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Susanne und Karin ließen die beiden Jungs, von denen sie vor der Gedächtniskirche angesprochen worden waren, kurz stehen. Sie wollten sich allein unterhalten, gewissermaßen eine Bestandsaufnahme der Situation machen, und wo konnten sie dies besser und ungestörter tun als auf der Damentoilette im Europa Center, denn dorthin konnten ihnen ihre neuen Verehrer nicht folgen.

Sie zogen sich also zurück. Susanne, rothaarig, mit einem Kopf voller winziger Dauerwellen, wusch sich die Hände. Karin, brünett, ein wenig mollig, lächelte.

„Also, der meine ist echt süß.“

„Ich finde ihn doof. So übertrieben lustig.“

„Aber er sieht verdammt gut aus.“

„Ja, wie einer von diesen Rummelboxern nach seiner ersten Niederlage!“

„Du bist doch nur neidisch, stimmt’s?“

„Quatsch!“

„Du wirst also nicht versuchen, ihn mir auszuspannen?“

„Warum sollte ich? Ich bin mit meinem ja ganz gut bedient.“

Karin seufzte erleichtert auf.

„Dann kriegen wir uns diesmal wenigstens nicht in die Wolle.“

„Bestimmt nicht“, sagte Susanne. „Aber es ist eine Frechheit von den beiden, uns vorzuschlagen, mit ihnen nach Hause zu gehen, ihre Bude wäre sturmfrei. Wofür halten die uns?“

Karin kicherte.

„Die scheinen es uns anzusehen, dass wir uns ganz gern mit hübschen Jungs abgeben. Hoffentlich zierst du dich nicht zu sehr, sonst verlieren die beiden am Ende noch die Lust, und das wäre doch jammerschade. Ein bisschen auf Empörtsein ist ja drin, aber man darf den Bogen nicht überspannen, sonst schneidet man sich ins eigene Fleisch. Und schließlich habe ich nicht umsonst immer eine Packung Fromms in der Handtasche. Die Jungs denken ja nur an ihren Spaß.“

„Vielen Dank für die Belehrung. Du möchtest das unsittliche Angebot also annehmen.“

„Du etwa nicht?“

Susanne zuckte mit den Schultern.

„Ich will keine Spielverderberin sein.“ Sie zupfte ein Papierhandtuch aus dem Spender und trocknete sich die Hände ab.

Als sie mit Karin die Toilette verlassen wollte, blieb ihr Blick an zwei Füßen hängen, die unter einer der Türen zu sehen waren. Sie stutzte und machte ihre Freundin darauf aufmerksam.

„Der scheint schlecht geworden zu sein“, sagte sie.

„Wir müssen helfen.“

Susanne eilte in die Nachbarkabine, stieg auf die Toilette und sah über die Trennwand. Biggi Breitner starrte ihr mit weit aufgerissenen, gebrochenen Augen entgegen. Susanne blieb das Herz fast stehen. „Mein Gott, die ist tot“, stellte sie aufgeregt fest. „In ihrem Arm steckt eine Spritze.“

„So ein Mist“, stieß Karin hervor.

„Das müssen wir melden!“, sagte Susanne. Sie überkletterte die Trennwand.

„Was tust du denn?“, fragte Karin nervös.

„Ich muss die Tür aufmachen. Sie ist von innen verriegelt“, antwortete Susanne und glitt vorsichtig neben der Toten hinunter. Sie achtete darauf, mit der Leiche nicht in Berührung zu kommen. Ein schlimmes Gefühl breitete sich in ihr aus. Sie hatte noch nie einen toten Menschen gesehen. Von unzähligen Fernsehkrimis geschult, wusste sie, dass sie nichts anfassen und nichts verändern durfte. Die Tür zu öffnen, war aber bestimmt nicht verboten.

Karin stand davor und wartete mit wachsender Unruhe.

„Hoffentlich versuchen die Bullen nicht, uns mit der Toten in einen Topf zu werfen.“

„Warum sollten sie?“, sagte Susanne hinter der Tür.

„Die versteigen sich manchmal zu Hypothesen ...“

„Stimmt doch gar nicht.“

„Was weißt denn du.“

Susanne drehte den Riegel nach rechts und öffnete die Tür. Jetzt sah auch Karin die Tote. Sie drehte sich rasch um.

„Ich glaube, mir wird schlecht!“, stöhnte sie. „Lass uns abhauen!“

„Du willst die Tote hier so liegen lassen?“, fragte Susanne entrüstet. „Das ist doch nicht dein Ernst.“

„Kann ich etwas dafür, dass sie hier liegt? Dass sie sich den goldenen Schuss verpasst hat?“

„Wir sind verpflichtet, die Polizei zu verständigen.“

Karin begab sich zu den Waschbecken.

„Ist ja schon gut“, keuchte sie, drehte das kalte Wasser auf und hielt ihr käsiges Gesicht darunter.

Der Schneemann mordet nicht! Berlin 1968 Kriminalroman Band 36

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