Читать книгу Ich hab mal einen Killer gekannt: 4 Action Krimis - Alfred Bekker, Frank Rehfeld, Karl Plepelits - Страница 19

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Anderthalb Stunden später saßen wir im Büro des Geschäftsführers von Wyndham Special Textile Inc. Er war mit knapp dreißig noch ziemlich jung für die Position, die er erreicht hatte. Er trug einen dreiteiligen Nadelstreifenanzug. Die markanteste Linie seines Gesichts bildete der dünne Oberlippenbart.

„Meine Name ist Agent Jesse Trevellian, FBI“, stellte ich mich vor und deutete auf Milo. „Dies ist mein Kollege Agent Milo Tucker. Wir ermitteln in einem Mordfall, bei dem das Opfer einen Anzug getragen hat, der aus der von Ihrer Firma patentierten Faser mit der Bezeichnung Avlar-Tex bestand.“

„Clayton Bannister“, stellte er sich mit einem kräftigen Händedruck vor. Der Händedruck eines Mannes, der gleich klarstellen wollte, wer der Boss war. „Ihren Ausführungen entnehme ich zu meinem Bedauern, dass unsere Faser ihn nicht schützen konnte. Daher nehme ich an, dass er mit einem Gewehr erschossen wurde.“

„Wie kommen Sie darauf?“

Bannister lächelte geschäftsmäßig. „Wir sind ja nicht die einzige Firma, die daran arbeitet, kugelsichere Gewebe immer – wie soll ich mich da ausdrücken? – tragbarer zu machen. Soldaten oder den Mitgliedern von SWAT-Teams macht es vielleicht nichts aus, dicke Westen zu tragen, die gleichzeitig auch Granatsplitter und was weiß ich noch abhalten können. Aber welcher gefährdete Politiker oder Geschäftsmann will so herumlaufen? Mal davon abgesehen, dass man durch das Tragen eine Sicherheitsweste auch immer gleich zeigt, wie groß die eigene Furcht vor einem Attentat ist, sieht es auch einfach nur erbärmlich aus, wenn die Dinger unter Hemden oder Jacketts hervorquellen und der arme Kerl so wirkt, als hätte er zwanzig Kilo Übergewicht. Und in dem Fall, dass der Träger eine Frau ist, werden die Brüste platt gedrückt, was weder angenehm noch dem Selbstbewusstsein der Betreffenden gut tut, wie ich mir habe sagen lassen. Sicherheit und Stil sind da so etwas wie natürliche Feinde, wenn Sie verstehen, was ich meine.“

„Nun, eigentlich...“

Er schnitt mir das Wort ab, noch ehe ich es richtig ergriffen hatte. „Das Prinzip, nach dem kugelsichere Gewebe funktionieren, wurde vor 250 Jahren von einem französischen Adeligen erfunden. Er trug mehrere feuchte Seidenhemden übereinander und überlebte damit einen Treffer in einem Pistolenduell. Die Kugel vermochte die übereinander gelegten, festen Gewebeschichten nicht zu durchdringen. Damalige Kugeln hatten eine Geschwindigkeit von höchsten 300 Stundenkilometern, das ist heute natürlich anders. Dafür haben sich auch die verwendeten Stoffe weiter entwickelt. Kevlar war ein Meilenstein auf diesem Gebiet, aber längst noch nicht das Ende der Entwicklung! Wir haben mit Avlar-Tex nun ein dem Kevlar sehr ähnliches Material, das aus mehreren sehr dünnen, aber in einem speziellen High-Tech-Verfahren ausgesprochen dicht gewebten Schichten besteht. Das Material ist sehr viel anschmiegsamer als Kevlar und deswegen viel besser geeignet, um daraus Kleidung zu machen.“

„Dann verstehe ich nicht, wieso nicht bereits sämtliche Uniformen von Army und Polizei aus diesem Material sind!“

„Darauf arbeiten wir ja hin – aber der Weg bis zu diesem Ziel dürfte noch ein paar Jahre in Anspruch nehmen.“

„Es gibt also noch Probleme?“, schloss ich.

