Читать книгу Kebab zum Bankgeheimnis - Yusuf Yesilöz - Страница 8
ОглавлениеDönerBox yiyecegiz
Die Wette am Gymnasium
Ich las an einer Kantonsschule aus meinen Texten. Unter den dreissig Schülern war einer mit türkisch klingendem Namen. Über diesen einzigen Namen war ich so erfreut, als hätte mir jemand an diesem Vormittag einen Goldtaler geschenkt.
Unter meinen Texten war einer über eine Begegnung mit einem jungen Computerverkäufer: Ich war in einem Computergeschäft, und der türkischstämmige Verkäufer wollte mich auf Türkisch beraten, wie es ihm sein Chef empfohlen hatte. Von allen Wörtern in seinem Türkisch waren aber mehr als die Hälfte deutsch.
Der Kantonsschüler mit dem türkischen Namen hörte sehr aufmerksam zu, und bei diesem Text über den Verkäufer lachte er viel, schüttelte den Kopf und rief mehrmals laut: «So eine Hors-Sol-Gurke!» Gemeint war nicht ich, sondern der Computerverkäufer.
Nach der Veranstaltung kam er sofort zu mir, stellte sich als Nazim vor. Ich nahm an, dass seine Eltern Bewunderer des weltbekannten Dichters Nazim Hikmet waren. Seine Mutter sei eine georgisch-stämmige Türkin, berichtete er, sein Vater zu drei Viertel Kurde. Ich fragte den jungen Nazim, was er sei.
«Ich bin … hä? … was bin ich?», sagte er stockend.
Der junge Nazim sagte, er habe alle Gedichte des Dichters Nazim gelesen, und behauptete, dass er besser Türkisch könne als der Verkäufer in meinem Text. Ich erwiderte, dass ich ihm erst glauben würde, wenn wir das überprüft hätten.
Wir sassen in der Mensa, zusammen mit seiner Freundin Jacqueline und zwei weiteren Kollegen, und schlossen eine Wette ab: Wenn Nazim in seinem Türkisch weniger deutsche Worte verwende als der Verkäufer im Text, also weniger als fünfzig Prozent, würde ich ihn und seine drei Begleiter bei Ferhad zu einer DönerBox einladen. Wenn ich die Wette gewinnen würde, müsse Nazim für mich einen zweiseitigen deutschen Text auf die Grammatikfehler prüfen.
Die Aufgabe Nazims war sehr einfach, was auch er so empfand. Er sollte seiner Mutter am Telefon erzählen, was er heute in der Schule erlebt hatte. Als er sein Telefon aus dem Rucksack holte, jubelten seine Freunde Nazim zu wie Fans einer Fussballmanschaft. Jacqueline würde den Bericht von Nazim mit ihrem iPhone aufnehmen, zur Überprüfung.
Nazim trank einen Schluck aus seiner Flasche, hustete zwei Mal, rief die Mutter an, nachdem er die Kollegen ermahnt hatte, sie dürften nicht lachen, sonst gerate er durcheinander, und sie alle würden die Wette verlieren.
«Anne, bugün bizim Schuleye bir Autor geldi. Buchlarindan ve Textlerinden vorlese yapti. Dötte isch öppis u luschtigs debii. Bir Verchäufer, so en depp! O Autor var ya. Compüter kaufe yapacak. De Depp onu berate yapiyor Türkce. Cok cok dütsch Wörter katiyor. Mischlet wie Ayran! (Da lachten er und seine Freunde laut.) Ve FrontPage nedir Türkce bilmiyor. FrontPage isch FrontPage! Egal ob Türkisch oder Chinesisch. Biz bir Wette yapiyoruz. Wenn i gewinne, DönerBox yiyecegiz arkadaslarim ile. Denn chume ii nit znacht.»
Jacqueline transkribierte die Aufzeichnung geschwind auf ein Papier, und wir zählten die Wörter. Tatsächlich waren von den fünfundsiebzig Wörtern siebenunddreissig auf Deutsch und siebenunddreissig auf Türkisch gesagt worden. Der Stichentscheid fiel dem Begriff DönerBox zu. Da die Gymnasiasten sich auch nach langer Diskussion nicht einig waren, welcher Sprache dieses Wort zuzuordnen war, endete unser Duell unentschieden. Ferhads DönerBox aber schmeckte ihnen hervorragend.