Читать книгу Pfaffensud - Andreas Schröfl - Страница 11

3.

Оглавление

Seit einigen Wochen war die religiöse Welt Münchens im Aufruhr. Ein mit einer Luzifermaske vermummter Unbekannter rief im Internet zum kritischeren Umgang mit katholischen Priestern auf, die seiner Meinung nach Schande über ihr Amt brachten. Er prangerte sexuelle Übergriffe, Habgier, Amtsmissbrauch und Gotteslästerung an. In einigen Münchner Kirchen wurden Altäre und Kirchenwände mit Psalmen besprüht, die diese Sünden kritisierten. Auch der Punkt Entschädigung von Missbrauchsopfern wurde thematisiert, was die Debatte um die Schandtaten einiger katholischer Priester wieder aufleben ließ. 2018 wurde von den deutschen Bischöfen eine Studie veröffentlicht, die die Missbrauchsfälle im Bereich der Deutschen Bischofskonferenz zwischen 1946 und 2014 dokumentierte. Die darauffolgenden Zahlungen aus einem eigens eingerichteten Entschädigungsfonds wurden jedoch als zu gering eingestuft. Das Paradoxon, dass hier für die schändlichen Verfehlungen der Geistlichen die Kirchensteuer zur Hilfe herangezogen werden könnte, die von braven, gläubigen Katholiken entrichtet wird, und trotzdem weiterhin neue Fälle bekannt wurden, bescherte dem Unbekannten Tausende von Klicks im World Wide Web. Als Grundübel identifizierte der provokant den heutzutage überholten Zölibat, der die Auswahl fähiger Menschen mit Lebenserfahrung seiner Meinung nach fast unmöglich machte. Somit sollten auch verheiratete Diakone zum Priester geweiht werden, wolle man mit der Zeit gehen und dem Rückgang der Zahl katholischer Geistlicher entgegenwirken. Auch die Einsetzung weiblicher Diakoninnen wurde von »Luzifer« propagiert. Die Weihe von Priesterinnen in der katholischen Kirche komischerweise jedoch nicht, was die Follower-Gemeinde verwirrte. In einem Video legte der Unbekannte dem katholischen Klerus nahe, sich auf die Amazonas-Synode im Herbst des Jahres zu besinnen und die katholische Kirche zurück zum wahren Glauben und dennoch in eine florierende Zukunft zu führen. Bis dahin werde mit weiteren Anregungen zu rechnen zu sein.

»Einen Kuttenbrunzer hat’s wieder getroffen«, hat der Graffiti gemeint.

Du musst wissen, dass der Graffiti ein Kirchenhasser war. Er war so unkatholisch, wie es nur gerade möglich war. Ob er ein heimlicher Atheist war, hat der Sanktus nicht gewusst, denn immer, wenn er in diese Richtung gefragt hat, ist ihm der Graffiti ausgewichen. Er hat dann jedes Mal etwas von einem einschneidenden Ereignis in seiner Vergangenheit gefaselt.

»Herr Himsl«, hat der Sanktus angefangen, »ich bin jetzt a ned der Katholik number one in the house, aber heut hamma Firmung. Also reiß dich bitte a bisserl z’samm.«

»Weng meiner«, hat der Graffiti zerknirscht zugestimmt. »Aber sei froh, dass ich heut überhaupt da bin. Ich bin seit über 20 Jahr in keiner Messe mehr g’wesen. Schau, das mach ich heut alles nur wegen dir und der Martina.«

»Passt! Rechne ich dir in alle Ewigkeit hoch an, aber sag, was war los?«

»Einen Pfarrer haben s’ wieder erwischt. Der Luzifer hat’s am Tag zuvor im Internet angeprangert. Psalm 73,12, Siehe, das sind die Gottlosen; die sind glücklich in der Welt und werden reich. Am nächsten Tag hat’s den Pfarrer Altenböck aus Sendling derbröselt. Zuerst hat er eine Karte mit einem Luziferbild erhalten, und dann sind Beweise aufgetaucht, dass er sich bei den Spendenaktionen immer selbst was zukommen lassen hat. War jetzt ned viel, aber trotzdem. Er wollt’s für die Orgelreparatur zurücklegen, sagt er. Na, ja, wer’s glaubt, wird selig.«

»Sauber. Vatikanische Geheimpolizei, oder was?«, hat der Sanktus gefragt. »Das wenn der Bummerl noch erleben könnt. Da wär er voll in seinem Element. Herrschaft, da muss ich auch amal wieder ans Grab. War ich scho ewig nimmer. Aber heut reden wir ned von den Toten. Heut is Firmung.«

»Ich müsst schnell zum Pieseln«, hat der Graffiti auf einmal gemeint. »Wo kann ich denn da hin?«

»Geh rüber ins Pfarrheim. Da gibt’s ein Klo!«

Und weg war der Graffiti.

Idee gar nicht so dumm, hat sich der Sanktus gedacht, weil sicher ist sicher, und es schaut schon recht blöd aus, wenn du während der Firmung deiner Tochter raus auf die Toilette musst. An allen Leuten in der Bank vorbei und dann diese vorwurfsvollen Blicke. Kann man doch vorher erledigen, solch eine Pennäler-Blase. Typisch, wieder der. Wahrscheinlich zu viel Weißbier zum Frühschoppen getrunken und so weiter. Also dem Graffiti hinterher ins Pfarrheim.

Pfaffensud

Подняться наверх