„Ja. Der Tragekomfort ist noch nicht ausreichend. Auf Grund der großen Dichte schwitzt man stark. Es findet kein ausreichender Luftaustausch statt. Ein guter Kälteschutz ist das Material allerdings auch nicht. Wenn Sie Kleidung daraus machen wollen, die nicht steif wie ein Brett herumsteht, dann dürfen Sie eine gewisse Gewebedicke nicht überschreiten. Diese Gewebedicke reicht aber nur aus, um kleinkalibrige MPi-Munition oder Pistolen- und Revolverschüsse abzuhalten. Jagdgewehre und Schrot natürlich auch. Aber die Austrittsgeschwindigkeit des Projektils bei modernen Sturmgewehren beträgt über 1000 Stundenkilometer. So etwas wird höchstens aus großer Entfernung noch von Avlar-Tex aufgefangen. Ansonsten geht es glatt durch. Und das größte Handicap ist bislang noch der Preis. Wer einen Anzug aus dem Material haben will, muss mindestens zehntausend Dollar auf den Tisch legen.“ Er grinste plötzlich. „Ich habe doch recht oder? Das Opfer wurde durch einen Gewehrschuss getötet?“

„Es war ein Schuss in den Kopf“, erwiderte ich trocken. „Wenn ich Sie richtig verstanden habe, gibt es aber Leute, denen es 10 000 Dollar wert ist, in einem Anzug mit unangenehmen Schwitzklima herumzulaufen, der sie aber zumindest vor Pistolenschüssen schützt!“

„Mit den zehntausend Dollar habe ich nur den Materialwert beschrieben“, sagte Bannister. „Sie müssen auch noch einen Schneider finden, der das außerordentlich dichte Material verarbeiten kann! Das ist nämlich nicht so ganz einfach. Wir sind allerdings mit einem Spezialisten in Kontakt, der für uns Prototypen von Westen, Anzügen oder anderen Kleidungsstücken angefertigt hat, die wir für die ballistischen Tests unserer Entwicklungsabteilung oder einzelne Kunden brauchen.“

„Unser Mordopfer war vermutlich einer Ihrer Kunden“, sagte ich.

„Ich habe nach dem Telefonat mit Ihrem Kollegen Agent Carter eine Liste aller Kunden der letzten zwei Jahre anfertigen lassen.“ Bannister griff zielsicher in eine der Schreibtischschubladen und zog einen Computerausdruck hervor.

Dann schob er ihn über den Tisch. Ich nahm das Blatt. Ein paar Dutzend Namen standen darauf. Weder Jay Edgar Fabian noch Jack Fabiano waren darunter.

Ich holte ein Bild von Fabiano hervor und hielt es Bannister hin. „Das ist unser Mann. Leider steht sein Name nicht auf der Liste, aber er könnte den Anzug unter falschem Namen gekauft haben.“

„Also falls er diesen Anzug nicht aus zweiter Hand gekauft hat, was ich für ausgeschlossen halte, dann muss er auf dieser Liste stehen“, beharrte Bannister. „Schließlich sind wir die einzigen Anbieter von Avlar-Tex. Es gibt da zwar ein paar minderwertige Konkurrenzprodukte, aber so wie ich Ihren Kollegen verstanden habe, wurde das Gewebe eindeutig mit unserem Patent identifiziert.“

„Das ist richtig“, nickte ich.

Ich reichte die Liste an Milo weiter. „Dann werden wir wohl oder übel alle Personen auf dieser Liste überprüfen müssen...“

„Wer nimmt denn solche Aufträge bei Ihnen entgegen? Der müsste doch Fabiano nach dem Phantombild identifizieren können!“, glaubte Milo.

„Diese Aufträge nehme ich persönlich entgegen“, erklärte Bannister. „Das mag Sie wundern.“

„Allerdings!“, gestand ich.

„...aber bedenken Sie, dass unser Produkt noch lange nicht serienreif ist. Es gibt nur Einzelstücke und da müssen wir aufpassen, dass die Träger zum Image unserer Firma passen.“

„Also verkaufen Sie nicht an jeden?“, hakte ich nach.

„Richtig. Präsidenten, Schauspieler, Diamantenhändler ja – Mafia-Bosse und Gangster nein. So einfach ist das.“

„Vorausgesetzt, Sie wissen auch mit wem Sie es zu tun haben.“

„Selbstverständlich. Ein gewisses Risiko ist immer dabei. Außerdem kann natürlich jemand eine Anzug im Auftrag für einen anderen bestellen.“ Bannister deutete auf das Phantombild. „Dieser Mann war niemals hier, das kann ich beschwören. Ich habe ein gutes Gedächtnis für Gesichter. Aber...“

Er zögerte.

„Aber was?“

„Versuchen Sie es doch bei Mister Derek Sheldon, unserem Schneider. Die Anzüge werden maßgeschneidert und Mister Sheldon hat in seinem Metier einen Rang, der es ihm erlaubt, nur Kunden zu bedienen, die sich die Stücke persönlich anmessen lassen. Wenn Ihr Mann also einen Anzug bekommen hat, dann war er auch dort!“

„Dann geben Sie uns bitte die Adresse, Mister Bannister“, forderte Milo ihn auf.

Ich hab mal einen Killer gekannt: 4 Action Krimis

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