei ein Einheimischer.

So gesehen könnte man die Begegnungen mit dem Fremdsein mit einem Kaktus vergleichen. Man sollte ihn auf dem Nachhauseweg so zu halten wissen, dass er einen nicht sticht, bevor er blüht. Bis heute erzähle ich meistens von der schöneren Seite dieser Pflanze. Die schmerzlichen folgen vielleicht später.

Einmal sass ich in Winterthur in einem Café. Um diese spätere Vormittagszeit würden hier nur Pensionierte und Arbeitslose Kaffee trinken und dabei selten mit Noten bezahlen, sagte mir einmal die Serviererin und fragte mich, von welcher Sorte ich sei. Während ich nun also die Tageszeitungen durchblätterte, merkte ich, dass ein gut aussehender, älterer Mann mich unaufhörlich beobachtete. Weder er noch ich konnten uns wirklich auf unsere Zei tungen konzentrieren. Kurz darauf fragte er mich in vier Sprachen – Englisch, Spanisch, Französisch, sogar Serbokroatisch –, nicht aber auf Deutsch, woher ich komme. Ich, an diesem Tag gut gelaunt, entgegnete spontan, dass ich Tessiner sei.

Der Mann prüfte mich mit strengem Blick. Schliesslich richtete er seine Hand gegen mich.

«Nein», sagte er auf Deutsch, «Sie sehen gar nicht so aus!»

«Doch, doch. Ich komme aus dem Tessin. Ich bin ein Neffe von Franco Cavalli», gab ich gelassen zur Antwort.

Er staunte. Dann sprach er zum Nebentisch, an dem drei Frauen sassen: «Wer isch de scho wider gsi?»

«Das ist der Arzt, der seinen Lohn mit dem Spital teilt!», klärten ihn die Frauen auf.

Der Mann war einen Moment lang stumm. Dann, mich anstarrend, verkündete er mit lauter Stimme: «Hochachtung! Hochachtung!»

Er las weiter in seiner Zeitung und ich in meiner.

Ohne mein «fremdes» Aussehen in diesem Café hätte ich diese Geschichte wie viele andere wohl verpasst. Einige davon möchte ich hier erzählen.

Kebab zum Bankgeheimnis

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