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3 | DIE MODESCHÖPFERIN

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Paris in den Zwanzigerjahren des letzten Jahrhunderts. Zwischen den beiden Weltkriegen war die französische Metropole die unangefochtene Kulturhauptstadt der Welt. Bildende Kunst, Literatur und Theater, Musik und Tanz, Architektur, Mode und Design – das alles stand in höchster Blüte. Eine Explosion der Kreativität, gleichermaßen begierig konsumiert wie mäzenatisch gefördert von einer Bourgeoisie, die sich auf ausschweifenden Partys allabendlich selbst feierte. „Les Années Folles“ nannte sich diese Zeit bald selbst, die verrückt-frivolen Jahre. Es herrschte ein Verlangen nach Freiheit und Lebendigkeit, ein Streben nach Kultiviertheit und intellektuellem Austausch und eine geradezu unverschämte Lust auf Luxus. „Le soleil de l’art alors brillait seulement sur Paris“, schrieb Marc Chagall: Nirgendwo scheint die Sonne der Kunst heller als über Paris. Amerikanische Expatriierte bildeten hier eine eigene Szene, zu der die Literaten F. Scott Fitzgerald, Gertrude Stein, Henry Miller und Ernest Hemingway zählten. Der Soundtrack dazu: „Ein Amerikaner in Paris“ von George Gershwin. Josephine Baker wurde für ihren Tanz frenetisch gefeiert. Modigliani und Chagall schufen einige ihrer berühmtesten Gemälde. Selbstverständlich residierten in Paris auch die bedeutendsten Kunsthändler der Welt.

Die Olympischen Spiele von 1924 brachten der Stadt die Aufmerksamkeit breiter Schichten. Kubismus, Dadaismus und Surrealismus waren dagegen Produkte einer flirrenden, skandalträchtigen Gegenkultur. Man Ray, Marcel Duchamp oder Salvador Dalí verstörten das Bürgertum nicht allein mit ihrer Kunst, sondern auch mit ihrem exzentrischen Lebensstil. Nicht zuletzt festigte Paris in diesem Jahrzehnt seinen Status als Modestadt Nummer eins. Gabrielle „Coco“ Chanel dominierte die Laufstege zunächst unangefochten. Sie stand für schlichte Eleganz, kombiniert mit hoher Handwerkskunst. 1921 brachte sie das Parfüm Chanel Nº 5 auf den Markt, ein ebenso revolutionärer wie luxuriöser Duft, die olfaktorische Signatur des anbrechenden Jahrzehnts und ein Produkt wie für die Ewigkeit.

Als die 32-jährige Elsa Schiaparelli 1922 nach Paris kam, um sich dort niederzulassen, war sie ein Niemand. Doch die geschiedene und nun alleinerziehende Mutter einer Tochter wollte hier und nirgends sonst Furore machen. Sie sah sich als Künstlerpersönlichkeit, obwohl sie keine Kunsthochschule von innen gesehen hatte. Sie sollte sich anschicken, mit ihrer Mode keiner geringeren als Coco Chanel Konkurrenz zu machen, obwohl sie nie eine Schneiderlehre absolviert hatte. Elsa Schiaparelli entwickelte eine Vision, von der sie hundertprozentig überzeugt war: Sie wollte die Ästhetik der künstlerischen Avantgarde in die Welt der Mode überführen. Der alles beherrschende Stil des Hauses Chanel galt ihr als spießig und langweilig. Die Italienerin träumte von einer Mode, die so irritierend, so bunt, provokativ und gleichzeitig verspielt war wie die Kunstaktionen der Surrealisten. Die Provokation war gleichzeitig ihre vielleicht einzige Chance auf Sichtbarkeit. Trotz – oder gerade wegen – nur 1,50 Meter Körpergröße musste sie sich selbstbewusst als neue Größe der Modewelt präsentieren: Erst Schein, dann Sein. Doch woher kam diese Frau überhaupt?

Art of Fake.

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