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Kapitel 6

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Bern, Waisenhausplatz, 16. November 2019, 15:05

Trachsel dröhnte immer noch der Schädel. Aber das war es die Kabiswurst von gestern wert. Dabei war nicht die Wurst, sondern die sieben Halbe Aarebier schuld an seinen Kopfschmerzen.

»Hallo Werner, ich habe hier bereits den Obduktionsbericht von der Kirchenfeldbrücken-Leiche. Schwere innere Verletzungen durch Sturz aus großer Höhe. Frakturen an oberen und unteren Extremitäten, offener Wadenbeinbruch rechts, Risse in Lunge, Leber, Milz, diverse Darmperforationen. Multiple Schädel-Hirn-Traumata. Tönt für mich nach der perfekten Beschreibung eines Kirchenfeldbrücken-Jumpers«, konstatierte Max Obermaier, seines Zeichens Oberwachtmeister bei der Kriminalpolizei Schrobenhausen in Bayern. Obermaier absolvierte aktuell seinen sechsmonatigen Austauschdienst bei der Kriminalpolizei Bern im Rahmen einer seit fünf Jahren bestehenden Zusammenarbeit.

»Hallo, Max, du kennst dich ja bereits bestens aus mit den Brücken hier in Bern«, meinte Trachsel.

»Das ist gar nicht so einfach. Es gibt dermaßen viele Brücken, und die haben auch noch komplizierte Namen. Lorrainebrücke – und das in Bern. Tönt nach Genf oder Lausanne. Dalmazibrücke – die würde ich eher in Kroatien suchen.«

»Weißt du, Max, wir sind eben international hier in Bern. Weltoffen. Keine Hinterwäldler wie ihr in Bayern.«

»Hör mir damit auf. Manchmal habe ich das Gefühl, ihr lebt hier immer noch im Mittelalter. Bayern ist da eine ganz andere Liga. Einzig im Fußball, da seid ihr auch toll. Ihr ward schon ein paar Mal Schweizer Meister, und einen coolen Namen hat eure Mannschaft. Young Boys. Ich gebe zu, das tönt echt modern.«

»Wo du recht hast, hast du recht, Max. Steht denn sonst noch etwas Besonderes im Obduktionsbericht?«

»Nein, einfach das Übliche Routineblabla.«

»Gut, danke, dann schieb mir das Ding rüber. Ich werde das Papier heute Abend zusammen mit der Angehörigen­identifizierung unterschreiben.«

»Die habe ich auch schon dabei. Familie Manaresi war kurz nach Mittag in der Rechtsmedizin und hat ihre Tochter identifiziert. Neben den Eltern war auch noch eine Schwester der Selbstmörderin mit dabei. Eine echte Schönheit, bei der könnte ich mich vergucken.«

»Lieber Max, aus dem Alter solltest du raus sein. Die ist nichts für dich. Die steht bestimmt nicht auf 60-jährige Opas. Und ob sie deinen bayrischen biergestählten Schwabbelbauch sexy finden würde, ist auch nicht mit absoluter Sicherheit klar.«

»Mach dich nur über mich lustig. Die junge Frau hat jedenfalls fast zehn Minuten mit mir geplaudert und mich sogar gefragt, ob ich denn von der Suizidthese überzeugt sei. Da konnte ich all mein kriminalistisches Know-how gründlich vor ihr ausbreiten. Glaub mir, die war super beeindruckt von meinem Wissen. Hat einfach nur zugehört und gestaunt.«

»So, es reicht jetzt. Ich muss noch was tun. Also her mit den Schreiben, und dann wünsch ich dir was.«

Leicht verschnupft verließ Obermaier das Büro des Kommissars. Trachsel seinerseits war bereits damit beschäftigt, die Unterschriftenseiten des Obduktionsberichtes und der Leichenidentifizierung zu suchen. Den Inhalt der Dokumente würdigte er keines Blickes. Hätte er dies getan, wäre ihm womöglich im Obduktionsbericht etwas Wichtiges aufgefallen. Vielleicht auch nicht.

Das Schweigen der Aare

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